Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Neue, Stephan Werhahn, für die Partei attraktiv: Zum einen war er jahrelang CDU -Mitglied gewesen, weshalb sein Umstieg als Prestigegewinn verbucht wurde. Zum anderen war er Enkel Konrad Adenauers. Ich erinnere mich, welchen Wert die CDU auf diese Tatsache gelegt hatte. Den Namen Werhahn hörte man nie; der Adenauer-Enkel dagegen wurde auf dem Silberteller präsentiert. Man zeigte sogar ein Foto, auf dem der kleine Werhahn am Hosenbein seines Großvaters zupft. Und ausgerechnet der kehrte der Adenauer-Partei jetzt den Rücken.
Als Dank für die unverhoffte Ansehenssteigerung ernannten die Freien Wähler den prominenten Neuzugang zum Spitzenkandidaten. Auch ich freute mich, da Werhahn als Grund für seine Abkehr von der CDU deren Europapolitik angab. Vielleicht, so dachte ich, würde sich die Partei jetzt wieder auf das wichtigste Thema unserer Zeit, die Eurokrise, konzentrieren. Zudem schien mir vorteilhaft, dass die Führungsspitze mit dem Adenauer-Enkel nun gleichermaßen die ländlichen Bereiche wie die Städte abdeckte: Denn neben den bayerischen Volkstribun mit Schollennähe trat nun als ideale Ergänzung der geschliffene Abgeordnete mit Welterfahrung.
Mehrmals hatte ich Gelegenheit, mit Werhahn zu sprechen, und ich habe ihn als kultivierten und angenehmen Menschen in Erinnerung, der sein Geld mit Finanzdienstleistungen verdient. Aus diesem Grund haben die Freien Wähler ihn in ihre Führungsriege als Finanzfachmann aufgenommen. Leider haben sowohl der Landwirt als auch der Adenauer-Enkel Schwierigkeiten damit, eine klare Position zum Euro einzunehmen. Einmal wurde gefordert, zu den Maastrichter Verträgen zurückzukehren, ein andermal, die D-Mark wieder einzuführen. Und auf keines von beidem wollten sie sich festlegen, was auch für meinen Vorschlag eines Nord-Euros galt. Ich wusste nicht, was sie wollten, und sie wussten es vermutlich selbst nicht.
Schon bald aber wusste der Adenauer-Enkel: Die Freien Wähler waren nicht das erhoffte bundespolitische Terrain für ihn. »Eine Kampagnenfähigkeit der Freien Wähler«, so erklärte er, »ist außerhalb von Bayern schlicht nicht gegeben.« Außenstehende vermuten, dass seine alte Partei ihm einen sicheren Listenplatz für die nächste Bundestagswahl zu verschaffen versprach. Nach einem Jahr Fremdgehen kehrte er im März 2013 reumütig und unter dem Applaus seiner alten Kollegen in die Partei des legendären Großvaters zurück.
3. »Revolution in Österreich«
Ich bin gern Deutscher, liebe mein Vaterland. Aber ebenso gern bin ich Weltbürger und »verliebe« mich förmlich in fremde Länder. Auch wenn es seltsam klingt: Ich fühle mich überall zu Hause. Kein Wunder, über die Hälfte meines beruflich aktiven Lebens verbrachte ich im Ausland.
Auch in den letzten Jahren war ich sehr häufig unterwegs, was für mich seit meiner IBM -Tätigkeit zur Lebensform geworden ist. Ich besuchte die Schweiz, Österreich, Schweden, Polen, Tschechien, Ungarn, mehrmals Großbritannien, wo ich in Oxford einen Vortrag hielt, und auch die Vereinigten Staaten, wo ich sowohl an der Wharton School in Philadelphia als auch an der Yale University über die europäische Wirtschaft referierte.
Unvermeidlich, dass ich mit den Menschen in diesen Ländern über den Euro diskutierte, und dies nicht im Small Talk , sondern erregt, emotional: Sie wollten wissen, was ich von der europäischen Währung hielte, und ich ließ mir erklären, wie das Ausland dazu steht. Fast überall herrscht Verwunderung, ja Staunen über uns: Man kann kaum glauben, dass die Deutschen sich anstandslos dem Diktat von Paris, Brüssel und der EZB beugen, obwohl es nicht zu ihrem Vorteil ist. Man staunt darüber, wie wir auf die uns zustehende Führung in Europa verzichten, um uns stattdessen von anderen gängeln, um nicht zu sagen an der Nase herumführen zu lassen. »Warum lasst ihr euch das alles gefallen?«
Die nächsten Fragen, die ich überall zu hören bekam: Wie lange kann das noch gut gehen? Gibt es bei euch nur Merkels und Schäubles, die erst einmal zögern und zaudern, bis sie doch jeder Zumutung nachgeben, als hätten sie nur bis 100 gezählt? Gibt es denn in Deutschland nur Parteien, denen die Einheitswährung wichtiger ist als die Wettbewerbsfähigkeit Europas und des eigenen Landes? Gibt es keine Partei, die sich den Interessen der Bürger verschrieben hat? Ich pflegte dann auf meinen französischen Freund zu verweisen, der vom deutschen »Nationalmasochismus« gesprochen hat. »Leider muss ich
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