Die fabelhaften 12 - Die Berufung: Band 1 (German Edition)
Wenn wir nun versuchen würden, sie mit den übrigen acht zu töten, würde uns das alle umbringen.«
Grimluk hasste die Bleiche Königin, aber diese Nachricht ließ ihn doch zurückschrecken.
Drupe wartete bei der Burg auf Grimluk. »Solange Prinzessin Ereskigal frei ist, kann die Bleiche Königin nicht getötet werden. Denn wenn die Bleiche Königin stirbt, geht ihre unheimliche Macht an ihre scheußliche Tochter über«, erklärte die Hexe.
»Tja … ganz schön schwierig«, meinte Grimluk. Oder so was Ähnliches.
»Sie wird in die Unterwelt verbannt«, sagte Drupe. »Sie wird kein Sonnenlicht, keine grünen Bäume und keinen Himmel mehr sehen. Sie wird im Reich der Monster leben, im Land der verfluchten Toten. Für immer.«
Sie eilten zurück zur Burg. Sie war nur noch eine Ruine, die Mauern zerstört, die Dächer eingefallen. Die engen Gassen lagen voller Leichen. In seinem ganzen Leben voll von Grauen hätte Grimluk nicht gedacht, mal etwas so Grauenhaftes erleben zu müssen.
Er wollte nichts dringlicher als weg von hier. Er wollte seine Familie wieder sehen. Er würde jede Arbeit annehmen. Alles, das ihn von diesem entsetzlichen Ort fortbringen würde. Alles, wenn er nur mit Gelidberry und dem Baby zusammen sein könnte, das er dann Victory nennen würde. (Er wusste nicht mehr, ob es ein Mädchen oder ein Junge war.)
Genau das sagte er auch Drupe, als sie in dem dachlosen dreiwandigen Sitzungssaal standen.
»Weh mir, Grimluk«, sagte Drupe und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Deine Familie ist nicht mehr.«
Grimluk starrte sie an und versuchte, den Sinn ihrer Worte zu begreifen.
»Gelidberry und das Kind waren im Dorf Suther, als es von einer Truppe Gudridan überrannt wurde.«
Gudridan waren bekannt für ihre enorme Größe. Und für ihre bevorzugte Nahrung: Menschenfleisch.
»Nein«, stöhnte Grimluk.
Er ließ sich auf den kalten Steinboden fallen. Er seufzte, als würden ihn in diesem Moment die letzten Lebensgeister verlassen. Bei all dem, was er durchgemacht hatte, was er miterlebt hatte, bei allem Schmerz und Kummer – dies war der größere Schmerz.
Drupe hockte sich neben ihn. Dies fiel ihr jetzt leichter, weil sie es geschafft hatte, ihr Straußenbein in ein Hirschbein zu verwandeln. Immerhin eine Verbesserung.
»Du kannst eine neue Frau finden. Du kannst ein neues Baby bekommen. Als Anführer der fabelhaften 12 wirst du ewig verehrt werden.«
Grimluk hörte sie kaum. Er schüttelte nur den Kopf.
»Du kannst Ehrenheld werden, wenn du willst. Die Stelle ist gut bezahlt, und du bekommst ein kleines Bauernhaus.«
»Ich … ich kann nicht …« Grimluk begann zu weinen, und weil Machos erst Jahrhunderte später aufkamen, weinte er ohne Scham.
»Alle übrig gebliebenen Fabelhaften, die sich dazu bereit erklären, werden die Welt nach Prinzessin Ereskigal durchkämmen«, sagte Drupe. »Solange sie lebt, können wir die Bleiche Königin nicht vernichten.«
»Ich gehe. Ich nehme die anderen mit.«
»Ihr habt nicht viel Zeit. Eure Kraft wird mit dem Alter abnehmen. Sehr bald werdet ihr zu schwach sein, um die Prinzessin zu überwältigen. Und denkt daran, dass die Prinzessin nicht so einfach zu töten ist. Sie muss zwölf Tode sterben, bevor sie endgültig tot ist.«
»Ich hab das Gefühl, wir haben die Zahl zwölf eben erst erfunden und benutzen sie jetzt für alles Mögliche.«
»So funktioniert Fortschritt«, meinte Drupe skeptisch.
»Und wenn wir scheitern?«, fragte Grimluk.
»Dann gibt es eine andere Zukunft für dich«, erklärte Drupe zaghaft. »Ein langes, sehr langes, aber schrecklich einsames Leben.«
»Was sollte ich je sein, wenn nicht einsam?«, flüsterte Grimluk.
»An den geheimen Orten dieser Erde, an den alten Stätten unserer Urältesten, kommt der Tod nur langsam.«
»Wie meinst du das?«, meinte Grimluk.
»Du könntest so einen Ort finden. Und dort allein und abgeschieden leben. Du wärst ein Hüter. Ein einsamer Wächter. Du würdest leben und warten und wachen.«
»Worüber denn wachen?«
»Dass sich die Bleiche Königin womöglich noch einmal erhebt.«
24
M ack wachte zu früh auf. Das schrille Quietschen der Seilwinde drang in sein Bewusstsein.
Er öffnete die Augen und sah … nichts.
»Wa…?«, sagte er.
Er merkte, dass er noch immer gefesselt war. Er merkte, dass er auf dem Gesicht lag. Auf etwas Hartem. Das sich bewegte.
Nach unten.
Ins Dunkel.
»Nein«, flüsterte er.
»Bleib cool«, sagte Stefan. Seine Stimme war ganz nah. Mack
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