Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
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Der alte FDP -Recke Genscher ist noch lange nicht abgetreten. Trotz seiner 86 Jahre beeinflusst er die eurofreundliche Einstellung seiner Partei mehr als irgendein anderer. Natürlich müsste er längst eingesehen haben, dass sein einstiger Enthusiasmus für eine Aufgabe der D-Mark ebenso falsch war, wie die Ablehnung des Euro durch Otto Graf Lambsdorff richtig. Er müsste, aber er hat nicht.
Mir fällt die Betriebsamkeit auf, mit der er auf jeder FDP -Versammlung, seien es Dreikönigstreffen oder Parteitage, mit seinem gelben Pullover auf dem Podium sitzt und in alle Richtungen Einfluss ausübt. So wird Genscher immer noch als Machtfaktor wahrgenommen, und das heißt, dass er ein Machtfaktor ist. Er kann es bleiben, weil es in der FDP keine starke Führungspersönlichkeit mehr gibt. Genscher ist nach wie vor der Starke unter lauter Schwachen, und die heutige Europapolitik der FDP ist die Fortsetzung des Genscherismus mit gleichen Mitteln.
Wolfgang Gerhardt, den die Partei 1995 zum Bundesvorsitzenden wählte, verkörperte beide Richtungen, die Hans-Dietrich Genschers und die Otto Graf Lambsdorffs, in einer Person. Er verfügte über das Geschick und die Vermittlungsgabe Genschers, zugleich teilte er aber das marktwirtschaftliche Denken Graf Lambsdorffs. Den größten Fehler begingen die Liberalen, als sie ihrem Bundesvorsitzenden 2001 den Posten wegnahmen und ihn dem ehrgeizigen Generalsekretär Guido Westerwelle übergaben, der ihn für sich gefordert hatte. Westerwelle war in meinen Augen der ideale Generalsekretär, der nächsten Karrierestufe dann aber nicht mehr gewachsen.
Westerwelle schloss sich zuerst der wirtschaftsliberalen Richtung an und präsentierte sich, so man kann sagen, als ein Lambsdorff hoch drei. Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte er dank Lambsdorff’scher Ideen wie dem Versprechen von mehr Marktliberalität und Steuersenkungen knapp 15 Prozent der Stimmen, ein sensationelles Ergebnis. Kaum von Angela Merkel zum Außenminister ernannt, trat er nicht nur in Genschers Fußstapfen, er wurde zu einem Genscher hoch drei. Nach meinem Gefühl übertrieb er alles, die Höflichkeit, die selbstverleugnende Konzilianz, selbst die aufgesetzte Friedenssehnsucht, die ihn manchmal wie einen Pastor erscheinen lässt.
Schon zwei Jahre später musste der Genscher-Darsteller den Bundesvorsitz wegen anhaltenden Misserfolgs abgeben. Weil er nicht lieferte, was er versprochen hatte, ließen ihn das Bürgertum und auch seine Partei fallen.
Seitdem ist die FDP orientierungslos, hat diverse Funktionäre wie Brüderle, Rösler und den Außenminister Westerwelle vorzuweisen, aber keine Führungsfigur. In dieses Machtvakuum ist Genscher vorgestoßen. Wie Kohl hinter Frau Merkel, steht er hinter den Parteigranden und wacht darüber, dass sie alles für Europa und den Euro tun. Koste es, was es wolle.
Heute scheint sich die Partei auf ihren Ehrenvorsitzenden wie auf eine delphische Pythia zu beziehen. Mit ihm träumt sie den alten Euromantiker-Traum von den Vereinigten Staaten von Europa, als hätte sich nicht längst gezeigt, dass es sie wegen der divergierenden Nationalinteressen niemals geben wird. Und als hätte sich nie gezeigt, dass Deutschland zum Verlierer des Wirtschaftskriegs um den Euro wird, dominiert die Genscher-Tradition, während die Lambsdorff-Tradition abgebrochen ist.
Damit dürfte klar sein, warum ich mich von der FDP abgewandt habe. Es geschah an jenem verhängnisvollen 10. Mai 2010, an dem die Brandmauer zwischen den deutschen Steuerzahlern und den ausländischen Schuldenpolitikern eingerissen wurde – unter aktiver Mithilfe der FDP , die im Bundestag zustimmte. Wenn auch nicht so sehr in ihrer Innen- und Menschenrechtspolitik, so doch in ihrer Europa- und Euro-Politik hat die Partei alle liberalen Grundsätze wie Wettbewerb, Subsidiarität und Eigenverantwortung aufgegeben, die Graf Lambsdorff vertreten hat und von denen ich selbst auch heute noch überzeugt bin.
Auch auf die Gefahr hin, dass es anmaßend klingt: In Wahrheit habe nicht ich mich von den wahren Idealen der FDP entfernt, sondern die FDP hat sich von Graf Lambsdorffs Überzeugungen abgewandt, die auch ich teile. Wo FDP draufsteht, ist nicht mehr FDP drin.
2. Zwischenspiel Freie Wähler
Einen ersten Versuch, mich einer liberalen Gruppierung anzuschließen, unternahm ich im Februar 2009, als ich zu einer Art Parteitag der Freien Wähler nach Frankfurt eingeladen wurde. Ihr damaliger Chef Armin Grein hatte mich gebeten, einen
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