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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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Tattoo schien sich über ihren ganzen Rücken zu ziehen.
    »Kannst du mal kommen?«, rief Grossmann.
    »Was ist denn?«
    »Könntest ruhig mal mit anpacken!«
    Anna drehte sich um. Irgendetwas gefiel ihr nicht. Irgendwie war Onkel Theo anders als sonst. Sie hatte es schon im Auto bemerkt. Mit dem Rasierwasser hatte es begonnen, und jetzt hatte sich sogar seine Stimme verändert. Anna sah zu dem Hochsitz am Waldrand hinüber. Für einen Augenblick meinte sie, dort eine Bewegung gesehen zu haben. Sie kümmerte sich aber nicht weiter darum, schlenderte zu Onkel Theo und trug einen Karton mit Hochprozentigem in die Hütte. Dann setzte sie sich, streifte die Schuhe ab und legte die Füße auf den Tisch.
    »Wozu brauchst du das ganze Zeug eigentlich?«, fragte sie.
    »Meine Freunde haben mich auserkoren, die Bar aufzufüllen«, sagte er.
    »Welche Bar denn?«
    »Na ja. Sagt man so«, wich Grossmann aus. »Ich sollte die Vorräte auffrischen.«
    »Trinken die denn so viel?«, fragte Anna verwundert.
    »Die nicht. Aber ich. Jedenfalls in letzter Zeit.«
    Grossmann machte sich nicht die Mühe, die Sachen in den Schränken zu verstauen. Er ließ sie auf dem Tisch stehen, zog eine Wodkaflasche aus dem Karton und drehte den Verschluss auf. Hastig füllte er ein Wasserglas und leerte es zügig.
    »Willst du auch?«, fragte er, während er sich nachschenkte.
    »Bist du verrückt geworden!«, schimpfte Anna. »Du weißt doch genau, wie sehr ich dieses Zeug hasse. Oder hast du vergessen, was mit Mama passiert ist?«
    »Ach, die Sonja«, sagte Grossmann. »Deine Mutter war schon früher ziemlich daneben.«
    »Das ist nicht wahr!«, entrüstete sich Anna. »Auf Mama konnte ich mich immer verlassen. Erst im letzten Jahr ist irgendetwas passiert, und sie hat zu trinken angefangen!«
    Anna stand auf und ging zu dem Foto, das neben der Eingangstür hing. Es war ein Polaroidbild, auf dem vier Männer zu erkennen waren. Sie sahen auf dem Foto jung und abenteuerlustig aus. Onkel Theo war der Zweite von rechts. Er trug einen Sonnenhut und hatte ein Gewehr in der Hand, mit dem er auf den Betrachter zielte. Das Foto war an einer Schießbude entstanden, auf der Dürener Kirmes. Onkel Theo hatte Anna einmal erzählt, dass sie dieser Kirmes ihren Namen verdankte. Aber das alles war so lange her, dass die Farben auf dem Bild inzwischen verblasst waren.
    Anna drehte sich um und sah zu Onkel Theo hinüber. Er hatte sich in den letzten Monaten stark verändert. Sein Gesicht war hager und grau geworden, die Haare schütter, und ihm war ein kleiner Bauch gewachsen. Es muss der Alkohol sein, dachte sie. Er macht die Leute leer, höhlt sie von innen aus und bläht gleichzeitig ihre Bäuche auf. Bei Mama ist es ganz ähnlich.
    Sie ging zu dem Panzerschrank mit den vier Jagdgewehren, die schon lange nicht mehr benutzt worden waren. Früher hatte es ihr Spaß gemacht, die Waffen zu putzen und zu ölen.
    »Komm, setz dich zu mir«, sagte Onkel Theo, und Anna kehrte an den Tisch zurück. Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche, um ihn zu filmen, wie er am Tisch saß und trank. Ihr war langweilig.
    »Lass den Blödsinn!«, sagte er schroff.
    Anna zuckte zusammen und schob das Handy in die Hosentasche zurück. Sie sah Onkel Theo erschrocken an. In diesem Ton hatte er noch nie mit ihr gesprochen.
    »Was ist eigentlich los mit dir?«, fragte sie. »Seit wann bist du so komisch? Warum wolltest du heute mit mir hierherfahren? Und weshalb trinkst du so viel?«
    Onkel Theo gab keine Antwort. Er leerte das Glas erneut. Dann stand er auf, ging zur Tür und schloss ab. Den Schlüssel steckte er ein. Anna spürte, wie ihr vertrautes Gefühl sich mit einem Schlag in Luft auflöste. Sie hatte sich immer wohlgefühlt in der Hütte. Sie hatte nie Angst gehabt, wenn sie allein mit Onkel Theo hier gewesen war. Plötzlich war alles anders.
    »Was soll das?«, fragte sie.
    »Hast du Onkel Theo eigentlich lieb?«
    »Das weißt du doch!«
    »Dann komm und setz dich auf meinen Schoß. Ich will, dass es wie früher ist.«
    »Ich bin kein Kind mehr.«
    »Es soll aber sein wie früher.«
    »Früher war alles anders.«
    »Trotzdem. Komm. Setz dich zu mir.«
    »Warum?«
    »Weil Onkel Theo dich lieb hat und dein Tattoo sehen will.«
    »Und wenn ich das nicht will?«
    Onkel Theo stand auf, ging zu ihr, packte sie am Handgelenk und drückte unbarmherzig zu.
    »Lass das! Du tust mir weh!«
    »Nur wenn du Zicken machst!«
    »Was soll das denn?«, fragte Anna mit erstickter Stimme. Er gab keine

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