Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
bewundernd auf die Schulter.
»Du bist ein echter
Westmann, kennst dich mit der Natur aus!«
»Naja, ich lebe seit
über fünfzehn... ouch!«
Frau Weinwurms
Fingernägel krallten sich in sein Schlüsselbein, ihr Kopf schnellte nach vorn
und stieß gegen die Windschutzscheibe, über die der Scheibenwischer bedächtig
schlierte.
»Da, da sieh nur !
Dort drüben! Über dem Berg mit der Zickzack-Linie! Siehst du?«
Bernardo beugte sich
vor und kniff die Augen zusammen. Das Wasser rann in Schlieren die Scheibe
hinunter, er konnte kaum etwas erkennen. Von blutroten Fetzen durchzogene
Wolkenwirbel drehten sich über den fernen Gipfeln, tanzten und schlingerten wie
kleine Tornados, schwarze Schatten huschten über den Himmel, verdichteten sich,
fielen auseinander.
»Die Ghost Riders !
Die Ghost Riders , die die höllische Rinderherde bis in alle Ewigkeit
treiben müssen! Sieh doch nur, ganz deutlich! Die feuerlodernden Nüstern, die
erschöpften, abgerissenen Cowboys! Die über Rudis Trailerdach stampfen!«
Frau Weinwurms Fäuste
trommelten auf die Ablage und Bernardo riss die Augen auf. Seine Brust verengte
sich und er atmete stoßweise.
»Da, DA HINTEN! Über
der Felskuppe, da jagen sie, halleluja, madre mia, ich sehe sie auch, ich sehe
sie auch! Dios me libre! Sie haben Recht, da sind sie, die... Ghost Riders!«
Dios me libre !
Sonnenstrahlen
brachen durch die Wolken, die sich wie in einem Zeitraffer auflösten.
Die Regentropfen auf den
Sukkulenten glitzerten, der Boden hatte die Feuchtigkeit so schnell aufgesogen,
dass er unberührt und ausgetrocknet schien.
Frau Weinwurm ließ
das Fenster hinab und lehnte sich weit hinaus.
Nichts bewegte sich
mehr, die Luft strömte frisch und klar ins Fahrerhaus.
Wortlos ließ Bernardo
den Motor an und rumpelte langsam durch die Fuhrt auf die Straße zurück. Obwohl
kein anderer Wagen zu sehen war, blinkte er brav und bog zögerlich auf den
Highway ein.
Sie
fuhren eine Weile schweigend, dann sah Bernardo zu Frau Weinwurm. Er schluckte
den Kloß in seinem Hals hinunter, räusperte sich und begann mit brüchiger
Stimme zu singen:
» An
old cowpoke went ridin' out one cold and windy day
Upon
a ridge he rested as he went along his way
When
all at once a might heard of red-eyed cows he saw
Went
plowin' through the ragged skies and up a cloudy draw
Their
bands were still on fire hooves were made of steel
Their
horns were black and shinny and their hot breath he could feel
A
bull of fear went through him as they thundered through the sky
For
he saw the riders coming hard and he heard their mournful cry
Yippy
yi ya yippy yi yo ghost riders in the sky
Yippy
yi ya yippy yi yo!”
Bildet eine Wagenburg!
Der Herbst überzog das
Kaff mit wochenlangem Nieselregen, Nebel und klammer Kälte. Eleonore versank in
den Feldern so tief im Matsch, dass sie Mühe hatte, ihre Pfoten von dem
klumpigen Morast zu befreien, aber auch das schien sie nur, wie fast alles was
sich außerhalb des Kraus-Hilfskötterschen Hauses abspielte, köstlich zu
amüsieren. Vor lauter Dankbarkeit und Lebenslust warf sie sich gegen die Beine
ihrer Begleiterinnen, freute sich, wenn die Mädchen quietschend
auseinanderspritzten.
Fast täglich
begleitete Liliane Ivonne nun auf ihrem mittäglichen Hundespaziergang, und
Terese saß bei Frau Kraus-Hilfskötter am Küchentisch und seufzte, wenn die
Haustür zuschlug und sie vom Fenster aus zusah, wie die Mädchen und der
aufgeregte Hund zum Gartentor liefen. »Sehen Sie sich das an, Renate! Sie
reicht ihr nicht mal bis zur Schulter und wenn sie vor meiner Kleinen geht,
kann man kein Zipfelchen von ihr erahnen! Gerade, die Schultern, Ivonne,
gerade, als ob ihr das nicht im Ballettunterricht beigebracht worden wäre!«
Terese stülpte ihre
Lippen nach außen, damit der Rand der Kaffeetasse nicht ihre frische
Korallenlippenfarbe verschmierte. Ballett! Eistanz! Turnen! Und jedes Mal,
früher oder später, der Anruf der Trainerin, dass sie bitte ihre Tochter
abholen möge, und sie fuhr los und fand ihre Tochter schlafend unter der
Ballettsange, schlafend auf der Zuschauertribüne des Eisstadions, schlafend im
Umkleideraum der Turnhalle, eingekuschelt in eine dicke Lage aus Mänteln und
Schals.
»Und dieses Mädchen!
Ich bin ja immer dafür, dass man keine Unterschiede macht, weiß der Himmel,
fürs spanische Hofzeremoniell bin ich wirklich nicht, aber man merkt halt
schon, dass dies Kind aus... wie sag ich schon... eher schlichten Verhältnissen
kommt,
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