Die falsche Frau
gehabt: Ãber die Gutscheine â zweihundertfünfzig
Euro pro Tochter â freuten sie sich am meisten. Die Halsketten mit
Bergkristallherzen, die ich auf eigenes Risiko gekauft hatte, betrachteten sie
mit ratlosem Wohlwollen. Die bestellten Geschenke lösten keine Begeisterung
aus. Am Ende war ich es, der umarmt wurde und ein zweites Mal auf die Wangen
geküsst.
»Danke, Paps.« Louise schmiegte sich für einen Augenblick ganz fest
an mich. »Du bist der beste Vater der Welt.«
»Stimmt«, bestätigte Sarah ernst. »Echt wahr.«
AnschlieÃend gab es Frühstück.
»Einen selbst gebackenen Kuchen wollte ich euch nicht zumuten«,
sagte ich. »Dafür habe ich Streuselkuchen gekauft. Den mögt ihr doch, oder?«
O ja, sie mochten Streuselkuchen. Sie liebten Streuselkuchen. Vielleicht waren sie auch nur alt genug, so zu tun, um den
besten Vater der Welt nicht zu enttäuschen.
15
Den Tag verbrachten wir zusammen in der Stadt, wo sie
einen beträchtlichen Teil ihres neuen Reichtums umgehend wieder dem
Geldkreislauf zuführten. Schon beim Frühstück hatten die Handys neben den
Kakaobechern gelegen. Bis auf zwei SMS von entfernten Freunden war jedoch
nichts gekommen. Auch auf Facebook hatte sich nichts gerührt. Im Lauf der
Stunden wurden meine Töchter immer nervöser, inspizierten immer öfter die Displays,
aber niemand gratulierte, es kamen keine Kurznachrichten, kein Mensch auÃer
ihren GroÃeltern rief an. Meine Eltern hatten sich nach Vaters Pensionierung in
den Süden zurückgezogen und lebten jetzt an der Algarve. Man hatte
achtundzwanzig Grad, erfuhr ich, und konnte immer noch jeden Morgen im Atlantik
schwimmen.
Das Getuschel meiner Mädchen wurde im Lauf des Tages immer
aufgeregter und ratloser. SchlieÃlich riefen sie sich sogar gegenseitig an, um
die Handys zu testen. Zu Mittag aÃen wir ausgiebig im Goldenen Hecht mit Blick
auf den Neckar und die Alte Brücke. Um halb fünf machten wir uns, alle drei mit
Beute beladen, auf den Heimweg. Inzwischen waren meine Töchter regelrecht
verstört, weil offenbar die ganze Welt ihren Geburtstag vergessen hatte. Hinzu
kam, dass auch sämtliche Versuche, sich mit Freundinnen und Freunden für den
Abend zu einer kleinen, irgendwo improvisierten Feier zu verabreden,
unbeantwortet blieben.
»Ihr solltet euch dann umziehen und ein bisschen hübsch machen«,
sagte ich, als wir zu Hause ankamen.
»Ãhm â¦?«
»Es gibt noch eine Ãberraschung.«
»Eigentlich wollten wir â¦Â«
»Was ist es denn für eine Ãberraschung?«
»Ihr werdet sehen.«
Die beiden sahen sich an. Sahen mich an.
»Sag schon, wo gehen wir hin?«
»Werdet ihr erfahren, wenn es so weit ist.«
»Paps, das ist gemein!«, fand Louise.
»Jetzt sag endlich«, quengelte Sarah.
»Eine Ãberraschung heiÃt Ãberraschung, weil man überrascht ist.«
Um Viertel vor sechs zogen wir los. Meine Töchter
abendfein herausgeputzt und inzwischen völlig aufgelöst, weil sie noch immer
nicht wussten, was der Plan war. Zum Glück war der Weg nicht weit. Wir
überquerten den Platz vor der Christuskirche, betraten ein Haus, stiegen eine
Treppe hinab ins Tiefgeschoss. Unten war es totenstill und dunkel. Sie drückten
die Schalter, aber das Licht schien nicht zu funktionieren.
»Lasst mich mal vorausgehen«, sagte ich. »Ich kenne mich hier aus.«
»Du?«
»Aber �«
Ich öffnete eine breite Tür. Im Raum dahinter herrschte absolute
Finsternis. Meine Töchter blieben auf der Schwelle stehen und trauten sich
nicht weiter. Plötzlich flammte Licht auf, dröhnende Musik und ein
Riesengeschrei brandeten auf.
Die Ãberraschungsparty war Balkes Idee gewesen. Seit Wochen hatten
meine Töchter hin und her überlegt, wie und wo sie ihren magischen Geburtstag
angemessen feiern sollten, sich letztlich jedoch zu nichts entschlieÃen können.
So hatte ich in der vergangenen Woche heimlich den Gemeindesaal der
Christuskirche angemietet, Balke machte den DJ und hatte sich um Technik und
Musik gekümmert, ich hatte Dekoration, Getränke und Essen organisiert sowie mit
Unterstützung von Silke, der engsten Freundin meiner Mädchen, eine Gästeliste
erstellt. Sie hatte dafür gesorgt, dass alle den Tag über stillhielten.
Wieder gab es Umarmungen und Geschenke. Am Ende wurde auch ich
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