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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nachts zog Trosky um. Er richtete sich im Cockpit ein.
    »Ich schlafe jetzt hier!« schrie er Losskow an. »Mir kommt der Ekel hoch, wenn ich euch sehe! Außerdem ist es mir unmöglich, noch ruhig zu liegen, wenn es durch die dünne Trennwand nach Weibern riecht! Aber das begreifst du nicht! Bist du eigentlich kastriert? Laß mich allein! Dein blauer Blick ist zum Kotzen!«
    Doch trotz der gefährlichen Stimmung an Bord, die wie das Warten auf eine Explosion war, hielt die Helu zuverlässig ihren Kurs. Zielstrebig glitt sie in das riesige brasilianische Seebecken hinein, westlich von Fernando Noronha. Jetzt lagen über 5.000 Meter Wassertiefe unter ihnen. Peters Navigation war trotz vieler Windflauten und dadurch bedingter Abdriften mit der Strömung ein Meisterwerk, das sogar Trosky anerkannte.
    Der monotone Alltag beseitigte auch die letzten Hemmungen. Auch Losskow stellte das an sich selber fest – mit Entsetzen, aber ohne die Kraft, sich dagegen zu stemmen. Er knurrte Helena an, weil die Kartoffeln nicht gar seien, er kippte Gemüse über Bord, weil es ihm zu salzig war, und ließ Trosky triumphieren: »Jetzt sieht er es endlich ein, welch ein Luderpack diese Weiber sind! Sie wollen uns fertigmachen! Versalzenes Fressen, damit wir uns totsaufen!«
    »Was hätten wir davon, du Idiot?« schrie Helena zurück. »Wir brauchen euch doch!«
    »Das ist mir neu! Peer, rein in die Betten! Aber das wollen sie nicht!«
    Am nächsten Tag ließ Losskow den Tee stehen, er war ihm zu stark und zu bitter.
    »Er ist wie immer«, sagte Helena.
    »Er ist zu bitter! Wenn er immer so war, war er immer zu bitter!«
    »Gieß ihm den Tee über die Birne!« schrie Lucrezia von der Bank.
    Und Helena sagte laut: »Ab heute weigere ich mich, weiter zu kochen! Jeder kann für sich selbst sorgen.«
    »Das ist ja wunderbar!« dröhnte Trosky. »Jetzt wird sogar noch gestreikt!«
    Später kam Losskow in die Kajüte und sagte: »Vergiß es, Helena. Ich habe auch nur Nerven. Es tut mir leid. Der Tee war natürlich gut.«
    »Er war zu bitter.«
    »Fang nicht wieder davon an, bitte.«
    »Ich habe ihn probiert. Er war wirklich zu bitter. Heute Mittag könnt ihr aus Dosen essen.«
    »Du willst also nicht mehr kochen?«
    »Kochen? Ist Dosenöffnen kochen? Das könnt ihr auch allein.«
    »Aber deine Spaghetti sind einsame Klasse.«
    »Frag Luzi, ob sie dir welche macht! Als Italienerin kann sie bestimmt Spaghetti kochen.«
    »Du willst also nicht mehr für uns sorgen?«
    »Nein!«
    »Und was willst du tun?«
    »Zusehen, wie ihr euch gegenseitig umbringt!«
    Am nächsten Tag aber stand Helena doch wieder in der Kombüse und wärmte grüne Bohnen mit Speck auf und kochte dazu Schokoladenpudding mit Vanillecreme. Als sie um den Tisch saßen, stocherte Trosky in dem Essen herum und sagte laut: »Nun ist gar kein Salz mehr drin! Sollen wir Entzugserscheinungen bekommen?«
    »Noch ein Wort, und ich schlage um mich.« Losskow ballte die Fäuste. »Jan, das Essen ist vorzüglich!«
    »Für die Fische bestimmt.«
    Wie zwei stählerne Greifer fuhren Losskows Hände über den Tisch, packten Trosky am Hemd und rissen ihn zu sich herüber. Betroffen starrte Trosky in Losskows kalte Augen. »Wiederhole!« sagte Losskow leise und gefährlich. »Das Essen ist gut!«
    »Wenn deine Seligkeit davon abhängt … Das Essen ist grandios!« Trosky riß sich aus Peters Griff. »Zufrieden? Du lieber Himmel, ihr stinkt mir aus allen Poren!«
    Er warf seinen Hocker um und ging hinauf an Deck.
    Dort spannte er über seine Strohscheibe die Zeichnung des amerikanischen Sternenbanners und begann wieder, alle Sterne auszuschießen. Aber jedem Stern rief er seinen Namen zu.
    »Das warst du, Potisky!« schrie er. »Erledigt! Und das warst du, Pslelcek! Fahr zur Hölle! Und jetzt du, du Kretin Lombaczy! Mitten ins Auge! Der Satan soll dich braten!«
    Als Losskow später an Deck kam, hatte Trosky neunzehn Sterne ausgelöscht. Trosky winkte mit dem Bogen und zeigte auf die Scheibe.
    »Ich liquidiere gerade meine Kollegen in Prag!« rief er. »Ist das ein Vergnügen! Jetzt kommt der fette Hadeck dran! Der Abteilungsleiter. Ein widerlicher Mensch! Ein Arschkriecher! Hadeck, jetzt bist du dran!«
    Losskow setzte sich ans Ruder und blickte hinauf in den hitzefahlen Himmel.
    Der neunzehnte Tag ohne Wind. Er hatte nie geglaubt, daß es so etwas geben könne.
    Du machst uns fertig, Himmel, dachte er. Du verbrennst uns das Hirn, Sonne. Du schaukelst uns in den Wahnsinn, Ozean!
    Gott da droben,

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