Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
Vom Netzwerk:
witzig, unerhört und sexy es war!
    Ivonne blieb mitten
im Flur stehen und fühlte erneut Panik in sich aufsteigen. Weder rechts noch
links konnte sie sich einer Gruppe zugesellen, die einen wichen vor ihr zurück,
die anderen beachteten sie gar nicht und tauschten weiter Fußballbilder. Außerdem
waren es sowieso Jungen und somit war Zutritt verboten. Vor ihr ragte die
uneinnehmbare Mädchenfestung und hinter ihr hörte sie bereits Hendriks
raumgreifende tiefe Stimme, denn er hatte, zu Magnums tiefen aber nie gezeigten
Verdruss, als einziger den Stimmbruch schon hinter sich und lachte die
kieksenden Mitschüler kräftig aus, sicher, dass sie ihn auch in diesem Jahr
wieder zum Klassensprecher wählen würden.
    Vorwärts! Der
einzige Weg ist: VORWÄRTS! Go West, young Man! Und Ivonne holte tief Luft wie
auf dem Dreimeterbrett im Freibad – ich kann nicht Papa, ich kann nicht! –
Los, spring schon, es kann doch nichts passieren! – Ich KANN nicht! – Du KANNST
und du WIRST! Jetzt! –
    Ivonne dachte daran,
wie sehr ihr Bauch geschmerzt hatte, als sie auf der Wasseroberfläche
aufplatschte wie ein schwerer Sack. - Hab ich gesagt, du sollst dich nach
vorne fallen lassen, hab ich das? Ist es nicht logisch, dass man pfeilgerade
wie ein Bleistift hinabspringt? –
    Tagelang war ihre Haut
von roten Striemen überzogen gewesen und hatte sich bei der kleinsten Berührung
verletzt und empfindlich zusammengezogen.
    Als Ivonne dem
Fabelwesen mit quietschenden Gummisohlen entgegen watschelte, ruckten alle
Hydraköpfe gleichzeitig auf ihren Hälsen und wanden sich ihr zu, mit breiten,
schimmernden Mündern lächelnd.
    »Na, schönen Urlaub
gehabt? Gut erholt?«  
    Woher kam die Frage?
War das… Carmen? Annemie? Verwirrt blinzelte Ivonne die Kopfreihe an und trat
noch einen Schritt vor, in der wilden, plötzlich aufkeimenden Hoffnung, dass
sich, wie im Märchen, in einer schönen, unblutigen Sagengeschichte, die dichte
Mauer aus Ellbogen und Beinen öffnen, die Zugbrücke heruntergelassen und sie
eingelassen würde in die geheimnisvolle Welt der Beliebten. Doch nichts
geschah, und so antwortete Ivonne – und sie vernahm den verzweifelten Unterton
und schauderte vor sich selbst – von jenseits des Burggrabens den über Zinnen
schwebenden Mädchenköpfen.
    »Ja, war toll, wir
waren in Südfrankreich, in dieser Stadt…«
    Wie hieß sie, wie
hieß bloß diese Stadt, die sie vor einer Woche verlassen hatten?
    »… mit den vielen
Partys. Und Yachten. Und Garnelen, auch.«, endete Ivonne lahm, denn ihr wollten
weder der Name noch die Dinge einfallen, die sie dort erlebt hatte oder vielmehr
in einer Weise erlebt haben könnte, dass es sich lohnte, sie zu erzählen.
    »Wo auch immer du
warst, es gab offensichtlich viele gute Dinge dort zu essen, was? Reichlich!
Hast dir wohl öfter drei- oder viermal hintereinander vom Buffet genommen,
was?«
    Susanne, mager wie
ein Storch (und wer konnte schon sagen, ob sie nicht immer noch das Essen
auskotzte, tief gebeugt über die Kloschüssel, die Haare an der Seite
zusammengerafft), warf ihre blonde Lockenkaskade nach hinten und ihre violetten
Lippen lächelten süß, während ihre Gefährtinnen wie auf Befehl ihre Blicke auf
Ivonnes Bauch hefteten. Ivonne sah an sich hinab und bemerkte nichts
Verkehrtes, außer vielleicht ihre Kicker-Schuhe, aber wieso starrten sie alle
auf ihren Bauch? Sie trug ein weiß-blau kariertes Hängerkleid, passend zu
Söckchen und Schuhfarbe, dessen gesmoktes Oberteil sich angenehm ihren Konturen
anpasste, sich dehnte und über Falten, Wölbungen und Hügel legte wie eine
zweite Haut. Was stimmte also nicht?
    »Wir waren am Lago
Maggiore, himmlisch, sage ich euch - und die Italiener...!« Susanne kicherte
und die anderen Mädchen brummten verständnisvoll: Jaja, die Italiener, man war
vor ihnen nicht sicher! Die Köpfe wandten sich wieder einander zu und Ivonne,
die immer noch an sich hinab starrte, war vergessen.
    Naja, auch wenn ich
nicht verstehe, was sie redet, immerhin weiß ich, dachte Ivonne, als sie
merkte, dass niemand sie mehr beachtete, dass man Lago Maggiore nicht Lako
Matschohre ausspricht . Bätsch. Vielleicht hatte Susanne ja auch
geschummelt, sich über den Dierke-Schulatlas gebeugt und sich überlegt, was sie
heute zum Besten geben wollte und war in Wahrheit gar nicht dort gewesen?
    Leicht getröstet
wanderte Ivonne zu einem der großen Fenster, die auf den Schulhof
hinausblickten und lehnte sich gegen die Fensterbank. Ob es am Lago Maggiore
wohl

Weitere Kostenlose Bücher