Die Ewigen
Bettwäsche, draußen rauschte mal wieder der altbekannte römische Regen hinunter - ich schloss die Augen.
"Mir wäre wohler, wenn du in den nächsten Tagen im Haus bleiben würdest", sagte Jackson nach ein paar Minuten leise. "Wenn wir Giuseppe laufen lassen, kann wer weiß was passieren ... Wir können nie ganz voraussehen, was geschehen wird, und du darfst nicht in Gefahr geraten."
Ich öffnete die Augen und starrte in die Dunkelheit, frustriert und dieser 'Shara muss drinnen bleiben'-Diskussion entsetzlich müde. Das Thema würde wohl unser ständiger Begleiter bleiben - und als es das letzte Mal auf dem Tisch gelegen hatte, waren wir im Streit auseinandergegangen. Das wollte ich nicht schon wieder, wusste ich doch auch, dass Jackson dies aus Sorge und Liebe sagte, aber trotzdem: Nicht rausgehen war dasselbe wie im goldenen Käfig hocken und gelangweilt auf der Stange schaukeln.
"Ich muss aber morgen zu Shane", sagte ich - ein praktischer Einwand, gegen den Jackson nichts sagen konnte, aber ich wollte ihn auch an meiner Erkenntnis über meine neue Selbstdefinition teilhaben lassen. "Wenn ich bei Joseph gewesen wäre, würde er vielleicht noch leben", fügte ich daher hinzu. "Ich werde vorsichtig sein, das verspreche ich - aber ich werde nicht zulassen, dass noch jemand von euch stirbt oder verletzt wird. Ich muss sein, wo ihr seid."
Nach ein paar zögernden Sekunden spürte ich Jacksons Nicken, damit war das Thema beendet - für heute, mehr Hoffnungen machte ich mir da nicht.
Jackson spielte mit meinen Haaren, bis ich einschlief. Ich träumte in dieser Nacht von Joseph: von seinen langen Zöpfen mit den roten Perlen, von seinen blendend weißen Zähnen, strahlend in seiner schönen, braunen Haut. Von seinem skeptischen Gesichtsausdruck bei unserer ersten Begegnung in der Krypta der Schwertkirche, von seinem Lachen und seinen frechen Sprüchen, als er feststellte, dass mir die Musik gefiel, die er hörte - und natürlich an einen seltsamen Walzer, zu dem er mich aufgefordert hatte, als Josie hatte überprüfen wollen, ob ich für den Hochzeitstanz noch Nachhilfe brauchte. Ich wurde wach, als mir im Schlaf von meinen erträumten Pirouetten schwindelig wurde, und zu meiner Erleichterung stellte ich fest, dass Jackson mit offenen Augen neben mir lag: Zu zweit war Trauer leichter zu ertragen, auch wenn man gar nicht redete, sondern nur miteinander auf den Morgen wartete.
4.2 Magnus Shara brachte Shane am nächsten Tag gegen ein Uhr mittags nach Hause. Seine Körperhaltung erinnerte mich an unsere Prinzessin selbst, am Tag nach Drakes Angriff: Sehr aufrecht, mit langsamen, den Schmerz beherrschenden Bewegungen und einem zögernden, ein wenig unfreiwilligen Lächeln, dass unverfälschte Verwunderung angesichts der über Gebühr verlängerten Existenz auf dieser schönen Erde ausdrückte.
Shane war schon bei Jo gewesen, als er mit Josie zu Jack, Nikita und mir in die Küche kam, wir umarmten ihn und wiesen seinen leisen Dank zurück. Jack fragte die beiden, wo Shara sei: Mit Ciaran bei Andreas oben, sagte Josie, wegen des Arztes. Ich sah, dass Jack schon den Mund zur nächsten, nahe liegenden Frage öffnete, doch dann ließ er Shane und Josie gehen - die beiden brauchten Zeit für sich, außerdem konnte Shara Jacks Frage doch so viel besser beantworten.
"Ich bin oben", sagte er, aber ich folgte ihm, als er die Treppe zur Bibliothek hinauf lief: Ehemann hin oder her, wenn es um Ordensdinge ging, hatte er nicht mehr oder weniger Rechte als ich, zumindest war mir von einer Beförderung Jacks zum Kronprinzen nichts bekannt.
Scheinbar dachte Nikita das Gleiche, denn er folgte mir auf dem Fuße. In der Halle stand die Haustür auf: Peter, Ffion, Michael und Lucia waren an diesem Morgen mit Shara im Krankenhaus gewesen - sie saßen nun auf der Schwelle und rauchten, jeweils eine Dose Cola Light in der Hand. Ich hätte beinahe gelacht: Shara hatte ein paar kleine Laster in unser Leben gebracht, und wir übernahmen sie willig, vorgeblich zu medizinischen Zwecken.
Shara hockte seitlich auf der Platte des Arbeitstisches in der Bibliothek, Ciaran stand neben ihr, Andreas lehnte an einem der Regale. Sie trug zum ersten Mal diesen für mich sehr symbolischen Ledermantel und sah erstaunlich gut aus: Kaum erschöpft, nur ein bisschen blass. Jack war hineingegangen und küsste sie gerade auf ihren Ring - eine sehr besitzergreifende Geste, die ich aber trotzdem schätzte, da sie mir den Anblick vom Zusammentreffen seiner Lippen
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