Die Evangelistin
Spaziergänge durch die Olivenhaine des Ölberges gesprochen haben? Über die tiefe Symbolik des Berges als Ort der Entscheidung? Hier hatte König David während seiner Flucht aus Jeruschalajim in seiner tiefsten Verzweiflung geweint und gebetet. Hier befanden sich die Gräber der großen messianischen Propheten Sacharja und Maleachi. Hier hatte der Prophet Ezechiel die Herrlichkeit Gottes gesehen! Hier sollte am Tag des Herrn während des Laubhüttenfestes die große Schlacht gegen die Gojim stattfinden und das messianische Zeitalter anbrechen, wenn Gott als König über die Welt richten würde!
Der siebte Tag von Sukkot heißt Hoschana Rabba. Nicht nur ein Mal, sondern sieben Mal umrunden die Priester mit ihren Feststräußen den Altar des Tempels. Am Abend endet das Fest. Die Kinder zerlegen die Lulav-Sträuße und essen die Zitrusfrüchte. Die Sukkot-Laubhütten werden abgebaut.
Hoschana Rabba ist der Beginn der Passionszeit*.
An diesem Abend gibt Jeschua im Haus Schimons des Esseners einen königlichen Empfang mit einem Abendmahl im griechischen Stil. Der König liegt mit seinen engsten Vertrauten zu Tisch. Auf den Ehrenplätzen an seiner Seite speisen sein Schwager Eleasar, der Lieblingsjünger, und sein Bruder Jehuda. Seine jüngeren Geschwister Jakob, Joseph und Schimon Kefa haben die Ehrenplätze an den anderen Tischen inne.
Die Stimmung, während der letzten Festtage ausgelassen und übermütig, ist nun angespannt. Der nächste Tag, Schemini Atzeret, der achte Tag des Festes, würde die Entscheidung bringen: König sein oder am Kreuz sterben. Alles oder nichts.
Am Abend des nächsten Tages kehrt Jeschua mit seinen Brüdern und seinem Gefolge in den Tempel zurück, um die Königssalbung vom Berg Hermon im Tempelvorhof öffentlich zu wiederholen und um die Hakhel-Zeremonie durchzuführen, die Lesung des Königsgesetzes vor dem Allerheiligsten.
Folgen wir ihm!
Jeschua stürmt über den Vorhof der Heiden, als wollte er in die Schlacht ziehen. Jehuda und Schimon halten sich dicht hinter ihm, die Hände an ihren Dolchen. Einige der Pilger erkennen Jeschua, drängen heran, um den gesalbten König zu begrüßen. Jehuda schiebt sie zur Seite, damit Jeschua durch das Schöne Tor den Tempel betreten kann. Schimon ist unruhig: Wo ist die Tempelwache? Sein Blick irrt hinauf zur Burg Antonia oberhalb des Tempelplatzes, wo Pontius Pilatus residiert und die römische Kohorte stationiert ist. Jeschua beruhigt ihn: ›Wenn Joseph ben Kajafa wüsste, was ich vorhabe, wäre er doch zu seinem Freund Pilatus gelaufen und hätte mich festnehmen lassen.‹
Entschlossen wendet er sich um und drängt sich durch die Pilgermassen zum Nikanor-Tor, das zum Vorhof der Priester führt. Dort erwartet er uns.
Jakob trägt die Tora, aus der das Königsgesetz vorgelesen werden soll. Jehuda winkt den Mann mit dem Salböl heran.
Im von Fackeln erleuchteten Tempelhof wird Jeschua zum König gesalbt. Die Menge singt den Königspsalm und ruft ›Erlöse uns, Sohn Davids, erlöse uns von den Römern!‹ – ›Der Tag des Herrn ist gekommen!‹ – ›Gott ist König!‹
Unter den Freudenschreien der Pilger steigt Jeschua ein paar Stufen zum Allerheiligsten des Tempels empor und verliest mit lauter Stimme das Königsgesetz, das seine Pflichten als Herrscher regelt: ›Wenn du in das Land kommst, das der Herr, dein Gott, dir gibt, und es in Besitz genommen hast und darin wohnst und sagst: Ich will einen König über mich setzen, wie alle Nationen, die rings um mich her sind!, dann sollst du nur den König über dich setzen, den der Herr, dein Gott, erwählen wird. Aus der Mitte deiner Brüder sollst du einen König über dich setzen. Du sollst keinen Fremden, der nicht dein Bruder ist, über dich setzen.‹
Das Volk jubelt. Ein jüdischer König aus der Dynastie der Ben Davids – mit Söhnen wie Jehuda ben Jeschua, die ihm nachfolgen können! Mit Brüdern, die ihm im bevorstehenden Kampf zur Seite stehen werden! Welch eine Hoffnung für das jüdische Volk! Welch eine prächtige Erscheinung ist dieser einundvierzigjährige König in seinem purpurfarbenen Gewand!
Die Freude ist unbeschreiblich, als Jeschua den pro-römischen Kohen ha-Gadol Joseph ben Kajafa für abgesetzt erklärt und im selben Atemzug seinen Bruder Jakob ha-Zaddik zum neuen Hohen Priester salben lässt. Er setzt ihm die Nezer ha-Kodesch, die hohepriesterliche Krone, auf.
Joseph ben Kajafa muss handeln.
Die Tempelwache greift ein. In den Vorhöfen des Tempels entsteht
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