Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
Pfützen und den
Matsch, in dem sich ein Knäuel aus Männerbeinen und -armen wälzte, Trinker und
Randalierer und Zechpreller, vom Sheriff lautstark aus dem Saloon bugsiert und
zwischen den angeleinten Pferden in den Schmutz geworfen!
»Unterirdische
Bewässerung, ein ausgeklügeltes System, das Studenten von der Millern Tech
entworfen haben.« Bernardos Augen blitzten. »Eines Tages, wenn ich genug
zusammen habe, will ich auch noch studieren, das steht fest, es muss toll sein,
ein Ingenieur zu sein, Brücken zu bauen, Stauseen, Bewässerungsanlagen, man
kommt rum dabei, kann von Ort zu Ort ziehen ... und muss nicht hinter dem
Empfangstresen eines drittklassigen Motels im Nirgendwo versauern, und... Mrs.
Vineworm, what’s the matter?«
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»Mrs. Vineworm?«
Frau Weinwurm
umschlang einen Holzpfosten, was sollte das sein, ein Totempfahl?, und deutete
mit dem Kinn zur Tränke und den Pferden vor dem Saloon.
»Hast du das
bemerkt?«
»Was?«
»Die Pferde. Die
Pferde an der Tränke. Sie bewegen sich nicht. Leute fallen zwischen ihnen auf
die Straße, rempeln sie böse an, Pistolenschüsse, Schreien, und sie bewegen
sich nicht! Zucken nur ein bisschen mit den Ohren, stampfen mit dem Huf auf!
Sie trinken nicht einmal.«
»Ja, klar.«, meinte
Bernardo und zuckte mit den Achseln. »Die machen doch den ganzen Tag dieses
Spektakel mit, da muss man ihnen was verabreichen.«
»Was verabreichen ?«
»Keine Ahnung,
irgendein Beruhigungsmittel, schätze ich... Mrs. Vineworm! Ma’am? Wo rennen Sie
hin? Hallo? Warten Sie, so warten Sie doch!«
Bernardo sprang von
der Veranda auf die aufgeweichte Straße und stolperte hinter Frau Weinwurm her,
die mit rudernden Armen durch den Schlamm stapfte, rannte, knöcheltief
versanken Stiefel und Sporen, doch sie trieb vorwärts, gestikulierend. Am
Ausgang der Westernstadt hatte er sie eingeholt und packte ihren Arm. Die
langen Wülste unter ihrem Blusenärmel waren hart und knotig und Bernardo
spürte, dass sie wie Ackerfurchen dicht an dicht lagen, doch er ließ nicht los,
obwohl sich Frau Weinwurm wand, ihre Faust sich zusammenkrampfte gegen ihren
Magen und ihr aufgewühltes Gemüt ihr zusätzliche Kräfte verlieh!
»Das ... DAS stimmt
alles nicht, Bernardo, oh, es tut mir leid, du hast es so lieb gemeint ... und
nun das, aber siehst du ... nicht, dass .... DAS es verdreht ist, nicht
richtig? Und die Pferde! Die Pferdchen, die schönen Pferd... chen ... wie
Mustangs in den Bergen... galoppieren...«
Ein unkontrolliertes
Schluchzen ließ Frau Weinwurm erbeben, und ein kleines dickes Mädchen, das auf
den Schultern ihres Vaters in die Westernstadt getragen wurde, drehte sich um
und schob sich den Daumen in den Mund, winkte mit der anderen Hand mitleidig
auf das traurige, immense Wesen hinab.
Schüchtern rieb
Bernardos Hand über Frau Weinwurms Rücken, beruhigend wie einst bei seiner
kleinen Schwester, als sie Masern und so hohes Fieber gehabt hatte, dass sie
keuchend durch den zarten Kindermund atmete und hypnotisiert mit glasigen Augen
auf jede seiner Bewegungen geachtet hatte, bis sie sich entspannte.
»Sie haben ja Recht!«
Bernardo tat einen Schritt zur Seite, als die Postkutsche rasselnd an
ihnen vorbeiraste. Neben dem Kutscher saß ein großer, breiter Mann in geringeltem
Poloshirt und einer umgedrehten Orioles-Mütze, ein Plastikrucksack rutschte auf
seinem Bauch hin und her, während er sich mit der einen Hand festhielt und mit
der anderen versuchte, die Kamera an seinem Auge zu justieren.
Yaaaahooooo !!
»Sie haben ja recht«,
wiederholte Bernardo und spürte, wie das Zittern in Frau Weinwurms Körper
langsam nachließ. »Ich hab eine viel bessere Idee, nein, schauen Sie mich bitte
nicht so skeptisch an und bitte, bitte, nicht weinen, hier ist ein Tempo,
ich... kann... niemanden weinen sehen... das ist zu schrecklich, also, ich hab
wirklich eine tolle Idee, ich schwöre es. Das wird Ihnen gefallen!«
»Bestimmt? Und...
und... meinem Daddy auch?«
»Ihrem Daddy auch, dafür garantiere ich.«
» Lay
that pistol down, Ivonne
Lay
that pistol down.
Pistol
packin Ivonne
Lay that pistol down! «
»Hörst du das Echo?«
Frau Weinwurm legte
eine Hand hinter ihr Ohr und lächelte verschmitzt. Zwei zarte Grübchen bildeten
sich unter ihren Sommersprossenwangen und Bernardo war versucht, einen Finger
auszustrecken und die weiche Vertiefung zu berühren.
»Nicht zu überhören.
Sehen Sie mal!«, sagte er stattdessen. »Sie haben einen Habicht aufgeschreckt!«
»Oh,
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