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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Spitzensaum seines Schleiers. Die Duenna wollte schon protestieren, konnte jedoch die Prinzessin nicht vom Lüften des Schleiers abhalten. Sie schlug ihn vollends zurück. Ihre klaren blauen Augen blickten unverwandt in das zornige, faltige Gesicht Heinrich Tudors. Und der König weidete sich an ihrem Anblick und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Denn die Infantin war eine vollendete Schönheit: Sie besaß ein weiches, rundes Gesicht, eine gerade, lange Nase und einen anziehenden Schmollmund mit vollen Lippen. Sie reckte das Kinn, wie er sehr wohl sah, und ihr Blick war herausfordernd. Sie war keine furchtsame Jungfrau, die eine Entführung fürchtete, sondern eine mutige Prinzessin, die selbst in diesem äußerst peinlichen Moment ihre Würde bewahrte.
    Er verneigte sich. »Ich bin Heinrich Tudor, König von England.«
    Sie machte einen Knicks.
    Er trat auf sie zu und merkte, dass sie den Impuls unterdrückte, vor ihm zurückzuweichen. Er umfasste ihre Schultern und küsste sie erst auf die eine Wange, dann auf die andere. Der Duft ihres Haares und der warme, weibliche Geruch ihres Körpers wehten ihn an, und er spürte das plötzliche Aufflammen des Begehrens in seinen Lenden, das Pochen seiner Schläfen. Rasch trat er einen Schritt zurück und ließ ihre Schultern los.
    »Ich heiße Euch in England willkommen«, sagte er. Dann räusperte er sich. »Ihr müsst mir meine Ungeduld vergeben. Auch mein Sohn wird Euch nun seine Aufwartung machen.«
    »Ich bitte um Vergebung«, erwiderte sie eisig und in ausgezeichnetem Französisch. »Ich erfuhr erst vor wenigen Augenblicken, dass Euer Gnaden auf der Ehre dieses unerwarteten Besuches bestand.«
    Heinrich erschrak ein wenig vor ihrem unbeugsamen Temperament. »Ich habe das Recht ...«
    Sie bewegte die Schultern in einer vollkommenen spanischen Geste. »Natürlich. Ihr besitzt jedes Recht an mir.«
    Bei diesen zweideutigen, herausfordernden Worten wurde er sich erneut der unziemlichen Nähe zu ihr bewusst: der Enge ihrer Kammer, des Himmelbettes mit den schweren Vorhängen, der einladend zurückgeschlagenen Decke, des Kissens, auf dem noch der Abdruck ihres Kopfes zu sehen war. Die Szenerie war der Schauplatz einer Entführung, nicht der einer schicklichen Begrüßung durch den König. Wieder spürte er das verborgene Pochen der Begierde.
    »Ich erwarte Euch draußen«, sagte er abrupt, als sei es ihre Schuld, dass er die Vorstellung nicht loswerden konnte, wie es wohl sein müsste, diese reife kleine Schönheit zu besitzen, die er gekauft hatte. Was wäre, wenn er sie für sich selbst gekauft hätte anstatt für seinen Sohn?
    »Es wird mir eine Ehre sein«, sagte sie kalt.
    Er verfügte sich eilig aus dem Gemach und stieß fast mit Prinz Arthur zusammen, der beklommen vor der Tür kauerte.
    »Dummkopf!«, herrschte er seinen Sohn an.
    Prinz Arthur, bleich und nervös, strich sich den blonden Pony aus der Stirn, blieb stocksteif stehen und sagte kein Wort.
    »Ich werde diese Duenna so bald wie möglich heimschicken«, bemerkte der König. »Und den Rest der Dienerschaft auch. Es geht nicht an, dass sie in England ein kleines Spanien errichtet. Das Volk wird es nicht hinnehmen, und ich erst recht nicht!«
    »Die Leute haben aber nichts dagegen. Das Landvolk scheint die Prinzessin zu lieben«, deutete Arthur zaghaft an. »Ihre Begleiterin sagt ...«
    »Das kommt daher, weil sie einen dämlichen Hut trägt. Das kommt, weil sie fremdartig ist: spanisch, ungewohnt. Weil sie jung ist und« - er stockte - »hübsch.«
    »Ja?«, keuchte der Junge. »Ich meine: Ist sie wirklich hübsch?«
    »Bin ich nicht gerade hineingegangen, um mich davon zu überzeugen? Aber kein Engländer wird diesen spanischen Unsinn tolerieren, sobald der Reiz der Neuheit verflogen ist. Und ich werde es auch nicht dulden. Mit dieser Heirat soll ein Bündnis gefestigt, nicht ihrer Eitelkeit gehuldigt werden. Ob das Volk sie mag oder nicht, sie wird deine Frau. Ob du sie liebst oder nicht, ihr werdet heiraten. Ob sie dich liebt oder nicht, ihr werdet Mann und Frau. Und sie wäre besser beraten, wenn sie sich nun sehen ließe, sonst werde ich sie nicht mögen, und das würde wirklich etwas ausmachen!«
 
***
 
    Ich muss meine Kammer verlassen, ich habe nur die kleinste aller Gnadenfristen, und ich weiß, dass er draußen auf mich wartet. Zudem hat er mir deutlich klargemacht, dass der Berg, wenn ich nicht zu ihm gehe, zum Propheten kommen wird, und er wird mich wieder der Schande aussetzen.
    Ich

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