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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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Sie
können sich nicht vorstellen, wie sie stinken ! Sie strömen einen Geruch
aus, der Ihnen die Sinne vernebelt, aus jeder Pore, es muss unter ihren Achseln
kleben, an den Füßen, überall !«  
    Elfie Maier-Rehfisch
schauderte und wischte sich mit dem Handrücken den schlierigen Rotz unter ihrer
Nase ab. Der Analytiker bat sie mit einer auffordernden Geste weiterzusprechen.
»Betäubend, schwefelhaltig, spätestens nach der zweiten Stunde möchte ich mich
übergeben von diesem Geruch, und ich würde diese Rotte , diese Bestien am liebsten …«  
    … töten töten
töten! Elfie Maier-Rehfisch schritt kräftig aus, obgleich sie merkte, dass
ihre Kniestrümpfe rutschten und um ihre Knöchel schlingerten. Doch sie trug
ihre alte Latzhose mit den weiten, ausgestellten Beinen, und niemand konnte
ihre schlottrigen Strümpfe sehen, nicht eines von diesen Monstern würde sie
deshalb zum Gespött machen, obwohl sie bestimmt in kürzester Zeit einen anderen
Grund finden würden, diese Ausgeburten der Hölle.
    »Guten Morgen, guten
Morgen! Dann wollen wir mal!«, trällerte Elfie Maier-Rehfisch und stieg über
die Schultaschen, die sich vor der Tür stapelten. Sie strahlte einmal im
Halbkreis in die Runde, nickte Magnum zu, den sie bereits kannte und fürchtete
wie der Teufel das Weihwasser, und holte einen riesigen Schlüsselbund aus ihrer
Stofftasche, auf der ein großer, grinsender Baum prangte. Über dem Baum hatte jemand
mit Edding in krakeliger Schrift »Lasst die Bäume leben«  geschrieben. Sehr
engagiert, wirklich, höhnte Ivonne in Gedanken und verabscheute ihre neue
Lehrerin mit der fusseligen Dauerwelle und den zuckenden Augen bereits jetzt.
    »Ich bin dafür, man
sollte dem ohnehin sterbenden Wald den Garaus machen und alles betonieren und
grün anstreichen!«, raunte ihr jemand ins Ohr. Verdutzt sah sie Liliane an, die
seufzend ihre Tasche aufnahm. Woher hatte sie gewusst, was in Ivonnes Kopf vor
sich ging?
    »Wollen wir
nebeneinander sitzen?«, fragte Liliane harmlos, den Blick nach unten gerichtet,
die Schließe ihrer Tasche befingernd, als sei nichts geschehen, nichts
Weltbewegendes und Schockierendes. Ivonne wand sich innerlich und starrte auf
die Meute, die in großen Sprüngen in das Klassenzimmer hetzte.
    Hatte sie sich mit
einer Handvoll Haribo Dschungelmix bereits verkauft? Hieß das, auf Gedeih und
Verderb für ein ganzes, langes Schuljahr mit der unattraktiven, jämmerlichen
Liliane in einen Topf geschmissen zu werden? Ohne ein Wort der Erwiderung
schritt Ivonne mechanisch über die Schwelle ihrer diesjährigen Zelle und
betrachtete den Tumult.
    In wenigen Sekunden
hatten sich alle auf die besten Plätze geschmissen: Susanne räkelte sich neben
der fransigen Annemie, Carmen umschlang die schmalen Schultern von Elsbeth, und
Monika – Ivonne riss die Augen weit auf, denn so etwas Unerhörtes hatte sie
noch nie gesehen! - ließ sich triumphierend an Dirks Seite nieder. Ein weiblicher Mensch neben einem männlichen Menschen, Seite an Seite, wo gab es denn
so etwas!
    Ivonne stand betäubt
und langsam sickerte der Gedanke durch und formte sich zu einer hässlichen
Gewissheit: Sie hatten sie ausgetrickst! Sie und Liliane. Keine von
beiden durfte bei der Mädchenclique sitzen! Sie hätte es sich denken können,
spätestens heute Morgen, als sie den Kreis so eng zogen, dass keine Maus in
Ihre Mitte hätte gelangen können, spätestens da hätte sie es wissen müssen,
dass etwas gründlich faul war, noch fauler als sonst schon!
    Ivonnes Augen
brannten, es schien, als wäre nicht ein einziges Plätzchen, kein Stückchen Land
mehr für sie frei zwischen all den tobenden Schülern, die ihre Jacken und
Taschen auf Tische warfen, lässig auf den Lehnen der Stühle balancierten und
sich um Freizonen rangelten, und sie, Ivonne würde das ganze Schuljahr hier
stehenbleiben, keinen Fuß konnte sie mehr rühren.
    Knochige,
spinnendünne Finger klammerten sich in Ivonnes Schulter, dass sie
zusammenzuckte vor unerwartetem Schmerz, aber sie ließ es geschehen, dass sie
wie von einem Angelhaken durchbohrt und mitgeschleift wurde, energisch um die
Bänke herum in die letzte Reihe zu einem allein stehenden Zweierpult, wo
Liliane losließ und Ivonne mit dem Ellbogen auf den Stuhl schubste. Gelassen
setzte sie sich neben Ivonne und stützte ihr spitzes Kinn auf beide Fäuste ohne
ihre Nachbarin noch einmal anzusehen.
    Mitte September und
es war noch immer drückend heiß. Ivonne lag zwischen Wolldecken

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