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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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unten gerutscht, sie klang nach Whiskey und verrauchten Saloons, und
Bernardo hörte Crazy-I-Phones gluckernden Bariton in seinem Kopf, cards,
whiskey and wild wild cowgirls, they'll drive you mad, they'll drive you insane ,
und er hielt die Luft an, beendete den Lauf der Dinge, um diesen Augenblick in
einem Schnappschuss für die Ewigkeit festzuhalten!
    Bevor er den kostbaren Moment
wieder zerstören konnte, und Bernardo wusste, dass er dies perfekt beherrschte
und bestimmt gleich tun würde, wenn er die Schatten von Mimis falschen Wimpern
auf ihren weichen Wangen noch einen Moment länger betrachtete, schnappte er
sich die froschgrüne Matte, die er im Wal Mart für ein paar Dollar von
Crazy-I-Phones Fünfziger erstanden hatte und stolperte hinaus in den
hitzeflimmernden Nachmittag.
    Er presste den
Vorleger an sich als berge er ein heimatloses, frierendes Baby und torkelte über
den Platz, und ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus, denn konnte
es sein, dass sein wortloser Abgang soeben fehlerfrei und passend gewesen war,
der Auftakt zu noch größeren, noch wilderen Geschehnissen? Wie ein echter
Macho, wie ein kerniger Desperado hatte er Mimis Klammerarme von seinen
Schultern gestreift und sich abgewandt, als sei die Flamme in ihm zu lodernd,
als sei sein Geheimnis zu tief, zu verzweifelt, als dass er es mit anderen
teilen konnte, und hoffentlich hatte sie seine brennenden Ohren nicht gesehen,
denn die Quelle dieser Schmach schien ihm das einzige Feuer zu sein, das in ihm
brannte! Bernardo war zu allem entschlossen, ungezügelte Gedanken streiften
ihn, ausgelassen wollte er Crazy I-Phone auf die große Mehlwange küssen, wenn
sie die Tür zu ihrem Bungalow aufmachte und er ihr die froschgrüne Matte
überreichte wie ein hinreißendes, üppiges Rosen-Bouquet am Valentinstag.
    Vom Swimmingpool
drangen Stimmen zu ihm und Bernardo blieb stehen und lauschte. Das war
eindeutig Crazy I-Phones dröhnende Sangeskunst, aber wem gehörte der hohe
Sopran? Sie sangen Ghost Riders in the Sky , mit Inbrunst und mit
übereinander stolpernden Tönen und Silben. Langsam trat Bernardo näher.
    Rudi Schleinitz trieb
mit geschlossenen Augen im halbvollen Swimmingpool auf dem Rücken, Arme und
Beine von sich gestreckt, und spielte Toter Mann. Rosa, knielange Boxershorts
flossen um seine totenstarren, dürren Schenkel, und die Inszenierung wäre ihm
perfekt gelungen, wenn aus seiner Kehle nicht hohe Töne gedrungen wären, die
Frau Weinwurms Bariton anmutig begleiteten. Am Rand des Pools saß versonnen
Frau Weinwurm und angelte mit den Zehen nach kleinen Ästen und ins Wasser
gefallenen, ängstlich paddelnden Fliegen und Mücken; wie immer in einer
langärmeligen weißen Bluse, die Finger in die Schließen ihres neuen
Jeanslatzrocks geklemmt, während sich ihre Brust beim Singen hob und senkte.
    Bernardos Schatten
fiel auf das Gesicht von Rudi Schleinitz und Rudis Lider öffneten sich
gemächlich, gleichzeitig sanken seine Füße auf den Grund hinab. In plötzlichem
Gefühlsaufruhr ballte er beide Hände zu Fäusten, trommelte auf das Wasser ein,
dass Bernardo erschrocken einen Schritt nach hinten hüpfte, und riss die Arme
in Rocky-Siegerpose nach oben.
    » Ghost riders !!«,
krächzte er und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt, der damit endete,
dass er, Bernardo sah es mit Entsetzen kommen und wandte sich rechtzeitig ab,
einen großen grünlichen Klumpen ins Wasser spuckte und zufrieden röchelte.
    In diesem Bazillen-
und Schleimmorast GirlsGirlsGirls, Wet-T-Shirt-Contests, und
schillerndes Nightlife? Bernardo umkreiste den Pool und ließ sich mit
überkreuzten Beinen neben Frau Weinwurm nieder, die ihn freundlich zur
Begrüßung in den Arm kniff, während sie, ungerührt von Rudis sämigem Auswurf,
der auf sie zutrieb, weiter nach totgeweihtem Getier fischte.
    Verwundert
beobachtete Bernardo, wie geschickt und beinahe zärtlich sie die Insekten auf
ihren großen, breiten Zehen balancierte und vorsichtig, vorsichtig, damit sie
nicht in letzter Sekunde in einem Wassertropfen wieder in die Fluten rutschten,
den Fuß über den Beckenrand hievte und das erschöpfte Insekt mit einem Blatt
auffischte und zum Trocknen neben sich legte.
    »Ist das ein Geschenk
für mich, my dear young fellow?«
    »Was? Ach ja, die
Matte, ja, die Matte, die können wir gleich bei Ihnen vors Bett legen und schon
ist es gemütlicher, nicht wahr?«
    »Unbedingt. Da können
dann meine schönen neuen Boots nachts auf würdigem Grund ausruhen.«

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