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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wieviel Tonnen eine Riesenwelle wiegt!«
    »Und ich weiß, wie leicht mein Boot und ich sind. Wir werden immer oben schaukeln, während die Tonnen über uns wegdonnern.«
    Es war unmöglich, Losskow sein Experiment auszureden. Vor drei Wochen war er von Hamburg nach Helgoland gekommen, eben in diesem kleinen, weißen, angeblich unsinkbaren Boot, hatte sich bei Jan Breuners im Nordostgelände der Insel eingemietet und hatte schon nach wenigen Tagen seinen Spitznamen weg: der Spinner vom Festland. In seinem Spezialanzug trieb er wie eine Orange vor der Insel herum, erschreckte nicht vorgewarnte Fischer, die mit voller Kraft herbeituckerten, um einen Schiffbrüchigen zu bergen, um dann mit offenem Mund zu erleben, wie der Kerl höchst vergnügt in der See trieb und alle Hilfe ablehnte. Man sprach darüber in allen Kneipen des Unter- und Oberlands, und endlich schämte sich Jan Breuners gar, einen solchen Gast im Haus zu haben.
    Dr. Faller erfuhr allerdings mehr als die Helgoländer. Er lud den ›Spinner‹ zu einem Drink ein und war überrascht, daß sich Peter von Losskow als Nautik-Ingenieur entpuppte, als ehemaliger Leutnant der Marine, vertraut mit dem Meer wie kaum einer der Insulaner, die nur ihre Düne, die lange Anna und allenfalls die See zwischen Helgoland und Cuxhaven kannten. Wer von ihnen war schon mit einem Segelschulschiff rund um die Welt gefahren, hatte vor Singapur geankert oder war bei Freetown in eine Schlägerei um eine wunderschöne Mulattenhure geraten? Losskow konnte eine Menge erzählen – am liebsten aber sprach er von der Idee, die jetzt sein Leben beherrschte: Vor den großen Entdeckern und Seefahrern, wie Magellan, Cook, Vasco da Gama, Columbus oder Vespucci, mußten noch andere, unbekannte Seefahrer die fremden Meere befahren und nie gekannte Küsten betreten haben. So hatte Thor Heyerdahl mit einem primitiven Floß aus Papyros so gut wie bewiesen, daß bereits die Ägypter Amerika erreicht und in Mexiko Pyramiden gebaut hatten.
    »Was wollen Sie also noch?« fragte Dr. Faller nüchtern. »Da gibt's nichts mehr zu erforschen!«
    »Man hält uns heutige Menschen für zu satt, zu verweichlicht und träge, um – sagen wir – wie Magellan Feuerland zu umfahren und dort eine neue Seestraße zu entdecken.«
    »Stimmt! Wir steigen ins Flugzeug und sehen uns alles von oben an. Das ist auch einfacher und gefahrloser. Wozu im Atomzeitalter das Mittelalter beschwören?« Dr. Faller zündete sich eine Zigarre an und goß Losskow das Glas mit Grog wieder voll. »Sie haben mir erzählt, daß Sie mit einem kleinen Boot und höchstens vier Mann Besatzung ohne große technische Hilfsmittel von Hamburg aus um die Südspitze Südamerikas herum in die Pazifische Inselwelt segeln wollen und von dort weiter nach Japan und China.«
    »So ist es.«
    »Und das nur, um zu beweisen, daß dergleichen zum Beispiel auch die alten Wikinger getan haben könnten. Mein Lieber, was hat die Welt davon, wenn sie das weiß?!«
    »Was hat die Welt davon, wenn jemand einen achttausend Meter hohen Berg besteigt?«
    »Den Nervenkitzel eines Bildberichtes und die Gewißheit, daß es ab und zu doch noch Menschen gibt, die durch solche kleinen Abenteuer unsterblich werden. Nichts gegen Forschung, mein Lieber. Wenn Piccard in die Tiefsee tauchte, hatte das einen Grund: Wir entdecken unbekannte Welten. Oder der Flug zum Mond! Ein alter Menschheitstraum ist erfüllt, wir wissen nun, daß es keine Frau Luna gibt und der Mond sich auch nicht zum neuen Paradies eignet. Aber was Sie da machen wollen, Losskow, das ist doch für die Forschung unbedeutend!«
    »Ich sehe es anders«, sagte Losskow versonnen. »Solange es Menschen gibt, werden sie vom Ungewöhnlichen fasziniert, lockt sie das scheinbar Unerreichbare, ist das große Abenteuer ihr heimlicher Wunsch. Außerdem will ich meinen unsinkbaren Anzug auf die Probe stellen.« Er sah Dr. Faller fragend an, wie ein großer Junge, der auf ein Lob wartet. »Damit leiste ich doch auch einen Beitrag zum Fortschritt! Ertrinken wird bald unmöglich sein.«
    Davon war er jetzt nicht mehr so fest überzeugt. Die brüllenden Brecher, die über ihn hereinschlugen und ihn gegen den Ruderblock preßten, die Wucht der Wellen, die ihm den Atem benahm, machte ihn klein und demütig. Nein, ertrinken würde er nicht, er war wirklich wie ein unsinkbares Stückchen Nußschale – aber ob er diesen gewaltigen Anprall der Wellen überleben, ob er von ihnen nicht zermalmt werden würde?
    Längst war der Mast

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