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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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dem Lichtschalter aus, runzelte die Stirn, rollte mit den Augen, zuckte
die Schultern und stieg, den Blick geradeaus gerichtet, die Treppe hinunter.
Vor der entscheidenden Stelle blieb Ivonne automatisch wie gebannt stehen und
sah auf die Stelle, an der ihre Füße hätten sein müssen, doch sie konnte nur
grünen Sofastoff erkennen. Ihre Schienbeine berührten vorsichtig die Schnur,
die sich über der Stufe spannte.
    »Aus,
aus, aus!«, schrie Liliane und fuchtelte mit den Armen in der Luft wie ein
gestresster Hollywoodregisseur. »Wieso bleibst du stehen? Warum sollte Hubbsi
ausgerechnet da stehen bleiben?«
    »Weil
hier eine Schnur ist! Darum.«
    »Und
woher soll er das wissen?«
    »Er
kann es nicht wissen. Aber ich weiß es! Ich kann doch nicht einfach
weitergehen und stolpern!«
    »Sondern?«
    »So
tun als ob!«
    »Wo
ist da der Unterschied?«
    »Ich
bleibe lieber stehen und dann setze ich mich hin und rutsche die Treppe runter.
Wenn ich in Echt und nicht in Spiel falle, dann tue ich mir doch womöglich
was!«
    »Dazu
sind doch die Kissen da, Mensch! Dir wird doch nichts passieren mit so einer
Polsterung, zusätzlich zu deiner sonstigen Polsterung!«
    Lilianes
Hausschuh klopfte nervös auf den Boden; Ivonne hörte es und traute sich nicht,
sich umzudrehen, sondern wartete lieber, bis sie nachgab und zu ihrem Rücken
hinunterrief.
    »Also
schön.«, meinte sie schließlich ergeben. »Mach es wie du willst, Hauptsache,
Hubbsi macht es richtig!«
    Ivonne
hangelte sich rückwärts die Treppe hinauf und spielte die Szene ab dem
Lichtschalter-Part von neuem. Fröhlich pfeifend watschelte sie an die prekäre
Stelle, blieb, um Liliane entgegenzukommen, nicht allzu lange regungslos
stehen, ging wankend in die Hocke und legte sich zusammengeballt wie ein Embryo
auf die glatte Stufe. Tief einatmend schloss sie die Augen und stieß sich
vorsichtig mit einer Hand ab.
    Viel
langsamer, als sie erwartet hatte, rollte sie die Treppe hinunter, oh, so wie
früher, Wiesenhügel hinab, stundenlang, Grasduft und heiße Sonne, denn sie war
ein mutiger Pionier, der sich in einem Fass durch die Stromschnellen des
Mississippi treiben ließ! Die Arme fest an den Körper, die Beine an den
Kissenbauch gepresst, den Kopf schildkrötengleich eingezogen, das Rumpeln und
Drehen bis ins Innerste vibrierend und tönend, dann schneller und schneller
werdend! Die Holzgriffe des Springseils krachten und donnerten und drückten
sich bei jeder Drehung schmerzhaft in ihre rechte Seite, so dass Ivonne nichts
mehr wahrnahm als gepeinigte Rippen und einen heftigen Schwindel im Kopf.
    »Auaaaaah!«
    Heftig
prallte sie mit der Schulter gegen die Kellertür und öffnete vorsichtig ein
Auge. Die rasante Fahrt war beendet. Ivonne setzte sich auf und rieb sich den
Nacken, schüttelte benommen den Kopf, in dem ein Karussell klingelnd und
rasselnd weiterfuhr.
    »Super,
super, super!«, schrie Liliane und polterte zu ihr hinab, die Hände zu Fäusten
geballt. »Das war einmalig, sah unglaublich professionell aus, ein Niki Lauda
der Treppe!«  
    Sie
kniete neben Ivonne und wollte sich über deren betäubten Gesichtsausdruck
ausschütten vor Lachen.
    »Es
gibt nur ein Problem: Die Schnur ist bei deiner ersten, aller winzigsten
Bewegung sofort gerissen, ich hab’s genau gesehen, wir brauchen also was
stärkeres, vielleicht Draht oder so. Lass es uns noch mal mit Draht probieren!«
    Uns? ,
dachte Ivonne, und rappelte sich hoch. Ihre rechte Seite schmerzte, als habe
man sie mit einem Vorschlaghammer bearbeitet.
    »Komm
schon, keine Müdigkeit vorschützen!«
    Liliane
raste wieder hinauf und machte sich in der Abstellkammer neben ihrem Zimmer auf
die Suche nach einem passenderen Fallstrick.
    »Uff.«
 
    Wie
eine alte, schwer gebeutelte Frau stützte sich Ivonne mit ihrem gesamten
Gewicht auf das Geländer und humpelte langsam hinterher, bereit, sich an diesem
Nachmittag noch einige Male probehalber an Hubbsis Stelle zu begeben, unter der
Bedingung, und das machte sie Liliane nachdrücklich klar, dass sie doch noch
ein Bier bekäme, um ihre Sinneswahrnehmungen einzulullen und die Stürze
erträglicher zu machen.

Goldschimmer auf Elfenbein
    Die
Leopardendame verstaute die Champagnerflasche in ihrer Krokotasche und zog den
goldenen Reisverschluss zu, während sie aus dem dämmrigen Licht der Bar in den
heller beleuchteten, kleinen Gastraum trat. Frau Weinwurm hatte das Geld für
ihren Champagner aus ihrer verschlissenen Börse gekramt und auf den Tisch
gelegt, kein

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