Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael White
Vom Netzwerk:
Sie drückt den Lichtschalter, und mit einem leichten Summen springen die Neonröhren an und tauchen die Halle in ein grelles Licht, das dem gebürsteten Stahl der Regale und dem mattschwarzen Lack der schweren Limousine einen kalten Glanz verleiht.
     
    Lee will gerade die Tasche in den Kofferraum packen, als sie das Vibrieren ihres Handys in ihre Tasche spürt. Sie fummelt es heraus, wobei es ihr fast ihr durch die Finger flutscht.
     
    Daryll.
     
    Endlich. Lee lässt das Handy aufschnappen und beginnt ohne Begrüßung zu reden.
     
    'Scheiße, endlich meldest du dich. Wo hast du gesteckt, verdammt noch mal?'
     
    'Whoa, du bist ja wirklich in Fahrt. Wohl noch ziemlich genervt von der Ausstellung, was?'
     
    Die Stimme schwebt gleich einem Gespenst aus der Vergangenheit an Lees Ohr, und wieder entgleitet ihr fast das Handy. Sie fixiert einen Punkt im Nichts und zwingt sich, ruhig zu bleiben. Trotzdem gleicht ihre Stimme eher dem Knurren einer Raubkatze.
     
    'Wo ist sie?'
     
    'Bei mir. In guten Händen. Und wenn du ein braves Mädchen bist, wirst du sie auch in einem Stück wiederbekommen. Du  musst mir nur einen kleinen Gefallen tun. Dann wird alles gut.'
     
    'Ich dir einen Gefallen tun? Wenn ich mich recht entsinne, sind wir quitt mitein- '
     
    Franks Stimme wird von einem Moment auf den anderen zu einem schneidenden Eishauch, der aus Lees Handy zu kriechen scheint.
     
    'Gar nichts sind wir. Ich bin enttäuscht von dir, Kätzchen. Du hältst mich wohl für völlig bescheuert, was? Nein wir sind noch lange nicht ‚quitt‘ miteinander. Du schuldest mir etwas. Und bis ich es von dir bekomme, werde ich mich ein wenig mit deinem Spielzeug amüsieren.'
     
    Lee schweigt für einen Moment, bevor sie antwortet.
     
    'Was willst Du von mir?‘
     
    'Das hört sich doch schon besser an. Ich sehe, wir verstehen uns.'
     
    'Quatsch keine Opern, sag mir was du willst.'
     
    'Immer hübsch mit der Ruhe, Kätzchen. Du bist gerade so gar nicht in der Lage, hier den Takt vorzugeben. Ich werd dir schon früh genug sagen, worum es geht. Bis dahin sieh einfach zu, dass du dich nicht umlegen lässt. Also, machs gut, und denkt immer dran - man sieht sich.'
     
    'Ja, das werden - '
     
    Die Leitung ist bereits tot. Sie klappt das Handy zu. Ja, sie werden sich wieder sehen. Bald. Sehr bald. Und dann werden alte Rechnungen beglichen.
     
    Endgültig.
     
    ***
     
    Frank lässt das Handy zuschnappen und tippt mit seinem Zeigefinger gegen seinen Oberschenkel, während er Darylls Leiche betrachtet, die er auf dem Sessel gegenüber drapiert hat. Eigentlich könnte er zufrieden sein. Die Sache mit Sverkas ist genauso gelaufen, wie er es geplant hatte. Soweit könnte er also zufrieden sein. Dass sie den Job mit diesem Hammerfist nicht durchgezogen hatte – das war zu erwarten gewesen und macht ihm zu diesem Zeitpunkt noch keine Sorgen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass wohl jemand sauer wegen der Sache mit Sverkas war und Lee jetzt umlegen wollte. Frank grinst. Diese Narren. Wenn sie wüssten, womit sie es zu gehabt hätten, wären sie bestimmt mit Knoblauch und Weihwasser angerückt – nur um herauszufinden, dass ihnen das auch nichts genützt hätte.
     
    Nein, Gefahr droht von einer ganz anderen und unerwarteten Seite. Er hatte Lees Zuflucht beobachtet, um im Notfall eingreifen zu können, als er etwas gespürt hatte. Es war nur ein Hauch einer Präsenz gewesen, doch er hatte ausgereicht, um ihn mit Furcht zu erfüllen. Denn außer ihm und der Kleinen war noch etwas anderes dort gewesen. Ein Wesen, vor dem er sich wahrlich hüten sollte. Nachdenklich legt Frank einen Finger an seine Nasenspitze. Anscheinend hat die Kleine die Aufmerksamkeit eines Uralten auf sich gezogen. Dem er nicht in die Quere kommen will. Weil noch jeder, der die Aufmerksamkeit einer dieser Kreatur erregt hatte, einen furchtbaren Preis dafür entrichten musste.
     
    Was hat Catherine eigentlich damals schon gewusst, als sie ihn auf Lee angesetzt hatte? Was hatte sie ihm verschwiegen? Es wird Zeit, dass er das herausfindet.
     
    ***
     
    Langsam zermalmt Lee mit ihrem Stiefelabsatz das Handy, nachdem sie die Karte entfernt und zerbrochen hat. Das Material protestiert kurz, dann geht es mit einem hässlichen Knacken entzwei. Sie steigt in den Wagen ein und lehnt sich im Sitz zurück.
     
    Was soll sie tun? Daryll suchen? Sinnlos. Sie wüsste nicht einmal, wo sie mit der Suche anfangen sollte in diesem Moloch. Frank könnte sie überall versteckt halten.

Weitere Kostenlose Bücher