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Die ewige Bibliothek

Die ewige Bibliothek

Titel: Die ewige Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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rauchigen, monotonen Stimme, die im ganzen Raum hörbar war. Die Kerzen warfen Schatten in die Luft, die sich zu verdichten schienen, und es sah aus, als nehme das verstreute Sägemehl einen grünlichen Farbton an. Von draußen drang kein Geräusch herein und sogar das Geklapper aus der Küche war verstummt. In diesem Augenblick existierte nichts außer der Erinnerung an eine Berührung, die durch das eindringliche Flüstern eines kleinen, ernsthaften Illusionisten an Dutzende von Leuten weitergeleitet wurde, und die normalen Bewegungen eines Phantomfußes, die in Trance und Rauch Wirklichkeit geworden waren.
    Das Flüstern wurde unhörbar, als Obskuro näher an ihr Ohr heranrückte und mit seinen Händen sanften Druck ausübte. Sie flüsterte eine Antwort und einige der Gäste begannen sich leicht unbehaglich zu fühlen, als seien sie Zeugen eines Geschlechtsaktes, was in gewissem Sinne auch der Fall war. Er zeichnete weiter die feinen Muster auf dem Holz nach, das in dem trüben Licht wie Ebenholz aussah. Ihre Hände, mit denen sie es umklammert hielt, spannten und entspannten sich in einem willkürlichen Rhythmus. Schweiß stand in glänzenden Perlen auf seinem Gesicht und seinen entblößten Unterarmen, und er beugte sich so weit zu ihr vor, dass seine Zunge hin und wieder leicht ihre Haut berührte. Seine Finger glitten kaum merklich auf ihre Brust, und er fühlte, wie sie sich ihm entgegenschob. Sie atmete schneller und ihre Zehen rollten sich an beiden Füßen noch fester zusammen. Er hob sein Kinn und sprach mit durchdringenderer Stimme. Ihre Augen verdrehten sich und sie versteifte sich im Sitzen. Ihre Oberschenkel schlossen sich um den feuchten Fleck, der sich auf dem Spitzenbesatz ihrer Unterwäsche bildete und ihr Atem kam in kurzen, schnellen Stößen. In dem Moment, als ihre Füße sich abrupt hochwölbten, konnten die Zuschauer den metallisch blauen Nagellack auf den Nägeln ihres linken Fußes sehen, und reine, durchsichtige Nägel auf der rechten Seite.
    Nach einer Weile öffneten sich langsam ihre Augen, und sie sah den Illusionisten an, der ihren Blick erwiderte. Vorsichtig hob er zunächst eine Hand, dann die andere und trat zurück. Er kniete nieder und hob ihre zerknitterte Hose auf; dann half er ihr, das Bein wieder zu befestigen und zog den Vorhang vor, damit sie sich ungestört wieder anziehen konnte.
    Nur drei Leute im Raum, Obskuro eingeschlossen, bemerkten, dass der rechte Fuß der Frau wieder aus dunklem, nahtlosem Holz bestand.
    Er ließ seinen Blick über die Tische schweifen und verbeugte sich langsam und majestätisch. Michael eröffnete das von Herzen kommende, wilde Klatschen, unmittelbar gefolgt von Galen und dem untersetzten Zweifler vor der Bühne. Dann explodierte der Raum in donnerndem Applaus.
     

     
    Die Lichter gingen wieder an und der Kartenabreißer gab bekannt, dass eine kurze Pause folgen werde. Michael bestellte noch einen Krug Wodka Cola – Galen stürzte das Getränk inzwischen mit großer Hast hinunter, begleitet von einigen Gebäckstücken. Die Frau, die auf die Bühne gegangen war, trat hinter dem Vorhang hervor. Ihr Gesicht war noch immer gerötet, obwohl sie sehr viel beherrschter wirkte als während der Vorführung. Sie nahm in der Nähe einiger anderer Gäste Platz, doch niemand wollte mit ihr über das ungewöhnliche Erlebnis sprechen, das bei Licht und in der wieder aufgenommenen Geschäftigkeit des Clubs Tage zurückzuliegen schien.
    In Michaels Kopf wirbelten Spekulationen und Mutmaßungen durcheinander. Er wollte Galen gerade einige seiner Schlüsse mitteilen, als sie eine höfliche Stimme ansprach: »Professor Gunnar-Galen, Professor Langbein – ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Es freut mich sehr, dass Sie das einrichten konnten.«
    Obskuro, der Zen-Illusionist, stand an ihrem Tisch. In der Hand hielt er ein Tablett mit einem Krug Wodka Cola und zwei Schokoriegeln, und in seinen Augen spiegelte sich das Kerzenlicht.
    »Nennen Sie mich Galen.«
    »Und ich heiße Michael. Danke für die Einladung.« Michael schüttelte enthusiastisch die Hand des kleineren Mannes, während dieser das Tablett auf den Tisch stellte. Galen wollte gerade etwas sagen, schielte dann jedoch mit einem unverhohlenen Ausdruck des Ekels auf die Schokoriegel.
    Obskuro nickte verständnisvoll. »Mr. Rutland und Mr. Burlington beziehen ihre gesamte Versorgung von Lieferanten, die sonst Lebensmittelläden und Tankstellen beliefern«, sagte er, während er ihnen nachschenkte,

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