Die facebook-Falle
dem halb geleerte Weinflaschen zu sehen sind. Und dann gibt es Zuckerberg noch mit freiem Oberkörper und Shorts an einem Swimmingpool. Es sind private Fotos, wie wir sie alle auch von uns kennen, nichts wirklich Kompromittierendes ist dabei, und so können wir davon ausgehen, dass Zuckerberg nichts dagegen hat, dass wir sie uns ansehen. Denn sie stehen noch immer im Netz. Wäre Zuckerberg aber heute nicht Milliardär und Vorstandsvorsitzender, sondern ein 26-jähriger Programmierer auf Arbeitssuche, sähe die Sache anders aus. In vielen Branchen, die Wert auf Seriosität legen, blieben ihm die Türen verschlossen, und der Einstieg in eine steile berufliche Karriere wäre ihm aller Wahrscheinlichkeit nach verbaut.
KAPITEL 2
Wir bezahlen mit unseren Daten
Ein Selbstversuch mit Facebook
Zweimal im Jahr erhält meine Großmutter Post von einem Kaffeemaschinen-Hersteller. Es sind Prospekte zu immer neuen chromglänzenden Modellen, verbunden mit dem Hinweis, ihrer Kundschaft im Laden die Wartezeit mit gutem Kaffee zu versüßen. Allerdings ist meine Großmutter schon seit zwölf Jahren tot, der Laden seit neun Jahren geschlossen, und sie selbst hatte ihn davor schon zwanzig Jahre lang nicht mehr betrieben. Nur in der Datenbank dieses Unternehmens lebt sie bis heute weiter. Die Firma ist offenbar noch nicht im Internetzeitalter angekommen und ahnt nicht einmal, dass sie ihre Briefmarken verschwendet.
Auch Facebook speichert die Daten von Toten, sofern sie von »Freunden« als tot gemeldet werden. Und die Daten von Facebook-Nutzern speichert das US-Unternehmen, wenn man nicht aufpasst, bis in alle Ewigkeit. Noch gravierender aber ist, dass Facebook auch Daten von Menschen
sammelt und speichert, die noch nie etwas mit dem Netzwerk zu tun hatten und auch nichts damit zu tun haben wollen.
Plötzlich interessierte sich Facebook für mich
Dass ich mich überhaupt für Facebook zu interessieren begann, hatte damit zu tun, dass Facebook sich im Dezember 2009 plötzlich für mich interessierte. Damals fand ich in meinem E-Mail-Konto zwei Einladungen vor, im Namen zweier Freunde abgesendet von Facebook. Es waren Freunde aus meinem realen Leben, daher nahm ich an, dass sie hinter den Einladungen steckten. Als irgendwann ein dritter Freund hinzukam, rief ich die Leute an und sagte ihnen, dass ich gern ihr Freund sei, aber nicht auf Facebook. Die Serie der Einladungen riss trotzdem nicht ab. Irgendwann stand unter einer dieser E-Mails der Satz: »Weitere Personen auf Facebook, die du vielleicht kennst.« Die Sache wurde mir allmählich unheimlich. Denn dort tauchten wieder die Freunde auf, die mich bereits erfolglos eingeladen hatten, sowie ein Professor Heinz G., an den ich mich nur noch dunkel erinnern konnte. Der Professor hatte einige Jahre zuvor versucht, mich per E-Mail zu einem Fernsehbeitrag zu animieren – ein beruflicher Kontakt, der bereits nach wenigen Wochen wieder abriss. Und davon wusste Facebook offenbar. Wie war das möglich?
Ich rief Heinz G. an und fragte ihn, wie er dazu komme, Facebook meine E-Mail-Adresse mitzuteilen. Schweigen am anderen Ende der Leitung. Mein Gegenüber hatte nicht
den blassesten Schimmer, was ich von ihm wollte. Als ich ihm die Sachlage schilderte, räumte er kleinlaut ein, dass sein Sohn für ihn die Facebook-Seite betreue und er selbst nicht viel damit zu schaffen habe. Dass sein Sohn jedoch meine Kontaktdaten an Facebook weitergeleitet habe, könne er sich nicht vorstellen.
Mit der Zeit erfuhr ich, dass Facebook vielen Leuten solche merkwürdigen Einladungen schickt, und so beschloss ich, mich intensiver mit diesem »sozialen« Netzwerk zu beschäftigen und der Frage nachzugehen, warum das US-Unternehmen sich so eifrig in unserer Privatsphäre zu schaffen macht.
Zuckerberg hält Privatsphäre für unzeitgemäß
Im Januar 2010 gab der 26-jährige Gründer von Facebook, Mark Zuckerberg, ein Interview, das weltweit für großen Wirbel sorgte. Michael Arrington, Gründer und Chef des wichtigsten US-Internetmagazins TechCrunch , fragte ihn, wie die Privatsphäre in der Gesellschaft sich verändere. Zuckerbergs Antwort: »Die Menschen haben sich daran gewöhnt, mehr Informationen auf viele Arten offener mit anderen zu teilen und mit immer mehr Menschen. Diese soziale Norm hat sich über die Zeit stark weiterentwickelt. « 20 Facebook wolle mit seinen Angeboten und Innovationen lediglich mit der neuen sozialen Norm Schritt halten. Nach dem Interview titelten alle wichtigen Medien
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