Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
die Nehmerländer ständig vergrößert werden – selbst die Zustimmung der Kanzlerin zur Aufsicht geschah ja »gezwungen« –, wodurch »Streit und Zwietracht unter den Nachbarn vorprogrammiert« seien.
Bald darauf wehrten sich zwei hohe Verbandsführer gegen die geplante Bankenunion. In einem offenen Brief, der ebenso in Großanzeigen verbreitet wurde wie im Vorjahr Crommes Euro-Eloge, fuhren Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon und Uwe Fröhlich, Präsident der Volksbanken und Raiffeisenkassen, der Kanzlerin in die Parade: Der Plan sei »absolut inakzeptabel«. Statt, wie üblich, den Dissens beim vertraulichen Gespräch im Kanzleramt auszuräumen, wählten sie im September 2012 den Schritt in die Öffentlichkeit – die Ultima Ratio, wenn nichts anderes mehr hilft. Kein Zweifel, die beiden Verbandsführer, die fast jeden Haushalt in Deutschland repräsentieren, misstrauten der Kanzlerin, glaubten nicht länger, dass sie ihren falschen Weg aufgrund eines diskreten Gesprächs zu korrigieren bereit wäre.
»Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin«, so begannen sie den Brief, in dem sie sich, schon mit Rücksicht auf das Vertrauen ihrer Kunden, scharf »gegen die Übernahme von Zahlungspflichten für ausländische Banken« verwahrten. Mit deutlichen Worten warnten sie vor dem Plan Wolfgang Schäubles, deutsche Spareinlagen der europäischen Idee zu opfern – ohne die Betroffenen darüber ausreichend zu informieren, geschweige denn ihnen die Möglichkeit zu geben, dagegen zu votieren. »Das geht an die Grundfesten der deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken.«
Eine solch offene Konfrontation erzkonservativer Funktionsträger mit der Kanzlerin hat es meines Wissens noch nie gegeben. Ein echter Eklat – auf den kein Donner folgte. Der Brief der empörten Sparkassen-Chefs wurde im Kanzleramt ad acta gelegt – und mit ihm die Sorge der deutschen Sparer, irgendwann vom selben Schicksal ereilt zu werden wie die Zyprer, deren Vermögen per Handstreich teilenteignet wurde. Dass sich Vertreter deutscher Großbanken bei ihren Sparkassen-Kollegen über deren »öffentliche Angstmacherei« beschwerten, passt natürlich ins Bild. Warum sollten nur Kunden der deutschen Großbanken für ausländische Banken in Mithaftung genommen werden, die der Sparkassen aber verschont bleiben?
Wolfgang Schäuble hat sich für die Bankenunion eingesetzt. Natürlich unter der Flagge »Bankenaufsicht«. Vom Einbringen deutscher Spareinlagen in einen gemeinsamen europäischen Bankentopf wollen sie jetzt zwar nichts mehr wissen und haben wieder einmal eine »rote Linie« in den Sand gezogen, die für die Bundesregierung nicht zu überschreiten sei. So wie bei früher in den Sand gezogenen Linien, muss man aber davon ausgehen, dass auch diese notfalls für die Euro-Rettung überschritten wird. Übrigens muss man daran erinnern, dass sich bereits über die Hälfte der deutschen Banken in staatlicher Hand, also »unter Aufsicht«, befinden. Nur – wo Bankenaufsicht draufsteht, ist früher oder später eine europäische gemeinschaftliche Einlagensicherung drin. Dann haftet jeder deutsche Sparer für jeden anderen Sparer in der Euro-Zone. Ein Wunschtraum für jeden, der auf dem Sparbuch nur Miese hat – ein Albtraum für jeden, der, wie die meisten Deutschen, über solide Einlagen verfügt.
Als ich bei der schon erwähnten hart aber fair -Diskussion Hermann Gröhe auf diesen Anschlag auf die deutschen Sparbücher ansprach, wies der CDU -Generalsekretär die Existenz eines solchen Plans zurück.
Ginge es in der Politik ehrlich zu, hätte die Regierung zugeben müssen, dass man erst die Bundestagswahl gewinnen wollte, bevor man die Menschen mit derlei gefährlichen Eskapaden konfrontierte. Dummerweise ließ Junckers Nachfolger, Jeroen Dijsselbloem, schon im Mai 2013 die Katze aus dem Sack, als er, zusammen mit Währungskommissar Olli Rehn, eine »einheitliche europäische Einlagensicherung« forderte. »Eine Bankenunion«, so Rehn, »ist langfristig ohne gemeinsamen Einlagensicherungsfonds nicht vollständig.« Im Klartext: Auch die Guthaben auf den Sparbüchern deutscher Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken werden zur Rettung ausländischer Banken herangezogen werden.
Es ist nun einmal so: Will man weiterhin südeuropäische Banken und den Euro retten, ist die gemeinschaftliche Einlagensicherung unvermeidlich. Die Konsequenzen für die deutschen Sparer lassen sich leicht ausrechnen. Wo aber blieb der Protest der deutschen Regierung?
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