Die Ewigen
Jack wahrscheinlich weit weg, an einen Ort, der einsamer nicht sein konnte. Ich suchte auf meinem MP3-Player das Lied, zu dem Jo mit Shara getanzt hatte: Shara hatte mir als kleine Rache für meine Sticheleien über ihren miesen Musikgeschmack alle ihre Lieder überspielt und ich hatte geschimpft, weil ich sie durchweg scheußlich fand - jetzt war ich ihr verspätet dankbar dafür und legte mich mit dem seltsamen Hiphop-Walzer in den Ohren auf mein Bett.
Shara Es war erst neun Uhr, als ich in Jacksons Zimmer im grauen Haus die Vorhänge schloss, und er aus den von Maggie hektisch gepackten Sachen eine Schlafanzughose für sich und das passende Hemd für mich heraus suchte. Morgen mussten wir um halb fünf wieder raus: Ich sollte um sechs Uhr an Shanes Bett sitzen, damit der so schnell wie möglich aus dem Krankenhaus kam - und damit auch weg aus Manzinis Einflussbereich, weg von Manzinis Fragen. Es war keine besonders schlaue Entscheidung von Ciaran gewesen, ins Krankenhaus zu fahren und sich Manzini zu stellen, fand ich, aber jetzt war es nicht mehr zu ändern, jetzt mussten wir versuchen, den Ball flach zu halten, und die Fragen leise.
Ich duschte und putzte mir die Zähne, dann hockte ich mich auf Jacksons Bett. Ich rechnete nicht damit, schnell einschlafen zu können, was angesichts der unchristlichen Weckzeit morgen mehr als nötig gewesen wäre: Der Tag war viel zu hektisch, viel zu schockierend gewesen, um nun einfach so die Augen schließen zu können.
"Mir ist heute im Krankenhaus etwas Komisches aufgefallen, als ich mit so vielen Händchen halten musste", sagte ich, während Jackson weitere Kleidungsstücke aus der Tasche holte und in den Schrank legte.
Er war der Ordentlichere von uns beiden, daher ich überließ ihm das Auspacken nur zu gern: Seitdem er mit in mein Zimmer in der Burg wohnte, fand ich sogar in den unzähligen Schubladen und Türen des Ankleidezimmers auf Anhieb, was ich suchte.
"Ich habe ein paar Mal das Gefühl gehabt, dass ich spüren kann, was die Person, die ich berühre, empfindet", fuhr ich fort. "Allerdings nur, wenn sie bei Bewusstsein ist, bei Shane hat das nicht funktioniert."
Jackson schwieg weiterhin und begann nun, meine Tasche auszupacken, aber ich wollte eine Reaktion.
"Bitte sag was. Klingt das nicht total bescheuert?"
Er hängte den Ledermantel in den Schrank - das verdammte Ding hatte mich getreulich von Rom zur Burg und zurückbegleitet, dabei hatte ich ihn noch nicht einmal getragen. Erst hatte Magnus ihn mir wieder in den Schrank getan, jetzt hatte Maggie ihn eingepackt - morgen ziehst du ihn endlich an, sagte ich mir, kühl genug ist es ja.
"Nein, nicht aus deinem Mund", antwortete Jackson schlicht auf meine Frage. "Was genau hast du gespürt?"
Ich rutschte zurück und lehnte mich an die Wand, zog die Beine an und wickelte mir die Decke um die Füße: Warum war es in Rom eigentlich immer kalt und regnerisch, wenn ich da war?
"Unterschiedlich - aber es hatte immer mit mir zu tun. Es war nie deutlich, nur so ein unterschwelliges Gefühl. Ein ... eine Ahnung, nichts wirklich Greifbares."
Jackson ließ die Tasche stehen und setzte sich neben mich, ergriff meine Hand. "Spürst du jetzt was?"
Ich lauschte in ihn hinein. "Ja, ein bisschen - und bei dir ist es noch am stärksten und klarsten. Du liebst mich, du verehrst mich, du begehrst mich, du hast Angst um mich. Alles zusammen und noch mehr, aber alles durcheinander. Fühlt sich an wie ... Wassertropfen - viele, viele Wassertropfen. Wie im Regen oder unter einer Dusche. Ich kann ein paar ganz kurz einzeln sehen, aber es sind zu viele, um sie zu zählen oder klar zu erkennen, und jeder ist ein Gefühl."
"Und bei anderen?"
Ich erinnerte mich an die Abfolge der Hände heute im Krankenhaus. "Magnus ... hat mich sehr gern, aber anders als du. Milder. Freundschaftlich. Bei ihm war es aber auch eine richtige Dusche. Ciaran hab ich zu kurz berührt - ich hab nur einen Hauch Sorge erwischt, väterliche Fürsorge." Ich zögerte. "Bei Gerard war es völlig anders. Ein Begehren - sexuell. Sehr unangenehm und gierig, als wäre ... die Duschbrause auf einen einzigen, scharfen Strahl eingestellt, der sich auf der Haut schneidend anfühlt. Bei ihm gab es auch nur dieses eine Gefühl, nichts anderes." Ich zuckte hilflos mit den Achseln, fühlte die Unzulänglichkeit meiner Worte: Irgendwie war es unmöglich, etwas auszusprechen, was man nicht dachte, sondern nur empfand. Nein, es war noch komplizierter: Ich hatte gefühlt,
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