Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
viel herausnehmen, Mylord.«
»Ich bin mir sicher, dass er Euch nichts antun wird, Tom.«
»Wie Ihr meint, Mylord. Aber es könnte doch sein, dass er um sich schlägt, oder nicht? Das kommt manchmal vor, wenn ein Herr eine harte Nacht hatte.«
»Ich nehme an, Ihr sprecht da nicht aus Erfahrung, Tom?«
»Aber gewiss nicht, Mylord!«
»Opium wirkt ohnehin anders«, sagte die zweite Stimme, die sich jetzt näherte. Sie klang ein wenig zerstreut. »Es löst nur die seltsamsten Träume aus.«
»Glaubt Ihr, er schläft noch?« Die erste Stimme kam jetzt ebenfalls näher. Die Meerjungfrau war entrüstet über diesen Mangel an Respekt und verschwand. Er öffnete die Augen, und Tom Byrd, der sich mit einem nassen Schwamm über ihn gebeugt hatte, kreischte auf und ließ ihm den Schwamm auf die Brust fallen.
Mit einer Art geistesabwesender Neugier sah er zu, wie sich seine Hand erhob und den Schwamm von seinem Hemd entfernte, wo er einen feuchten Fleck hinterließ. Allerdings war ihm nicht ganz klar, was er jetzt damit anfangen sollte, also ließ er ihn auf den Boden fallen.
»Guten Morgen.« John Greys Gesicht, das eine vorsichtig belustigte Miene trug, kam hinter Tom zum Vorschein. »Fühlt Ihr Euch heute wieder menschlicher?«
Er war sich zwar nicht sicher, nickte aber trotzdem und schwang die Beine aus dem Bett, um sich zu setzen. Er fühlte sich nicht schlecht, nur sehr seltsam. Doch er hatte einen üblen Geschmack im Mund, und er hielt Tom die Hand entgegen. Dieser näherte sich vorsichtig und hielt den Kaffee vor sich hin wie eine Parlamentärflagge.
Der Becher, den ihm Tom in die Hand drückte, war warm, und einen Moment lang saß er einfach nur da, während seine Besinnung zurückkehrte. Es roch nach Torfrauch, gekochtem Fleisch und etwas Unangenehmen, das ein Gemüse sein musste – angebrannter Kohl. Mühselig machte sein Verstand das Wort ausfindig.
Dankbar trank er einen Schluck Kaffee und fand dann weitere Worte.
»Dann sind wir also in Irland?«
»Ja, Gott sei Dank. Seid Ihr immer …«, Grey brach ab.
»Ja.«
»Himmel.« Grey schüttelte ungläubig den Kopf. »Dann war es ja ein großes Glück, dass Ihr in der Folge von Culloden nicht deportiert worden seid. Ich bezweifle, dass Ihr die Überfahrt überlebt hättet.«
Jamie sah ihn scharf an – er verdankte es Greys persönlicher Einmischung, dass er nicht deportiert worden war, und er war damals alles andere als erfreut gewesen –, doch offensichtlich hegte Grey keine Hintergedanken bei seiner Bemerkung, und er nickte nur und trank Kaffee.
Ein leises Klopfen ertönte an der Tür, die halb offen stand, und Quinns langes Gesicht schob sich um den Türpfosten. Wären Jamies Reflexe halbwegs normal gewesen, hätte er den Kaffee fallen gelassen. So jedoch saß er einfach nur da und starrte den Iren, dessen Existenz er im Labyrinth der Opiumträume vergessen hatte, verständnislos an.
»Bitte um Verzeihung, die Herren«, sagte Quinn und ließ ein gewinnendes Lächeln durch das Zimmer wandern. »Ich wollte mich nach dem Wohlergehen des Herrn erkundigen, doch wie ich sehe, hat er sich Gott sei Dank erholt.«
Quinn betrat das Zimmer, ohne dass ihn jemand eingeladen hätte, doch Grey besann sich augenblicklich seiner guten Manieren und bot ihm Kaffee an. Dann schickte er Tom hinunter, um auch etwas zum Frühstück zu bestellen.
»Ich freue mich zu sehen, dass es Euch wieder so gut geht, Sir«, sagte Quinn zu Jamie und griff in seine Tasche, aus der er eine zugestöpselte Flasche zog. Er entfernte den Korken und goss Jamie einen durchdringend riechenden Schuss Whiskey in den Kaffee. »Vielleicht hilft Euch das bei der vollständigen Rückkehr in die Welt der Lebenden?«
Jamies Selbsterhaltungstrieb hüpfte irgendwo in seinem Hinterkopf lebhaft auf und ab, um seine Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen, doch der Whiskey wirkte einfach stärker. Er hob den Becher kurz in Quinns Richtung, sagte » Moran taing « und trank einen großen Schluck, der ihn sacht erschauern ließ.
Quinn plauderte ungehemmt mit John Grey und erzählte ihm von Dublin, erkundigte sich nach Greys Vorhaben und bot ihm an, im besten Mietstall der Stadt ein gutes Wort für ihn einzulegen.
»Wollt Ihr eine Kutsche mieten, Sir, oder habt Ihr vor, die Postkutsche zu nehmen?«
»Wie weit ist es von hier bis nach Athlone?«, fragte Grey. Soweit er wusste, befand sich Siverlys Anwesen etwa zehn Meilen von der Burg Athlone entfernt.
»Oh, vielleicht zwei Tage, wenn Gott will und Ihr
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