Die Fahrt nach Feuerland
ihm einen Riesenschatz davonträgt! Wenn das nicht verdächtig ist! Das muß man nachprüfen!«
»Wo und bei wem?« fragte Peter Losskow. »Das jetzt aufzurollen ist unmöglich. Der Bestohlene dürfte in totale Deckung gegangen sein.«
»Weil er selbst ein Gauner ist!«
»Wahrscheinlich.«
»Auf meiner Insel!« Der Polizeichef sagte ›meine‹ Insel, und man ließ ihm den Stolz, der geheime Herrscher zu sein, obgleich sein Einfluß nicht weit über Tarrafal hinausreichte. »Das wird mich bis ans Ende meines Lebens belasten!«
Noch an diesem Abend erfuhr man vom Flugplatz Sal, daß mit einer Maschine nach Lissabon vierundfünfzig Passagiere geflogen seien, darunter dreiunddreißig Ausländer, alles Geschäftsreisende. Die Passagierliste wurde durchgegeben, natürlich stand weder ein Maurice Depallier noch ein Jorge Silva darauf. Die Maschine war bereits vor zehn Stunden in Lissabon gelandet. Eine Spur war nicht mehr aufzunehmen.
»Man könnte die Wände hochgehen!« schrie der kleine Polizeichef.
»Genau das werden wir tun.« Trosky stand auf. »Aber am Mast! Wir ziehen sofort neue Taue und verschwinden von hier, ehe noch mehr Überraschungen auftauchen.«
»Sie können sich nicht beklagen! Wir haben Sie vorbildlich behandelt.«
»Bis auf Ihre Bankrotterklärung nach dem Orkan! Sie sehen: Das Schiff und die Mädchen leben!«
»Wer konnte das noch annehmen?« Der Polizeichef hob wie um Verzeihung bittend beide Hände. »So etwas ist doch wirklich ungewöhnlich.«
Es war schon Nacht geworden. Trotzdem schellten sie den Händler für Schiffsausrüstungen aus dem Bett, kauften neue Perlontaue und wechselten sie gegen die zerschnittenen aus. Am Morgen erprobten sie die Segel, es klappte alles. Die Helu war wieder seeklar.
Der Abschied war kurz. Der Hauptmann, der Polizeichef, der Polizist und ein Offizier vom Polizeiboot standen am Kai und winkten. Verblüfft machten sie einem Handwagen Platz, den ein junger Bursche in großer Eile herankarrte. Trosky, der am noch nicht eingezogenen Steg wartete, atmete auf. »Endlich!« sagte er. »Nun sind wir komplett.«
Auf dem Handkarren lag nichts als ein großer gepreßter Strohballen.
Vom Cockpit kam Losskow herüber. Helena und Lucrezia, die an den Leinen standen, beugten sich vor.
»Hast du das bestellt?« fragte Losskow entgeistert.
»Ja!« antwortete Trosky trotzig. »Was dagegen?«
»Stroh?«
»Ich brauche es dringend.«
»Willst du dir an Bord eine Ziege halten?«
»Warum? Wir haben doch schon zwei …«
»Ich knall ihm nachher eine!« sagte Lucrezia laut. »Blondie, erinnere mich daran!«
Losskow trat zur Seite, als Trosky und der junge Bursche den Strohballen an Bord schleppten und achtern auf Deck niederlegten. Dann zog Trosky die Gangway ein und fing die Leinen auf, die man ihm zuwarf. Die Helu war frei. Peter lehnte sich neben ihn an die Reling und wartete. Trosky schielte zu ihm hinüber.
»Ist was Käpt'n?!«
»Ich weiß nicht. Vielleicht kommt auch noch ein Kamel an Bord?«
»Das ist schon da!« Trosky tappte zum Ruder und setzte sich ins Cockpit. »Ich will basteln. Darum geht's.«
»Mit Stroh?«
»Ja!« Er stemmte die Beine gegen die Planken und hob die Hand. »Die Fock in den Wind!« brüllte er. »Verdammt, ich will hier weg!«
Das Boot drehte ab und glitt vor dem Wind zügig aus dem Hafen. Die Männer am Ufer winkten, Losskow und die Mädchen winkten zurück, bis die Gestalten zu klein wurden, um sie noch zu erkennen. Die Helu lief nun unter vollen Segeln sehr schnell, hinein in die unfaßbare Weite des Atlantiks, hinüber nach Südamerika, scharf nach Südost, dem großen Ziel entgegen: Feuerland und Kap Horn.
Als nur noch Meer und Horizont zu sehen waren, setzte sich Losskow neben Trosky auf die Bank. Die Mädchen waren unter Deck. Lucrezia hatte Küchendienst, Helena trug im Bordbuch die Abfahrt ein und kümmerte sich um Mr. Plump.
Mr. Plump war nun wirklich ein Fall für den Psychiater geworden. Seit Maurice Depallier sie verlassen hatte, fraß er nichts mehr, lag mit großen, traurigen Augen auf dem Bett, reagierte nicht auf Lockungen und gute Worte und schluckte sogar, daß Trosky zu ihm sagte:
»Oha! Das Mistvieh hat ja auch überlebt! Warum ist nicht wenigstens der Köter über Bord gegangen?!«
Jetzt, nach dem Ablegen, zeigte sich Mr. Plump immerhin geneigt, an einem Fleischstück zu schnuppern, aber er fraß es nicht. Er legte den Kopf auf die Pfoten, seufzte herzerweichend und trauerte weiter um seinen verschwundenen
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