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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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und barg mein Gesicht in den Händen.
    Judith erhob sich und kam zu mir herüber. Zärtlich nahm sie meine Hände und liebkoste sie.
    »Alles ist gut, wie es ist«, flüsterte sie auf Hebräisch. »Wir sind in Gottes Hand.«
    »Meine tapfere Judith, Beschützerin der Schwachen«, flüsterte ich, ebenfalls auf Hebräisch.
    »Du bist nicht schwach, Elija. Die Leiden, die du ertragen musstest, haben dich stark gemacht. So stark, dass du leidest, weil Celestina sich in dich verliebt hat.«
    »Sie hat sich nicht in mich verliebt.«
    »Ich sehe doch, wie sie dich ansieht. Und wie du sie ansiehst. David hat es auch bemerkt. Er nannte euch beide heute Nachmittag zwei aufeinander zustürzende Sternschnuppen.« Sie strich mir über die Wange. »Sarah ist tot, Elija. Sie ist tot, und du lebst. Sie wollte nicht, dass du ihr nachstirbst. ›Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist‹, sprach der Ewige und gab dem Mann eine Frau an die Seite. Wenn du Celestina liebst, dann werden David und ich nichts dagegen sagen, obwohl sie eine Christin ist. Dein Bruder und ich wollen, dass du endlich wieder glücklich bist.«
    Ich weinte, und sie nahm mich in die Arme. »Elija, mein starker Elija. Nimm die Liebe an, die dir geschenkt wird! Büße nicht länger für Sarahs Tod! Opfere nicht deine Gefühle, Elija, opfere nicht dich selbst! Sarah hat dich zu sehr geliebt, um das von dir zu verlangen. Lebe und liebe, Elija, das bist du deiner Frau schuldig! Wofür sonst ist sie gestorben?«
    »Ich danke dir für deine Liebe, Judith«, seufzte ich und trocknete meine Tränen.
    »Dir die Liebe zu schenken, die Sarah dir nicht mehr geben kann, Elija, das bin ich meiner Schwester schuldig, die mit ihrem Opfer uns allen das Leben gerettet hat.«
    Judith ergriff meine Hand und zog mich zum Tisch zurück, wo sie neben mir auf Arons leerem Stuhl Platz nahm.
    Celestina rang um Worte. Schließlich sagte sie leise: »Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Es tut mir Leid, wenn ich dir mit meiner Frage wehgetan habe, Elija. Ihr wart den ganzen Abend so offen … so herzlich, dass ich …« Sie stockte. »Ich habe mich nicht wie eine Fremde in diesem Haus gefühlt, und dafür danke ich euch. Es tut mir Leid, wenn ich Grenzen überschritten habe, die ich nicht hätte überschreiten sollen. Es tut mir Leid, wenn ich euch zu nah gekommen bin. Aber …« Sie schlug sich die Hand vor die Lippen, dann erhob sie sich und wandte sich zum Gehen.
    Ich ergriff ihre Hand. »Bitte, Celestina, geh nicht«, flehte ich sie an. »Ich will nicht, dass wir mit Tränen in den Augen auseinander gehen.«
    Sie zögerte. Meinem Blick wich sie aus.
    »Bitte setz dich«, bat ich sie. »Ich will dir erzählen, wie Sarah und Benjamin gestorben sind. Dann kannst du gehen und hast die Freiheit zu entscheiden, ob du jemals wieder dieses Haus betreten willst, ob du jemals wieder mit mir sprechen willst, oder nicht.«
    Betroffen blickte sie mich an.
    »Ich will, dass du eines weißt, Celestina: Du hast mir nicht wehgetan. Du nicht.«
    Einen Herzschlag lang zögerte sie, doch dann setzte sie sich. »Wer hat dir wehgetan?«
    »Die Inquisición.«
    Sie erschrak, das sah ich ihr an. Dachte sie an die verbotenen Bücher in der vierten Bücherkiste? Fürchtete sie, die römische Inquisition könnte auf sie aufmerksam werden, wenn sie sich auf mich, einen getauften Juden, einließ?
    »Der Erzbischof von Granada fiel bei Isabel und Fernando in Ungnade, weil die Bekehrung der Mauren nicht schnell genug voranging. Hernán de Talaveras Toleranz und liebevolle Nachsicht gegenüber den muslimischen Ungläubigen fand kein Verständnis, weder bei den Reyes Católicos noch bei der Inquisición.
    Die spanische Inquisición, der Consejo de la Suprema y General lnquisición, ist von den katholischen Königen gegründet worden, nicht vom Papst. Sie ist ein Instrument der Staaten Kastilien und Aragón. Obwohl die Inquisitoren Priester sind und die beiden Großinquisitoren Kardinäle, untersteht die spanische Inquisición, anders als die römische, nicht dem Papst.
    Die Conversos waren weder gläubige Christen noch ungläubige Juden, die ausgewiesen werden konnten. Sie genossen die Vorzüge der christlichen Glaubenszugehörigkeit, heirateten in den spanischen Adel ein, erwarben riesigen Grundbesitz, stiegen bei Hof in die höchsten Ämter auf und genossen das Vertrauen von Isabel und Fernando – wie Luis de Santángel, der Schatzmeister von Aragón, der Colóns Reise finanziert hatte.
    Und trotzdem

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