Die Erziehung - Roman
nächsten Augenblick schrie er auf, von einer Halluzination ergriffen: Die fetten, monströsen Würmer begruben seinen Körper unter sich und verdauten ihn.
Vom Leben im Schloss bekam Gaspard mehr als zehn Tage lang nichts oder fast nichts mit. Die Gäste wollten ihn schonen und sorgten sich einzig um seine Genesung. Auf seine Fragen nach Etienne antwortete man nur vage: Ja, er war im Schloss und hatte bei ihm gewacht, während er schlief. Um die Abwesenheit Raynauds, an den er im Übrigen keinen Gedanken mehr verschwendete, kümmerte sich Gaspard nicht. Dann zeigte sich auch die Présidente immer seltener. Madame de Valny gestand ihm, dass die Ereignisse ihr Sorgen bereiteten und der Arzt ihr Ruhe verordnet hatte. Dieser Landaufenthalt war, wie sie sagte, ein Desaster, einen deprimierenderen habe sie noch nie erlebt, und sie sehne sich danach, nach Paris zurückzukehren. Als das Fieber gesunken war, konnte Gaspard wieder Besuch empfangen. Die Présidente de Cerfeuil kam; er bedeckte ihre Hände mit Küssen, floss über vor Dankbarkeit. »Können Sie mir meine Unvorsichtigkeit und die Sorgen verzeihen, die ich Ihnen bereitet habe?« Seine Zuneigung für die fromme Frau war noch gewachsen. Die Présidente hatte ihm gegeben, was er sich insgeheim unablässig gewünscht hatte, die Anwesenheit Etiennes. Er forderte sie auf, sich neben ihn zu setzen. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Der Arzt sagt, Sie sind über dem Berg, das ist das Wichtigste«, beruhigte sie ihn. »Ich weiß, wie sehr Sie all das mitgenommen hat.« – »Es ist nur die Erschöpfung. Derzeit läuft alles schief! Ein Unglück kommt selten allein, nun liegt auch noch der Baron Raynaud seit einer Woche im Bett.« Gaspard erinnerte sich, wie er den Alten am ersten Abend seiner Krankheit von sich gestoßen hatte. Er setzte eine bekümmerte Miene auf: »Sind es die Lungen? Ist er schon auf dem Weg der Besserung?« Die Présidente seufzte und wischte eine Träne ab: »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Die Diagnose ist nicht sicher, die Reise hat ihn ermüdet, und wir hätten uns schon früher beunruhigen sollen. Die Sorge um Ihren Zustand ist bestimmt auch nicht unschuldig daran, Sie wissen um die Freundschaft, die er für Sie empfindet.« Gaspard nickte und streckte der Présidente die Hand hin. Sie brach in Tränen aus: »Ich mache mir solche Vorwürfe! Ich habe darauf gedrängt, dass wir alle hier zusammenkommen.« – »Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte Gaspard, »er wird sich erholen, ich bin mir sicher.« – »Ich nehme es mir übel, ich nehme es mir so übel«, wiederholte die Présidente, »ich habe nach dem besten Arzt der Gegend für Sie geschickt, ein außergewöhnlicher Mann. Ich bete jeden Tag für Ihre Gesundung. Das ist zu viel Unglück für eine alte Frau wie mich.« – »Mir geht es doch schon besser«, beruhigte sie Gaspard, »ruhen Sie sich aus, ich bitte Sie. Ich werde das Bett des Barons aufsuchen.« Die Présidente de Cerfeuil führte eine Hand an das Medaillon, das ihren Hals zierte. Sie nickte und erhob sich, kam Gaspard im Morgenlicht unendlich alt und fragil vor. Sie war bereits an der Tür, als er es nicht mehr länger aushielt und fragte: »Madame, könnten Sie den Comte de V. bitten, heute Morgen zu mir zu kommen?« Die Présidente drehte sich um. Sorge überschattete ihr Gesicht: »Aber er ist doch abgereist. Er ist vor drei Tagen nach Paris zurückgekehrt. Hat man Ihnen das nicht gesagt?« Gaspard fühlte sich einer Ohnmacht nahe. »Hat er keine Nachricht für mich hinterlassen?« Das waren auch Emmas Worte gewesen, als Louis gegangen war, und Gaspard hatte sie angelogen. Das Zimmer begann zu schwanken, die Présidente schien es plötzlich eilig zu haben. Sie schüttelte den Kopf: »Ich muss Ihnen gestehen, dass ich von den Ereignissen überfahren bin und nicht mehr weiß, was in meinem eigenen Haus vor sich geht. Gott sei Dank greifen mir Madame de Valny und meine Schwester unter die Arme … Der Comte de V. hat seine Abreise zwar angekündigt, aber Sie werden mir beipflichten, dass seine Anwesenheit in Anbetracht der Situation wünschenswert gewesen wäre. Ich hoffe, es waren seine Verpflichtungen, die ihn gehindert haben. Dieser Mann ist nie da, wo man ihn erwartet.« Die Stimme der Présidente war nur noch ein Murmeln, und er bemerkte gar nicht, dass sie bereits aus dem Zimmer war. Als wären sie aus den Wänden hervorgekrochen, begannen sich die Bediensteten um ihn herum zu scharen, wechselten die Laken,
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