Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
könnte. So bleibt ihnen nur das Hoffen und Harren.
Und während sie warten, kann ich abwägen, was ich sagen und was ich tun werde. Ich muss so klug sein wie meine Mutter war, und so gerissen wie mein Vater, der Fuchs. Ich muss ihre Entschlossenheit und seine Verschwiegenheit zu meinen Eigenschaften machen. Ich muss überlegen, wann und wie ich diese Lüge anbringen kann, Prinz Arthurs große Lüge. Wenn ich sie überzeugend genug erzähle, wenn ich mich in eine Lage versetze, in der ich mein Schicksal erfüllen kann, dann werde ich die Wünsche meines geliebten Arthur erfüllen. Er kann England durch mich regieren, ich kann seinen Bruder heiraten und Königin werden. Arthur kann durch das Kind weiterleben, das ich von seinem Bruder empfange, und wir können das England erschaffen, das wir wollten, trotz des Unglücks, das uns befiel, trotz seines törichten Bruders, trotz meiner Verzweiflung.
Ich werde mich nicht dem Kummer überlassen, sondern der Sache Englands dienen. Ich werde mein Versprechen halten. Ich werde meinem Mann und meinem Schicksal treu bleiben. Ich werde sinnen und planen und Komplotte schmieden, wie ich mein Unglück besiege und das erreiche, wozu ich geboren wurde. Wie ich die Prätendentin sein kann, die eines Tages Königin wird.
L ONDON , J UNI 1502
Der kleine Haushalt der Prinzessin zog im späten Juni in Durham House ein, und dann kamen die übrigen Höflinge von Ludlow nach. Wie sie berichteten, waren Burg und Stadt vor Trauer geradezu verstummt. Catalina schien von dem Tapetenwechsel nicht sonderlich angetan zu sein, obwohl Durham House ein schöner Palast mit einem lieblichen, zur Themse hin gelegenen Park war und über einen eigenen Schiffsanleger verfügte. Der spanische Gesandte de Puebla kam zu Besuch und traf die Prinzessin auf der Galerie an der Stirnseite des Hauses an, die einen Ausblick auf den vorderen Hof und die dahinter liegende Efeuallee gewährte.
Catalina lud ihren Gesandten nicht zum Platznehmen ein.
»Eure Mutter, die Königin, schickt einen Abgesandten, der Euch heimbegleiten soll, sobald Euer Witwenerbe ausbezahlt ist. Da Ihr uns nicht gesagt habt, ob Ihr guter Hoffnung seid, bereitet sie alles für Eure Heimreise vor.«
Er bemerkte, dass die Prinzessin die Lippen zusammenpresste, als wolle sie eine unüberlegte Antwort zurückhalten. »Wie viel muss der König mir als Witwe seines Sohnes auszahlen?«
»Euch stehen ein Viertel der Staatseinkünfte von Wales, Cornwall und Chester zu«, erwiderte er. »Und Eure Eltern bitten nun zusätzlich darum, dass König Heinrich Eure gesamte Mitgift zurückzahlt.«
Catalina schaute entsetzt auf. »Das wird er niemals tun«, sagte sie matt. »Kein Abgesandter wird ihn dazu bringen. Niemals wird König Heinrich mir solche Summen ausbezahlen. Er zahlte mir ja nicht einmal eine Apanage, als sein Sohn noch lebte. Warum sollte er die Mitgift zurückgeben und dazu noch ein Witwenerbe zahlen, wenn er dabei nichts gewinnt?«
Der Gesandte zuckte die Achseln. »Weil es so im Ehekontrakt steht.«
»Dasselbe galt für meinen Unterhalt, doch Ihr habt ihn nicht dazu bringen können, mir diesen zu geben«, lautete ihre prompte Erwiderung.
»Ihr hättet ihm bei Eurer Ankunft in England das Tafelsilber aushändigen müssen.«
»Und wovon hätte ich essen sollen?«, zischte Catalina.
De Puebla baute sich anmaßend vor ihr auf. Sie hatte keine Macht mehr, das wusste er. Ihr selbst schien es jedoch noch nicht bewusst zu sein. Je länger sie verschwieg, ob sie einen Erben im Leib trug oder nicht, desto geringer wog ihre Bedeutung. De Puebla war überzeugt, dass sie unfruchtbar war. Und töricht dazu. Zugegeben, mit ihrem Schweigen hatte sie sich ein wenig Zeit erkauft - aber wofür? Dass sie ihn nicht leiden konnte, fiel kaum ins Gewicht, denn bald schon würde sie fort sein. Mochte sie toben vor Wut, es würde nichts ändern.
»Warum habt Ihr nur solch einem Vertrag zugestimmt? Ihr müsst doch gewusst haben, dass er ihn nicht einhalten würde!«
Er zuckte die Achseln. Dieses Gespräch führte zu nichts. »Wie hätte man ein so tragisches Ereignis voraussehen können? Wer hätte sich vorstellen können, dass der junge Prinz auf der Schwelle zum Mannesalter sterben würde? Es ist alles so traurig.«
»Ja, ja«, sagte Catalina. Sie hatte sich geschworen, niemals vor fremden Augen um Arthur zu weinen. Mühsam unterdrückte sie die Tränen. »Aber nun ist mir der König dank dieses Vertrages einiges schuldig. Er muss die Mitgift
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