Die Eule von Askir
Diener ihnen kunstvoll hergerichtet hatte.
Das Paar zog mehr als genügend Blicke auf sich, er in den reichen bestickten Gewändern eines Handelsherrn und mit rabenschwarzem Haar, das an den Schläfen ergraut war, sie mit ihrem Kleid aus kostbarer, tiefrot gefärbter Seide, das ihre Figur schon fast zu vorteilhaft betonte.
Der weite Ausschnitt tat ein Übriges, und ihr langes schwarzes Haar glich den Schwingen eines Raben. Obwohl es zum Teil kunstvoll hochgesteckt war, reichte es ihr dennoch bis zur Taille, die schmal genug schien, dass ein beherzter Mann sie mit beiden Händen hätte umfassen können.
Doch ihre Schönheit war wie eine kalte Flamme, und ihr Blick versprach nichts Gutes für den Fall, dass man ihr zu nahe trat. Er schien mitzuteilen, dass ihre Schönheit nur zum Ansehen da war und eine Berührung nur denen vorbehalten, die sich Vollkommenheit auch leisten konnten.
Im Kreis der Reichen und Mächtigen, die hier ihre Geschäfte tätigten, gab es nur wenig Zweifel daran, dass der Mann an ihrer Seite dazu imstande war. Manch einer ertappte sich dabei, dass er nicht wusste, ob er den Meister wegen seiner Macht und seinem Gold beneidete, oder doch wegen der Gunst der begehrtesten Kurtisane der alten Reichsstadt.
Der Name des Mannes war Feltor, doch die Handelsherren, die ihn so freundlich grüßten, kannten ihn unter einem anderen Namen. Sie hingegen war den meisten, die sie so begehrlich ansahen, unter ihrem wahren Namen bekannt.
»Nein«, gab Feltor Antwort. »Sie ahnt nichts. Sie hält nur gern einen Schwatz mit dem alten Mann. Aus irgendeinem Grund sind sie Freunde.« Er lächelte schmal. »Hast du etwa Angst vor ihr, Asela? Sie ist nicht mehr als ein Kind.«
»Ein Kind, das eine blaue Robe trägt.«
»Dann starr sie nicht so an«, riet Feltor. »Sie könnte es bemerken.«
Eine rabenschwarze Braue hob sich, und ein feines Lächeln spielte um ihre vollen Lippen. »Bist du eifersüchtig?«
Er lachte leise und fuhr mit einem Finger sanft über ihren Handrücken. Eine rote Spur folgte der Bewegung auf ihrer Haut, und sie zog scharf die Luft ein.
»Hast du vergessen, mit wem du sprichst?«
»Nein«, gab sie zurück und atmete aus, als der Schmerz von ihr wich. »Sag«, fragte sie etwas zögerlich. »Ich hörte, man hat den Diener am Hafen gefunden.«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Die Nachricht spricht sich schnell herum.«
»Ich habe meine Quellen, das weißt du. Aber ich war erstaunt, so schnell davon zu hören. Offenbart es unseren Einfluss nicht zu früh? War es Absicht oder ein Versehen?«
»Was meinst du?«, fragte er mit einem Lächeln.
»Also war es Absicht«, stellte sie fest. »Aber warum?«
»Jemand spielt ein Spiel mit uns«, sagte der schwarzhaarige Mann. »Vielleicht lockt es ihn heraus.«
Sie sah ihn verständnislos an.
»Der Diener hatte nur einen der Wolfsköpfe bei sich, und es gelang ihm, ihn mir vorzuenthalten. Ich merkte es erst, als es zu spät war«, erklärte er mit ausdruckslosem Gesicht. »Den anderen hält er wohl noch in der Botschaft versteckt.«
»Du hast die Wolfsköpfe nicht bekommen?«, fragte sie fassungslos.
»Genau das ist es, was ich mit Spiel meinte«, teilte er ihr mit. »Der Mann versuchte mich zu hintergehen. Und er war nicht allein daran beteiligt. Sein Tod ist eine Nachricht, und ich denke, man wird sie verstehen.«
Er nahm einen Schluck von seinem Tee und verzog das Gesicht, der Tee war schon erkaltet. Er hob die Hand und fing den Blick des Bediensteten ein. Er wartete und schwieg, bis er neuen Tee hatte, dann trank er.
»So ist das besser«, sagte er und stellte die Tasse ab. »Ich fand es angebracht, das deutlich zu machen. Wäre der Diener nur verschwunden, wo wäre da die Warnung?« Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem harten Lächeln. »Ich dulde es nicht, wenn man sich mir entgegenstellt.« Er sah sie an. »Vergiss das nicht. Bei allem Schein und aller Bewunderung, die man dir entgegenbringt, vergiss nicht, wer du bist und wem du gehörst. Vergiss nicht, wessen Hund du bist.«
Er erhob sich und deutete eine leichte Verbeugung vor ihr an. Seine letzten Worte hatten sie erbleichen lassen. Sie sah nur still zu ihm hoch.
»Es war wie immer ein Vergnügen, Sera.«
14
Vor drei Jahren hatte Desina jenes Zimmer für sich auserkoren, das einst dem letzten Primus der Eulen gehört hatte und voller Annehmlichkeiten war. Eine davon war ein Bad, das auf wundersame Weise immer warmes, sauberes Wasser für sie bereit hielt,
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