Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
ausgingen, dass die wirklich dunklen
Geheimnisse von Herrn Piskunov in eben diesen Fächern lagern mussten. Sie
wussten allerdings beide, dass sie sich nicht trauen würden, sie aufzubrechen
und den Feind so auf ihre Spur kommen zu lassen.
»Der Tag wird kommen,
an dem wir es tun!«, schwor Liliane und hob die Faust. Auch Ivonne hob sie
feierlich und sie nickten sich bedeutungsvoll zu.
»Wir müssen
vorsichtig sein, Ivonne, du hast es selbst gesehen! Mein Stiefvater ist nicht
nur ein harmloser Wüterich, er hat gefährliche Waffen und treibt merkwürdige
Dinge hier oben in seiner Klause, er ist total meschugge! Stell dir vor, er
verliert wie heute Abend wegen der ollen Barbie die Nerven und holt dann eine
seiner Knarren? Was passiert dann? Mit Thommy und Martin, mit Mutti? Mit mir?
Wir müssen ihn stoppen, schwör mir, dass du mir hilfst!«
Eine eiskalte Hand
krampfte sich um Ivonnes Herz und sie sah in Lilianes schmale, tränenfeuchte
Augen. WAGENBURG! Schnell, Leute, eine Wagenburg! Und dann heizen wir den
Rothäuten ein, wir haben noch mehr zu bieten als ein paar Playmobil-Cowboys!
Ivonne reckte beide
Fäuste in die Luft und ihre Brust weitete sich wie die von Dog Warrior.
»Liliane. Ich
schwöre!«
Angstgeweitete Leopardennasen
» Noch mal? Noch
ein Rancho-Frühstück? Das ist Ihr drittes, wow, das hat noch keiner geschafft,
kein einziger Typ und schon gar keine… Frau… ?«
Die mollige,
rotgelockte Bedienung klemmte ihren Bleistift hinters Ohr und nickte Frau
Weinwurm anerkennend zu, die sich zufrieden ihren Bauch unter dem Jeanslatz
rieb.
»Da geht noch was
rein, my dear young Lady! Gleich muss ich mein Pferd satteln, habe heute noch
einen hübschen Marsch vor mir und Stärkung ist notwendig.«
»Puh, bei der Hitze
wollen Sie durch die Gegend laufen? Da passen Sie mal schön auf, dass sie
keinen Sonnenstich bekommen, mit ihrer hellen Haut und alles! Aaalf!« ,
schrie sie in Richtung der Durchreiche. »Noch ein Rancho für die Lady an Tisch
Fünf!«
An der Theke kauerten
die Rücken älterer, stummer Männer in Karohemden und in den Nacken geschobener
Cowboyhüten. Sie starrten auf ihre Zeitung, auf die brutzelnde Bratplatte,
hatten eine Hand in ihre Gürtel gehakt und sahen kaum hoch, wenn Hettie ihnen
Kaffee nachschenkte, doch nun wandten sich mehrere Köpfe gleichzeitig zu Tisch
Fünf und ein dumpfes Gemurmel hob an wie das Geräusch eines fernen,
unterirdischen Wasserlaufs.
Frau Weinwurm
lächelte freundlich, rutschte nach hinten und breitete ihre Arme auf der
weichen Plastiklehne aus. Draußen rumpelte ein Müllwagen vorbei, ein rostiger
Pick-up parkte zockelnd vor Alf Penkatzki’s und ein kleiner,
rotgesichtiger Junge mit Hornbrille, die ihm von der Nase rutschte, schleppte
ein Cello über die flirrende Straße. Ihr Blick folgte dem Jungen, bis das Cello
um die Straßenecke verschwunden war, und verlor sich dann in der Ferne.
Die Fünf, die
Fünf, die Super-Duper-Fünf!
Sie hatte, damals, in
ihrem anderen Leben, das kleine silberne Dreiecksschild hochgehoben und dem
Kellner mit dem schütteren Haar dicht unter die Nase gehalten.
»Bin ich das? Gast
Fünf? Wozu dienen diese Schilder, mein Herr?«
»Nun, gnädige Frau,
wir nummerieren die Tische durch, so ist es einfacher, die Bestellungen
zuzuordnen, nicht wahr?« Der Kellner zog die Lippen zu einem mechanischen
Lächeln auseinander und entblößte eine Reihe schimmernd weißer Zähne, die wie
kleine angespitzte Pfeiler aussahen.
»Ach?« Versonnen
zeichnete Frau Weinwurms Finger eine Fünf auf den Bistrotisch. »So ist das
also! Wissen Sie, ich gehe nie zum Essen in ein Lokal zu Hause in Bütte-Erkenroytz,
auch nicht in ein Kaffeehaus oder ähnliches, nur mal in die Kantine bei Dr.
Mahler’s Babynahrung, aber eher selten, weil die Soßen immer so schwer sind und
dann sitzt man später in seinem Büro und kann sich an keine einziges
Reisekostenrichtlinie erinnern und die Zahlen auf den Belegen tanzen einen
wilden Reigen. Nicht mit mir! Und deshalb ist es so lustig, dass ich jetzt hier
sitze, meine erste Reise in über zwanzig Jahren – ja, da staunen Sie, ich sehe
es Ihnen an! – und dies Mal, denke ich mir, machst du mal richtig Urlaub und
gehst in ein Café auf der Kö, so wie es sich gehört, und was passiert? Ich
lande an Tisch FÜNF, alldieweil...«
Und Frau Weinwurm war
versucht, den Kellner am Ärmel zu packen und zu schütteln, denn was stand er
denn so steif und teilnahmslos da und bleckte nur seine Zähne!
»Alldieweil
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