Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
darüber debattierten, ob es klüger sein würde bis zur nächsten Ansiedlung weiterzureiten oder zur letzten Wegkreuzung zurückzukehren, um dort vielleicht in einer Kate Unterschlupf für die Nacht zu finden, hatte Quinn gemeint, da es ja nicht regne, könnten sie es schlechter treffen als im Schutz eines nahe gelegenen turtheach s.
Seit sie Dublin verlassen hatten, waren sie schon mehrfach an solchen verfallenen Wohntürmen vorübergekommen, hoch aufragende, trostlose Überbleibsel aus dem Mittelalter. Jetzt waren es nur noch zerfallende Außenhüllen ohne Dächer, schwarz vor Feuchtigkeit, und das Efeu, das an ihren Mauern emporkletterte, war das einzige Lebenszeichen. Mit diesem Turm verhielt es sich kaum anders – doch er hatte einen Brunnen, und das war der Hauptgrund für Quinns Empfehlung, da sie das Ale, das Tom ihnen eingepackt hatte, inzwischen ausgetrunken hatten.
Der Brunnen, der von einem kleinen Kreis aus Steinen umringt war, befand sich gleich im Inneren der Turmmauer. Jamie Fraser hatte eine Kordel an seine Trinkflasche gebunden und sie in das dunkle Wasser hinuntergesenkt, das sich fast zwei Meter unter ihnen befand. Dann hatte er die Flasche wieder hochgezogen und argwöhnisch daran gerochen, bevor er vorsichtig daran nippte.
»Ich glaube nicht, dass in letzter Zeit etwas darin gestorben ist.«
»Bestens«, sagte Quinn. »Dann sprechen wir also ein Gebet und löschen unseren Durst, ja?«
Zu Greys Überraschung beugten seine Begleiter prompt die Köpfe über den simplen Brunnenrand und murmelten etwas. Sie sprachen nicht dieselben Worte – jeder von ihnen schien seine eigene Sprache zu benutzen –, doch der Rhythmus war ähnlich. Grey war sich nicht sicher, ob es ein Dankgebet für das Wasser war oder eine Beschwörungsformel, um nicht davon vergiftet zu werden, doch er richtete den Blick höflich zu Boden und wartete, bis sie fertig waren.
Sie hatten den Pferden Beinfesseln angelegt und ließen sie auf den Wiesen grasen; ihr eigenes, wenn auch nicht luxuriöses Abendessen bestand aus Brot, Käse und getrockneten Äpfeln. Sie hatten beim Essen nicht viel geredet; sie hatten einen langen Tag im Sattel hinter sich und legten sich bald zur Ruhe.
Er war auf der Stelle eingeschlafen; die Fähigkeit, überall problemlos zu schlafen, war ein Soldatentalent, das er sich gleich zu Beginn seiner Laufbahn angeeignet hatte. Und dann war er wieder erwacht, er wusste nicht, wie viel später; sein Herz klopfte, die Haare standen ihm zu Berge, und er griff nach dem Dolch in seinem Gürtel.
Er hatte keine Ahnung, was ihn geweckt hatte, und er lag reglos da und lauschte, so angestrengt er konnte. Dann raschelte es laut neben ihm im Gras, und er spannte seine Muskeln an, um sich zur Seite zu rollen und aufzuspringen. Doch bevor er sich bewegen konnte, hörte er das Flüstern von Schritten und das leise Zischen einer schottischen Stimme.
»Bist du verrückt? Fallen lassen, oder ich breche dir den Arm.«
Jemand hielt erschrocken die Luft an, und ein Gegenstand plumpste leise zu Boden. Grey lag erstarrt da und wartete.
»Leise, Mann.« Er erkannte Quinns Stimme, kaum lauter als das Seufzen des Windes. »Du willst ihn doch nicht wecken.«
»O doch, das will ich, falls du vorhattest, was ich glaube.«
»Nicht hier. Komm mit, in Gottes Namen!«
Atemgeräusche, ein Zögern, dann das leise Wischen der Schritte im dichten Gras, als sie sich entfernten.
Grey rollte sich leise auf die Knie hoch und schlüpfte aus seinem Umhang. Er zog die Pistole aus der Tasche, die er als Kopfkissen benutzt hatte, erhob sich und folgte ihnen. Dabei passte er den Rhythmus seiner Bewegungen an ihre Schritte an. Der Mond war zwar untergegangen, doch er konnte sie im Sternenschein sehen, zwanzig Meter vor ihm: Fraser ein großer Schatten, der sich vor dem hellen Untergrund abzeichnete, Quinn so dicht neben ihm, dass er das Gefühl hatte, Fraser könnte den Iren am Arm gepackt haben, um ihn hinter sich herzuziehen.
Sie umrundeten die Turmruine, und damit verschwanden sie, denn vor dem Schwarz der Steine waren sie nicht mehr zu erkennen. Er blieb stehen und hielt den Atem an, bis er sie wieder hörte.
»Also.« Er konnte Frasers Stimme deutlich hören, leise, aber deutlich hörbar von Wut erfüllt. »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
»Wir brauchen ihn nicht.« Grey nahm interessiert zur Kenntnis, dass Quinn nicht ängstlich klang – nur drängend. » Du brauchst ihn nicht, mo chara .«
»Es gibt auf dieser Welt eine ganze
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