Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
Vom Netzwerk:
ihre
Wangen, damit Liliane nicht ihre glühende Haut bemerkte.
    »…
weil sie dich zum Kiosk schicken, damit du ihnen Croissants und Cola
anschleppst, und kaum hast du das Zeug an Susanne und Annemie verteilt, fällt
Carmen, dieser hässlichen Kröte, ein, dass sie noch eine Packung Hubba Bubba
braucht, dringend! Und danach kräht Monika nach einem Käsebrötchen, mit
Margarine, bloß keine Butter und Remoulade, und mit Eisbergsalat und Gurke
drauf. Und ich wette, sie geben dir nur das Geld dafür, wenn sie in großmütiger
Prinzessinnenstimmung sind, oder?«
    Ivonne
starrte Liliane fassungslos an. Woher wusste Liliane das alles? Niemals hatte
sie ihr Frettchengesicht zwischen den anderen Schülern auf dem Pausenhof
ausmachen können, sie hätte schwören können, dass Liliane eher auf dem Mond als
irgendwo auf dem Schulgelände war, geschweige denn so nahe, dass sie all dies
mitbekommen hatte.
    Woher
konnte sie außerdem wissen, dass Ivonnes gesamtes Hundejobgeld in der Kasse des
Kioskbesitzers landete, weil die Mädchen sie immer wieder vertrösteten und ihr
Lohn darin bestand, zwei oder drei Minuten in ihren Kreis treten zu dürfen,
bevor er sich auf wundersame Weise wie ein Krakenarm ausstreckte, rollte,
kringelte und dann wieder schloss, Ivonne blinzelnd draußen in der zweiten Reihe,
manchmal mit einem Hubba Bubba-Kaugummi oder halbem Marsriegel in der
geschlossenen Faust. Gaben, die ihr Monika oder Carmen zur Ablenkung in die
Hand gedrückt hatten, bevor der Tanz begann, der sie unwiederbringlich
hinauskegelte.
    Wütend
vor Scham, dass Liliane diese täglichen, demütigenden Szenen mitbekommen hatte,
klammerte sich Ivonne an den nächstliegenden Gedanken:
    »Überhaupt, was
hältst du hier Gericht über mich, als wärst du die Herrin des Westens? Was ist wohl
das hier?« Sie zog mit aller Kraft an einer von Lilianes laschen Haarsträhnen,
und Liliane quickte.
    »Ich möchte eine
Ranch in Arizona verwetten, dass du dein Haar so gestutzt hast, um wie Annemie
auszusehen. Tust du aber nicht, das kann ich dir schriftlich geben! Annemie
geht nämlich extra in die Stadt zum Haareschneiden, da kommst du mit
deiner Stümperei nicht gegen an.«  
    Zum Haareschneiden in
die Stadt, das war wirklich ungeheuerlich - das taten nicht einmal erwachsene
Frauen wie ihre Mutter oder Frau Kraus-Hilfskötter, sie alle gingen zum
Kaff-Friseur. Alles andere war eine Extravaganz, die es nach Ivonnes
Verständnis erklärbar machte, warum man sich gerne mit solch aufregenden
Personen umgeben wollte, auch wenn sie selbst nicht im Mindesten wusste warum.
Aber vielleicht verstand Liliane?
    »In die Stadt zum
Frisööör? Das tust du aber bestimmt auch nicht, was?«
    In Lilianes Augen
funkelte es schadenfroh: Lieber misslungene, selbstgefertigte
Kim-Wilde-Strähnen als deine selbstfabrizierte Unfrisur, all diese Löcher,
dieses abgehackte Etwas an Kopfschmuck, kein Skalpjäger würde sich nach dir
umsehen!
    Ivonne
verstummte und wandte sich angestrengt der Schwarzwaldsilhouette zu. So eine
Hyäne, man sollte sie wegpeitschen – Zack! Zack! Zack! - von ihrem Platz, ihrer Waldlichtung, denn wer war hier zuerst gewesen und hatte sein
Claim abgesteckt? Worum ging es überhaupt? Warum hatte sie das schmerzliche
Gefühl, das so sehr brannte in ihrem Bauch, in ihrer Kehle, sich verteidigen zu
müssen, sich selbst und zu allem Überfluss auch noch ihre Mitschülerinnen, die
überhaupt nichts von ihr wissen wollten?
    »Weißt du, was ich
hier im Wald tue?«, unterbrach Liliane schließlich mit ruhiger Stimme das
Schweigen.
    Dich vor der
Menschheit verstecken, das wäre jedenfalls das einzig Vernünftige, dachte
Ivonne mürrisch, sah aber dennoch, den Kopf in die Hand gestützt, einäugig zur
Seite.
    »Interessiert mich
nicht sonderlich, um ehrlich zu sein.«
    »Aber ein bisschen
schon, was?«
    Liliane stieß Ivonne
erneut mit ihrem spitzen Ellbogen in die Seite, woraufhin Ivonne noch ein Stück
von ihr abrückte.
    »Also, ich verrate es
dir, aber sage es nicht weiter: Ich werde nämlich Marathonläuferin und prüfe
das Trainingsgebiet!«
    »Marathonläuferin?
Du? Du ?«  
    Ivonne spürte, wie
ihr Fuß sich vom Grund des Meeresbodens abstieß und sie stieg höher und höher
und an der Wasseroberfläche holte sie keuchend Luft und prustete sofort heraus:
AHAHAHAHA! Laut und gekünstelt, mitten hinein in Lilianes Gesicht, ein
gekonnter Treffer zwischen die Augen!
    »Was ist das denn für
eine unglaublich spänerische , dummeIdee? Lass mich

Weitere Kostenlose Bücher