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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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lugen. Aug' in Auge mit
der Eisenstange versuchte sie sich zu konzentrieren.
    Schwung und
Bewegung, Ivonne, das ist der Motor menschlichen Wirkens, brenne es dir in dein
Hirn, als einer deiner wesentlichen, deiner basic Basisgedanken! Ohne Schwung
und Bewegung keine Blutzirkulation, ohne Blutzirkulation keine Visionen, ohne
Visionen kein Beach-Duschgel!
    Denn dies war die
letzte Erfindung von Herrn Weinwurm, nachdem man die Duschpflege- und
Duschbalsam-Niederlassung von »Creamy Splash« in München geschlossen und seinem
Verantwortungsbereich in der badischen Niederlassung übergeben hatte: Duschgel
mit hautaufschürfenden, chemisch hergestellten Sandkörnern, back to the
Sommerferien-feeling, Terese, Hammer, oder? Naja, aber wie willst du das
beurteilen, letztlich, du siehst immer nur das Endprodukt meines Schaffens,
aber wie kommt man dahin, wie verläuft der steinige Weg? Du machst dir keine
Vorstellung, was für eine Mördergrube diese Duschgel-Abteilung war, da musste
ich erst mal mit harten Bandagen kämpfen, damit die kapieren, wer jetzt CHEF
ist!
    Ja, ja, jaaaaa,
spornte sich Ivonne an und rieb ihre weißen Magnesiumhände, bis sie taub waren.
Mit Willenskraft war alles zu schaffen, mit Schwung, Bewegung und – was war das
noch mit dem Blut? – aber dann klappte es unweigerlich! Schadete ein Versuch? - Ich bin auch CHEF, Papa – Los, hopphopp, Ivonne, spring, so tief ist das
nicht, gleich bist du im Wasser – Papa! Papa? Ich kann nicht! -
    Ivonnes
Bein pendelte nach hinten, einmal, zweimal, Susanne quengelte nun mach
schon, Weinwurm, bringen wir’s hinter uns! , ihre Finger spannten sich
stramm um die kühle Eisenstange und nun, nur noch wenige Augenblicke, musste
ihr Oberschenkel die Stange berühren, so dass das andere Bein automatisch
nachzog, und sie würde sich kopfüber nach hinten über die Stange schwingen, dann
die Arme durchstrecken und – siegreich! königlich! – als straffes Trapez über
der Stange herrschen wie ein Fußballkickermännchen. Und Papa hätte Recht!
Endlich könnte sie Papa glauben!
    - Spring! Nun spring doch endlich! Das Wasser ist
ganz nah, was ist denn ein läppisches Dreimeter-Brett?! -
    Frau
Rubin-Enderle zündete sich eine neue Zigarette an. In zwei Stunden würde sie
nach Hause fahren und da wartete ihr Mann schon auf das Geräusch ihres Wagens,
hinter der Gardine am Küchenfenster, mit dem Zeigefinger auf das Zifferblatt
seiner Uhr hämmernd. Denn wahrscheinlich wäre sie wieder zu spät, weil sie den
Augenblick durch ein, zwei Zigaretten an der Straßenecke hinausgezögert hätte,
drei Straßen vor ihrem Haus geparkt, den Kopf fest an die Kopfstütze gelehnt, als
würde sie ihr inneren Halt verleihen. Hatte sie nicht auch allen Grund, sich
wie ihr Mann frühpensionieren zu lassen, bei all dem Stress und den
Anforderungen, die immer mehr wurden? Oder die arme Elfie Maier-Rehfisch mit
ihrer – was war das noch ? – Stinkeallergie? Kämpfte die nicht seit Jahren,
Gutachten über Gutachten, bei der Schulbehörde für die Anerkennung ihres
Leidens? Welche Fäden hatte ihr Mann nur gezogen, dass man ihm glaubte, dass
sein nervöses Augenzucken Symptom eines schweren psychischen Schadens war,
hervorgerufen durch die Pein jahrelanger Schulhofaufsicht während der großen
Pausen? Bei Wind und Wetter! Man hatte ihn einfach durchgewunken, ab nach
Hause, schrecklich, wie er da saß, den lieben langen Tag auf dem bunten
Ikea-Sofa und Kampfflugzeuge zusammenleimte. So schrecklich, dass Frau
Rubin-Enderle Lust bekam, durch das Haus zu rennen und die Flugzeugmodelle von
den Decken zu reißen, sie aus den Vitrinen zu kippen und von den Kommoden zu
fegen und.... heftiges Gepolter, Geschrei und Gelächter von der Reckgruppe!
    Frau
Rubin-Enderle entspannte ihre geballten Fäuste und sah hinüber. Außer
buntscheckigen Mädchenbeinen und –rücken konnte sie aus der Tiefe ihres
Strandstuhls nichts erkennen, und so musste sie sich wohl oder übel seufzend hochhieven. Stress!
    »Macht
mal Platz, Mädchen, Platz da, was ist hier los?«
    Die
Monsterqualle hing wie eine schwebende Jungfrau im Zirkus horizontal in der
Luft, die Hände klammerten sich über ihrem Kopf an die Reckstange, während
'Hilfestütz' Susanne mit wackelnden Knien ihre Finger in den
Monsterquallenhintern bohrte, so dass es aussah, als ob ihre Beine gleich
durchknickten wie angebrannte Streichhölzer. Carmen und Monika waren ihr zu
Hilfe geeilt und hatten sich, halb unter ihr, halb daneben, in den

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