Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
zurückgeben, die bereits gezahlt wurde, er bekommt mein Tafelsilber nicht, und er schuldet mir das Witwenerbe. Botschafter, Ihr wisst doch, dass er nie so viel bezahlen wird! Und ebenso wenig wird er mir für ewige Zeiten die Pachterträge von - wo? Wales und Cornwall? - zahlen.«
»Doch, bis Ihr eine neue Ehe eingeht«, äußerte de Puebla. »Er muss Euch das Witwenerbe zahlen, bis Ihr wieder heiratet. Und wir nehmen an, dass dies schon bald der Fall sein wird. Die spanischen Majestäten wollen Euch deshalb so rasch zurückhaben, damit eine neue Ehe arrangiert werden kann. Ich vermute, dass dies der eigentliche Auftrag des Abgesandten ist. Vermutlich besteht längst ein neuer Ehekontrakt. Vielleicht seid Ihr längst verlobt, ohne es zu wissen.«
Für einen Augenblick stand Entsetzen auf Catalinas Gesicht. Abrupt wandte sie sich von ihrem Gesandten ab und starrte aus dem Fenster auf den Vorhof und das offene Tor mit der geschäftigen Straße.
Erstaunt gewahrte de Puebla ihre Bestürzung. Wieso erschrak sie so bei der Erwähnung einer neuen Eheschließung? Ihr musste doch klar sein, dass sie nur heimkehrte, um ein zweites Mal verheiratet zu werden?
Catalina ließ das Schweigen andauern, während sie auf die Straße vor dem Tor von Durham House starrte. Alles, worauf ihr Blick fiel, glich so gar nicht ihrer Heimat. Da waren keine dunklen Männer in langen, fließenden Gewändern, keine verschleierten Frauen, keine Straßenhändler, die hinter hohen Gewürzbergen kauerten, keine Blumenhändler, die fast zusammenbrachen unter ihrer Last. Es gab weder Heilkräuterkundige noch Ärzte oder Astronomen, die ihr Handwerk so offen verrichteten, als gäbe es kein Geheimnis um die Wissenschaft. Keine schweigende Menge suchte fünfmal am Tage die Moschee auf, keine Brunnen plätscherten unablässig. Draußen vor dem Tor von Durham House herrschte das rege Treiben einer der größten Städte der Welt, das unermüdliche, unaufhaltsame Gewirr von Handel und Wohlstand, umläutet von Hunderten von Kirchenglocken. Diese Stadt barst vor Selbstvertrauen, war sich selbst genug.
»Hier ist jetzt meine Heimat«, sagte Catalina schließlich. Entschlossen schob sie die Bilder einer kleineren Stadt, die Bilder einer zwangloseren, exotischen Welt beiseite. »Der König soll nicht glauben, dass ich heimkehre und mich wieder verheirate, als ob nichts gewesen wäre. Meine Eltern sollen nicht glauben, dass sie weiterhin über mein Schicksal verfügen können. Ich wurde dazu erzogen, Prinzessin von Wales zu sein und Königin von England zu werden. Ich werde mich nicht ablegen lassen wie einen faulen Schuldschein.«
Der Gesandte, ein mit Enttäuschungen vertrauter Mann und überdies älter und weiser als das Mädchen am Fenster, lächelte hinter ihrem Rücken. »Natürlich soll alles nach Eurem Wunsche geschehen«, log er. »Ich werde Euren Eltern schreiben, dass Ihr lieber hier, in England, die Entscheidung über Eure Zukunft abwarten wollt.«
Catalina fuhr zu ihm herum. »Nein. Ich werde selbst über meine Zukunft entscheiden!«
De Puebla musste sich auf die Zunge beißen, um ein Grienen zu unterdrücken. »Natürlich. Wie Ihr befehlt, Infantin.«
»Prinzessinwitwe.«
»Prinzessinwitwe.«
Sie holte tief Luft, sprach dann mit ruhiger, gelassener Stimme. »Ihr könnt meinen Eltern und auch dem König ausrichten, dass ich nicht guter Hoffnung bin.«
»Tatsächlich«, hauchte de Puebla. »Vielen Dank, dass Ihr uns ins Bild setzt. Das macht alles viel eindeutiger.«
»Wie das?«
»Nun wird der König Euch freigeben. Ihr könnt heimkehren. Er hat keinen Anspruch mehr auf Euch, kein Interesse. Es gibt keinen Grund mehr für Euer Bleiben in diesem Lande. Ich werde die nötigen Vorkehrungen treffen müssen, doch Euer Witwenerbe kann auch nachträglich ausgezahlt werden. Ihr könnt sofort abreisen.«
»Nein«, weigerte sie sich.
De Puebla starrte die Prinzessin überrascht an. »Prinzessinwitwe, Ihr seid nun wieder frei nach diesem Fehlschlag. Ihr könnt heimkehren. Ihr seid frei, zu gehen.«
»Ihr wollt damit sagen, dass die Engländer nicht länger Verwendung für mich haben?«
Der Gesandte zuckte kaum wahrnehmbar die Achseln, als wollte er sagen: Wozu sei sie schon nutze, wenn sie weder Jungfrau noch Mutter war?
»Was sonst könntet Ihr in diesem Lande ausrichten? Eure Zeit hier ist vorbei.«
Catalina war noch nicht bereit, sich vollends in die Karten schauen zu lassen. »Ich werde an Mutter schreiben«, lautete ihre Antwort. »Aber
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