Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Maklerfirma verkauft, das viel zu große Haus im
Grünen gekauft und sein Leben ganz dem Schutz der Umwelt gewidmet.
    Â»Keine Ahnung«, sagte Balke schließlich. »Mit seiner Firma hat er es
nicht verdient, schätze ich mal.«
    Â»Er hat übrigens einen DSL-Anschluss gehabt«, fuhr Kollegin Krauss
fort. »Und ein Handy auch. Die KT sucht zurzeit nach seinen Mail-Accounts. Die
Verbindungslisten vom Handy-Provider sind angefordert.«
    Auch Balke hatte nicht auf der faulen Haut gelegen.
    Â»Ich habe die Fotos aus sämtlichen Radarfallen in der Gegend
angefordert«, berichtete er. »In Sandhausen, Kirchfeld und Sankt Ilgen habe ich
Aushänge machen lassen. Wer immer das Haus abgefackelt hat, muss ja irgendwie
da hingekommen sein. Außerdem sollten wir so bald wie möglich alle infrage
kommenden Straßenzüge abklingeln lassen. Wir brauchen eine Soko. Mit jedem Tag,
den wir länger …«
    Â»Keine Chance«, unterbrach ich ihn. »Wir sind hoffnungslos
unterbesetzt wegen dieser verflixten Tagung. Wann kommt eigentlich der Kollege
Runkel aus dem Urlaub zurück?«
    Â»In einer Woche. Aber, Chef, mit jedem Tag, den wir verstreichen
lassen, sinken unsere Chancen …«
    Â»Das weiß ich auch. Was soll ich machen?«
    Balke grinste plötzlich. »Ich hätte vielleicht eine Idee.«
    Â»Ist es wieder eine von denen, die auf keinen Fall bei der
Staatsanwaltschaft bekannt werden dürfen?«
    Balkes Grinsen wurde breit. »Lassen Sie sich überraschen.«
    Jetzt erst wurde mir bewusst, dass Helena Guballa während unseres
Gesprächs an einem bestimmten Punkt ihre Tipperei eingestellt hatte. Erst als
meine beiden Mitarbeiter sich erhoben, klapperte ihre Tastatur wieder.
    Den Vormittag verbrachte ich mit Routinekram. Um Viertel
vor zwölf erhob sich Helena Guballa, mit der ich bisher außer »Guten Morgen«
kein Wort gewechselt hatte, schnappte sich ihren Dufflecoat und verschwand
grußlos. Nach einem Blick auf den Speiseplan der Kantine im Intranet beschloss
ich, ins Merlin zu gehen, ein Bistro nur wenige Schritte von der Direktion entfernt.
    Als ich eintrat, war es erst kurz nach zwölf, das Lokal jedoch schon
rappelvoll, und nur an einem Zweiertisch an der Fensterfront war noch ein Platz
frei. Ausgerechnet an diesem Tisch saß die Zielfahnderin. Sie hatte mich schon
entdeckt, umzukehren wäre eine grobe Unhöflichkeit gewesen. So setzte ich mich
zu ihr.
    Â»Essen Sie immer hier?«, fragte ich.
    Â»Ich mag dieses Gedränge in der Kantine nicht«, erwiderte sie mit
gesenktem Blick.
    Â»Hier ist es auch ganz schön voll«, sagte ich lächelnd.
    Damit war unser Gespräch fürs Erste zu Ende.
    Â»Wie war’s bei der Englischlehrerin?«, fragte ich, als unser
Schweigen peinlich zu werden begann.
    Â»Interessant«, erwiderte sie mit unbewegter Miene. »Frau Grünstein
hatte zu Judith ein recht enges Verhältnis und erinnert sich erstaunlich gut an
ihre Schülerin. Die Eltern wollten Judith ursprünglich gar nicht studieren
lassen, habe ich erfahren. Sie sollte eine Banklehre machen. Frau Grünstein hat
den beiden damals ins Gewissen geredet und sie davon überzeugt, dass ihre
begabte Tochter in einem Büro verkümmern würde. Das hat Judith ihr nie
vergessen. Die alte Dame ist inzwischen zweiundachtzig, aber immer noch
putzmunter und völlig klar im Kopf. Sie und Judith standen auch nach dem Abitur
noch einige Zeit in losem Kontakt. Was ich bisher auch nicht wusste: Judith hat
damals eine große Reise gemacht. Nach Indien. Elf Wochen insgesamt. Sie hat
ihrer Lehrerin hin und wieder Ansichtskarten geschickt.«
    Â»Das ist ja wirklich interessant.«
    Ich bestellte bei der jungen Bedienung, die erwartungsvoll lächelnd
und mit gezücktem Bestellcomputerchen neben mir stand, erst die überbackene
Pasta von der Tageskarte, um diese sofort wieder zu stornieren und stattdessen
den Salat mit Lachsstreifen zu wählen.
    Â»Wenn ich vorhin richtig zugehört habe, dann hat Jürgen Prochnik
alle Zelte hinter sich abgebrochen«, sagte Helena Guballa, als wir wieder
allein waren. Am Nachbartisch stritt ein Paar mittleren Alters in gedämpfter
Lautstärke. Die Frau war weißblond, hatte ein rot geschminktes Schmollmündchen
und eine unangenehm schrille Stimme, wenn sie sich aufregte. Und sie regte sich
sehr auf.
    Â»So sieht es aus«, beantwortete ich die Frage

Weitere Kostenlose Bücher