Die ersten Zeitreisen
„Wir haben auch
unterschrieben.“
29. „Sie auch?“
stammelte McLuhan-Green fassungslos. „Aber . . ., aber
dann sind Sie . . .“
„Allerdings, ich fürchte, wir sind als Ankläger oder Belastungszeugen
ebenfalls ausgeschaltet“, sagte Geraldus.
„Die Reise war ein Mißerfolg, uns bleibt nur der Rückzug
in unsere Zeit. Wir können Sie natürlich mitnehmen,
wenn Sie wollen.“
McLuhan-Green antwortete nicht; vielleicht nahm er gar
nicht wahr, was Geraldus sagte. Tiefes Mitleid erfaßte
die beiden jungen Zeitdetektive, als sie ihr ehemals
leuchtendes Vorbild so im fahlen Mondlicht sahen — von
Schicksalsschlägen schwer gezeichnet, scheinbar (allen
Gesetzen der Temporalistik zum Trotz) um Jahrzehnte
gealtert, ein gebrochener Mann.
„Aber“, sprach Amarin, um ihn zu trösten, „wir werden
uns etwas viel Besseres einfallen lassen, um der temporalen
Umweltverschmutzung Herr zu werden. Diese wilde
Zeitmaschinenbastelei wird noch aufhören, das ist so
klar wie die Existenz der Temporalistik!“
SCHLUSSBEMERKUNG
Von Dr. Kassandra Smith
Nachdem wir uns mit der Inspektionsreise 7/1, die im
Jahre 2451 stattfand, der Gegenwart genähert haben,
über deren beklagenswerten Zustand in temponautischer
Sicht wir hier nichts zu sagen brauchen, da er allgemein
bekannt ist, sind wir dem Leser dennoch einige Informationen
schuldig, die uns die Verfasser der „Ersten
Zeitreisen“ nicht geben konnten oder wollten, aus Gründen,
die wir ebenfalls zu erhellen bemüht sein werden.
Von den Lücken, die besonders im Bericht über die Inspektionsreise
7/1 klaffen, ist die erste, das weitere
Schicksal des Vorfahrenschutzvereins betreffend, leicht
zu schließen: Er existiert nach wie vor als freiwillige
Organisation neben dem mittlerweile gegründeten
offiziellen „Zentralamt für temponautische Ordnung
und Sicherheit“, wobei jedoch anzumerken ist, daß zwischen
beiden Institutionen eine gewisse Arbeitsteilung
einsetzt; während die offizielle Behörde die Bekämpfung
temponautischer Ordnungswidrigkeiten vorwiegend
selbst übernommen hat, versucht der VSV neuerdings
vor allem herauszufinden, welche Vergangenheit
eigentlich als die echte, unverfälschte zu gelten hat und
folglich geschützt werden muß, was angesichts der häufigen
unqualifizierten Eingriffe in die Geschichte keine
leichte Aufgabe ist.
George McLuhan-Green ist nach unbestätigten Meldungen
mit Amarin und Geraldus in die Gegenwart zurückgekehrt
und lebt nun unter anderem Namen auf einem
Planeten außerhalb des Sonnensystems, doch ist es trotz
der von ihm gelieferten genauen Beschreibung der
„Gralsburg“ späteren Expeditionen nicht gelungen, die
illegale Zeitmaschinenfabrik ausfindig zu machen und
aufzulösen. Anscheinend ist sie von ihren Besitzernrechtzeitig an einen anderen Ort oder in ein anderes Zeitalter
verlegt worden. In der Legende heißt es, der Gralskönig
Parzival sei seinem Bruder Feirefiz mit dem Gral
(dem Mutterkristall also) nach Indien gefolgt, weil dem
Gral im Abendland Gefahr drohte (die Gefahr der Entdeckung
durch Zeitdetektive?), doch sind alle Inspektionsreisen
nach Indien bisher erfolglos verlaufen, kein
Wunder, denn Indien ist groß, und die Zeitalter sind
lang, zudem kann diese Information ja von den Zeitbanditen
gezielt in die Parzivalsage eingefügt worden sein,
um die Verfolger irrezuführen.
Schließlich bleibt noch zu erklären, was es mit den beiden
rätselhaften Sätzen auf sich hat, die den Bericht von
der Inspektionsreise 7/1 beschließen und eng mit den
späteren Aktivitäten der beiden Zeitinspektoren sowie
mit deren wahrer Identität zusammenhängen, denn dem
aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, daß die
Autoren des Berichts, R. Heinrich und E. Simon, überall
die wahren Namen ihrer Helden nennen und bei Amarin
und Geraldus eine Ausnahme machen, was jedoch sofort
verständlich wird, wenn man weiß, daß beide Autoren
eingeschriebene Mitglieder des VSV waren und daß gerade
sie seinerzeit mit er Inspektionsreise 7/1 betraut
wurden.
Jene Worte Amarins (R. Heinrichs) an G. McLuhan-Green
sollten keineswegs nur dazu dienen, ihn zu trösten,
hinter ihnen verbarg sich vielmehr ein Programm,
von dem wir alle erst erfuhren, als seine Realisierung in
Angriff genommen wurde, als nämlich im Jahre 2474,
zwischen der 2. und 3. Auflage ihrer Broschüre „Die ersten
Zeitreisen“, die beiden Autoren mit einer Zeitmaschine
unsere Epoche verließen, wobei sie, wie aus einer
zurückgelassenen Nachricht hervorgeht,
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