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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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Trinkgeld, oh nein, hier musste sie knausern, denn der Kellner
hatte sie gemustert, als hätte sie Lepra oder eine andere ansteckende
Krankheit, und, das hatte sie genau gesehen!, mit dem Mann hinter der Bar
getuschelt und albern gekichert.
    Sie
rutschte mit der Waffe in der Hand von ihrem Bistrohocker und trat mit
gesenktem, sehr unschuldigem Blick ein Stück zur Seite um die Leopardendame
vorbeigehen zu lassen, doch – was war das? – Frau Weinwurm sah, wie die
lackledernen, zierlichen Pumps in ihr Blickfeld rückten, nicht aber
vorüberklackerten sondern unschlüssig verharrten. Eine zögerliche, helle
Stimme.
    »Ivonne? Ivonne? «
    Frau
Weinwurm hob den Kopf, denn niemand kannte ihren Vornamen, bei »Dr. Mahler’s
Babynahrung« war sie der Reisekosten-Wurm, auf ihrem Klingelschild stand
Weinwurm, I., im Telefonbuch war sie nicht zu finden. Selbst Herbert Matuschke
hatte sie nur Frau Weinwurm genannt, weil sie darauf bestanden hatte, und nur
Terese benutzte noch ihren Vornamen, obwohl Frau Weinwurm es ihr schon damals
verboten hatte, als sie an Tereses Krankenbett saß und krampfhaft die gelben
Finger ihrer Mutter betrachtete, die ruhelos über die Decke strichen. Doch
weder die erwachsene Frau Weinwurm noch die kleine Ivonne, nach der Terese
wieder und wieder rief, konnten sich überwinden, die Finger zu berühren, zu
beruhigen, und es war eine Erleichterung, als diese Hand endlich still ruhte
und Tereses Gesicht zur Totenmaske erstarrt war.
    »Ivonne,
du liebe Zeit, ist es denn möglich? Nach all den Jahren?«
    Frau
Weinwurm betrachtete langsam das herzförmige, strahlende Gesicht, die hohen
Wangenknochen und die tief liegenden blitzenden Augen, die vollen roten Lippen,
die zierlich gestrichelten Brauen, die sich erwartungsvoll hoben, doch die
Einzelheiten ergaben keinen Sinn, es existierte keine Erinnerung an die
Leopardenfrau, und wo hätte sie eine solch elegante Dame schon kennenlernen
können?
    »Ich
hätte dich überall wiedererkannt, obwohl du…« Und die Frau lächelte schelmisch
und strich sich eine Strähne ihres langen, seidigen Haares aus der Stirn, »seit
unserem Training wieder ordentlich zugelegt hast, stimmt’s?«
    Frau Weinwurms Faust umschloss
den Kaugummiwürfel in ihrer Tasche und ihre Finger drückten fest zu.
    »Oh,
das ist aber...«
    »Totschick,
nicht? Direkt vom Aufzug ins Penthouse, nicht ganz billig, der Schuppen, aber
da lässt sich mein holder Gatte nicht lumpen. ‚Baby’, sagt er, ‚eine Wohnung
darf nicht nur eine Wohnung, sie muss ein Heim sein.’ Und Recht hat er, ich
sehe es ganz genauso.«
    Frau
Weinwurms Gummisohlen quietschten über den schimmernden Marmorboden, während
Liliane klackernd vorauseilte, den Leoparden nachlässig auf eine brokatbezogene
Bank in der Diele warf, rasch ihr Aussehen in einem Spiegel überprüfte, der so
groß war, staunte Frau Weinwurm, dass auch ihr Spiegelbild darin Platz fand.
    »Nimm
dir von dort aus dem Sack ein paar Gästepantoffeln, der Boden ist sehr
empfindlich! Pass auf, jetzt kommt das Beste an der Bude!«
    Hinter
einer langgestreckten Bar, in der bequem eine Fußballmannschaft mit Anhang und
Fans ihren Sieg gemeinsam mit der gegnerischen Fußballmannschaft und deren
Anhang und Fans hätte feiern können, lag das Wohnzimmer mit zahlreichen
Sitzlandschaften, einem mannshohen Kamin und einer breiten
Panoramafensterfront, die einen atemberaubenden Blick über den Rhein und die
Stadt boten. Die untergehende Sonne warf blutrote Streifen über die
cremefarbenen Möbel und farbenfrohen Teppiche - »Echt indigen, Ivonne, knorke,
nicht?« – und Frau Weinwurm schlurfte in ihren übergroßen Gästepantoffeln
magisch angezogen zu der Sesselgruppierung vor dem Kamin. Sie deutete auf die
gebogenen Tischbeine. die eine enorme Glasplatte trugen, auf der mehrere
Bildbände über Afrika und Südamerika drapiert waren. Sie ging in die Knie und
strich über die glatte, lackierte Oberfläche der Tischbeine.
    »Ist
das Elfenbein?«
    »Ja,
irre, hat mein holder Gatte irgendeinem Typen in Kenia abgeluchst, ist ja
eigentlich verboten, Schmuggel und so weiter, aber für so was hat mein Gatte einen
Riecher und ich sag zu ihm: ‚Mach was du willst, Honey, aber wie du die Dinger
nach Deutschland bringst, ist dein Bier, halt mich da bitte raus.’ Frag mich
nicht, wie er es geschafft hat, diese Kawenzmänner hierherzuschaffen, aber sie
sind hier, und die Idee mit dem Tisch ist von mir, für die Deko bin ich
zuständig, hatte ich ja immer schon ein

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