Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
schiebe Doña Elvira beiseite. Meine Duenna kann mich nun nicht mehr beschützen. Ich verlasse meine Gemächer. Meine Diener sind vor Angst erstarrt wie verzauberte Sklaven in einem Märchen, so ungewöhnlich ist das Verhalten des Königs. Mein Herz pocht in meinen Ohren, und ich spüre die Verlegenheit des jungen Mädchens vor dem öffentlichen Auftritt, aber auch die Entschlossenheit des Soldaten, ein Bedürfnis, das Schlimmste gleich jetzt zu erfahren, mich der Gefahr zu stellen, statt sie zu meiden.
Heinrich von England will, dass ich seinen Sohn kennenlerne, obwohl sie auf der Durchreise sind, ohne höfisches Zeremoniell, ohne jede Würde, als wären wir grobe Bauern. Er wird es nicht erleben, dass eine spanische Prinzessin in dieser Lage Furcht zeigt. Ich werde die Zähne zusammenbeißen und lächeln, wie Mutter es mich lehrte.
Ich nicke meinem Herold zu, der so entsetzt ist wie meine übrigen Gefährten. »Kündige mich an«, befehle ich.
Mit bleichem Gesicht stößt er die Tür auf. »Die Infantin Catalina, Prinzessin von Spanien und Prinzessin von Wales«, ruft er.
Das bin ich. Das ist mein Augenblick. Das ist mein Schlachtruf.
Ich gehe hinaus.
***
Die spanische Infantin - das Gesicht ungeschützt vor den Blicken der Männer - blieb kurz unter der Tür stehen, dann trat sie ein, und nur eine leichte Röte in ihren Wangen kündete von ihrer Qual.
Prinz Arthur, an seines Vaters Seite stehend, schluckte vor Aufregung. Die Prinzessin war schön, viel schöner, als er sich vorgestellt hatte, und zugleich stolzer. Gekleidet war sie in ein Gewand aus schwarzem Samt, das geschlitzt war und einen Unterrock aus roter Seide sehen ließ. Der viereckige Ausschnitt betonte den Ansatz ihrer vollen Brüste. Um ihren Hals waren mehrere Perlenschnüre geschlungen. Sie trug das kastanienbraune Haar offen, und es fiel in einer schweren rotgoldenen Welle ihren Rücken hinab. Auf ihrem Kopf saß eine Mantilla aus schwarzer Spitze, die sie weit zurückgeschoben hatte. Sie machte einen tiefen Knicks und erhob sich mit hoch erhobenem Kopf, anmutig wie eine Tänzerin.
»Ich bitte um Vergebung, dass ich nicht bereit war, Euch zu begrüßen«, sagte sie in französischer Sprache. »Wenn ich von Eurem Kommen gewusst hätte, würde ich mich vorbereitet haben.«
»Es überrascht mich, dass Ihr das Spektakel nicht hörtet«, sagte der König. »Ich musste gut zehn Minuten vor Eurer Tür über den Einlass verhandeln.«
»Ich wähnte, es seien ein paar Diener, die sich zankten«, gab sie kühl zurück.
Arthur schnappte ob ihrer Impertinenz nach Luft, sein Vater jedoch betrachtete die junge Frau mit einem Lächeln, als habe er ein junges, viel versprechendes Fohlen vor sich.
»Nein. Ich war es: Ich habe Eurer Hofdame Angst eingejagt. Es tut mir leid, dass ich Euch so überfallen musste.«
Die Prinzessin neigte den Kopf. »Sie ist meine Duenna, Doña Elvira. Es tut mir leid, wenn sie Euch verärgert hat. Sie spricht nicht sehr gut Englisch. Sie hat daher vermutlich Euer Begehr nicht verstanden.«
»Ich wollte meine Schwiegertochter sehen, und mein Sohn wollte seine Braut sehen. Ich erwarte, dass sich eine englische Prinzessin geziemend benimmt und nicht wie ein verdammtes eingesperrtes Haremsmädchen. Ich dachte, Eure Eltern hätten die Mauren besiegt - aber nun deucht es mich, Ihr hättet Euch die Ungläubigen zum Vorbild genommen.«
Catalina ignorierte die Beleidigung mit einer leichten Neigung des Kopfes. »Ich bin überzeugt, dass Ihr mir geziemende englische Manieren beibringen werdet«, sagte sie. »Wer wäre besser als Lehrmeister geeignet?« Sie wandte sich an Prinz Arthur und entbot ihm einen höfischen Knicks. »Mylord.«
Er zögerte mit seiner Verbeugung, bass erstaunt über die Gemütsruhe, die sie in einem so peinlichen Moment aufzubringen vermochte. Er griff in die Tasche seines Wamses, um ihr Geschenk hervorzuholen, stellte sich ungeschickt an, ließ den kleinen Beutel mit Juwelen fallen, hob ihn wieder auf und hielt ihn ihr endlich vors Gesicht, wobei er sich wie ein Tölpel vorkam.
Die Infantin nahm das Beutelchen mit einem dankenden Kopfnicken entgegen, schnürte es jedoch nicht auf. »Habt Ihr schon gespeist, Euer Gnaden?«
»Wir essen hier«, gab der König ihr unverblümt zu verstehen. »Ich habe bereits Essen bestellt.«
»Darf ich Euch dann etwas zu trinken anbieten? Oder möchtet Ihr Euch waschen und vor dem Mahl Eure Kleider wechseln?« Sie musterte die hagere Gestalt des Königs, von den
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