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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Alessandro Venier selbst zu taufen.
    Das verlorene Paradies wird vernichtet werden.
    Celestinas Aufsehen erregende Affäre mit mir, einem Juden, wäre vergeben und in einigen Monaten vergessen.
    Tristan hatte sehr viel zu gewinnen: alles!
    Außer seinem Gewissen musste er nur ein einziges Opfer bringen: mich!

· C ELESTINA ·
K APITEL 17
    »Was ist mit dir?«, sorgte sich David, als ich auf der Piazzetta stehen blieb und mir die Hände gegen den Bauch presste. Wie liebevoll er seinen Arm um mich legte! »Hast du wieder Schmerzen? Du solltest ein paar Tage im Bett bleiben – wie ich dir geraten habe! Es ist keine leichte Schwangerschaft. Die Gefahr, das Kind zu verlieren …«
    »Die Schmerzen sind zu ertragen, David. Netanja ist unruhig. Er bewegt sich.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Offenbar ahnt er, dass wir seinen Vater besuchen wollen.«
    Ich atmete einmal tief durch.
    »Soll ich dich wieder nach Hause bringen?« David deutete auf die Gondel am Molo, mit der er mich hergerudert hatte.
    Ich schüttelte energisch den Kopf, dann nahm ich seine Hand und führte ihn zur Porta della Carta.
    Es war noch sehr früh am Morgen, doch das Portal des Dogenpalastes war bereits geöffnet. War die nächtliche Prozesssitzung des Zehnerrates schon beendet?
    Die Wachen am Tor erkannten mich und winkten mich durch.
    »Wer ist dieser Mann?«, fragten sie, als David mir folgen wollte. »Ist er nicht der Bruder dieses Juden?«
    »Ich bin David Ibn Daud«, antwortete David an meiner Stelle.
    »Was wollt Ihr im Palazzo Ducale?«
    »Ich bin Medicus. Falls mein Bruder gefoltert wurde, will ich seine Wunden versorgen.«
    »Was tragt Ihr da bei Euch?« Misstrauisch bohrte der Wächter seinen Finger in die Tasche über Davids Schulter.
    »Schmerzstillende Medikamente, Salben zur Desinfektion von Wunden, eine warme Decke, drei Kerzen und noch ein paar andere Dinge.«
    Die Bewaffneten ließen uns passieren. David und ich überquerten den Innenhof und gingen hinüber zu den Pozzi.
    Kein Wächter hielt uns auf, bis wir vor der weit geöffneten Tür einer Zelle standen – es war das Verlies, in dem Salomon Ibn Ezra auf sein Todesurteil gewartet hatte.
    Die Zelle war leer!
    David war sehr blass. Er schien sich an seine Besuche im Kerker von Córdoba zu erinnern. Wo war Elija? Wurde er gefoltert?
    »Elija ist in der Sala del Consiglio dei Dieci«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Offenbar ist die Sitzung noch nicht zu Ende.«
    Er nickte, betrat die Zelle, stellte die mitgebrachte Tasche auf die Holzpritsche und zog die warme Decke hervor, die er auf den Holzbohlen ausbreitete. Dann legte er die frische Kleidung für den Sabbat und die Prozesssitzungen ordentlich gefaltet auf das Bett und stellte die Medikamente und die Kerzen auf das Regalbrett. Er entzündete eine Kerze, zog Hernán de Talaveras lateinische Bibel, Elijas Tefillin und seinen Tallit aus der Tasche und legte alles an das Kopfende des Bettes.
    Dann zog er eine Falte in der Decke glatt …
    … und sank auf das Bett.
    Ich setzte mich neben ihn und umarmte ihn.
    »Gott möge mir vergeben«, flüsterte er. »Aber seit Elijas Verhaftung vor zwei Nächten wünsche ich mir im Stillen, er hätte Angelos Dokument unterschrieben und sich dem Papst unterworfen. Aron hatte Recht: Elija könnte mit dir in Rom leben … in Frieden und in Freiheit.«
    Er legte das Gesicht an meine Schulter.
    »David, mein lieber David«, versuchte ich ihn zu trösten und strich ihm über das Haar.
    Wie lange wir so saßen und uns aneinander festhielten, weiß ich nicht mehr. Schließlich küsste er mich auf die Wange und ließ mich los. »Geh jetzt!«, bat er mich. »Ich werde hier warten! Vielleicht lassen sie mich kurz mit ihm sprechen.«
    Ich nickte, verließ die Zelle, stieg die Stufen zur Loggia hinauf, ging an der Bocca di Leone vorbei, die uns schon so viel Unglück beschert hatte, und erreichte die Treppe, die zur Dogenwohnung und weiter zum Ratssaal der Zehn im zweiten Stock des Palazzo Ducale führte.
    In ihren langen schwarzen Seidenroben kamen mir die ersten Consiglieri entgegen.
    Die Prozesssitzung war beendet.
    Auf dem Treppenabsatz blieb ich stehen, um die Ratsmitglieder vorbeizulassen. Zwei der Consiglieri wichen meinen Blicken aus, einer murmelte: »Es tut mir sehr Leid!« Hielt er Elija für unschuldig an dem Ritualmord?
    Auf der Treppe zum zweiten Stock traf ich Elija. Zwei Bewaffnete führten ihn zurück in seine Zelle.
    »Celestina!«, rief er, als ich ihm entgegeneilte.
    Ich flog in

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