Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
das Haus von unten bis oben durchsucht, selbst den
feuchten Keller und den staubigen Dachboden voller Spinnweben hatten wir
besichtigt und nicht den kleinsten Hinweis auf die Identität des Besitzers
gefunden. Keine Briefe, keine Fotoalben, keine Kontoauszüge. Das altertümliche
Festnetztelefon ohne Anrufbeantworter war tot gewesen, der Anschluss
abgemeldet. Im lieblos, aber nicht ungemütlich eingerichteten Wohnzimmer gab es
einen Kachelofen, in dem jemand vor nicht allzu langer Zeit große Mengen Papier
verbrannt hatte. Alles machte den Eindruck, als hätte sein Bewohner nicht
vorgehabt, noch einmal zurückzukehren. Falls Jürgen Prochnik zu Lebzeiten ein
Handy besessen hatte, dann hatte er es bei seinem Auszug mitgenommen.
    Seine Katzen hatte er wenige Tage vor seinem Verschwinden ins
Tierheim gebracht, samt aller Futtervorräte, wie Krauss mit Unterstützung der
Rastatter Kollegen herausgefunden hatte. Am selben Tag hatte er dem kleinen
Verein, der das Tierheim betrieb, eine Spende überwiesen. Die Vereinsvorsitzende
war auch nach zehn Wochen immer noch völlig aufgelöst über die Höhe dieser
Überweisung: zweihunderttausend Euro.
    Mein Handy trillerte.
    Â»Döbele hier«, sagte eine atemlose Männerstimme. »Sie hatten
angerufen?« Die Stimme gehörte dem Vorsitzenden der örtlichen
Greenpeace-Gruppe.
    Â»Es geht um Jürgen Prochnik«, sagte ich.
    Â»Ach herrje«, stöhnte mein Gesprächspartner. »Mit dem haben wir
nichts zu schaffen. Auch wenn er uns diese irrwitzige Spende überwiesen hat.
Mit dem haben wir nichts zu schaffen. Der ist nicht Mitglied bei uns.«
    Â»Warum legen Sie solchen Wert auf diese Feststellung?«
    Â»Weil der Jürgen ein Spinner ist. Wir brauchen hier aber keine
Spinner. Was wir brauchen, sind Menschen mit heißem Herzen und kühlem Verstand.
Beim Jürgen ist es genau umgekehrt. Der liebt nicht die Natur, der hasst die
Menschen. Uns geht’s aber nicht darum, die Menschheit abzuschaffen, sondern sie
zur Vernunft zu bringen.«
    Â»Sie sagten etwas von einer Spende.«
    Â»Eine halbe Million! Der Typ spinnt doch, entschuldigen Sie. Nicht,
dass wir das Geld nicht brauchen könnten …«
    Â»Sie kennen ihn persönlich?«
    Â»Kennen ist zu viel gesagt. Er kommt oft genug zu unseren Abenden.
Leider, muss ich sagen. Seit Jahren versucht er immer wieder, Mitglied zu
werden. Ich nehme an, er will Einfluss auf unsere Strategie und unsere Aktionen
nehmen. Was ist mit ihm? Ist er jetzt endgültig ausgetickt, dass sich auf
einmal die Polizei für ihn interessiert?«
    Ich erklärte ihm in wenigen Worten die Hintergründe meines Anrufs,
ohne jedoch auf die Details einzugehen.
    Evalina Krauss bog auf die A5, fädelte sich in den dichten Feierabendverkehr
in Richtung Norden ein und beschleunigte.
    Â»Tot? Hat er sich mit Benzin übergossen und angezündet?«, fragte der
Greenpeace-Vorsitzende mit grimmigem Lachen. »Würd mich nicht wundern.«
    Â»So ungefähr war es tatsächlich. Er ist in einem Haus in der Nähe
von Heidelberg verbrannt.« Das würde er morgen ohnehin in der Zeitung lesen.
»Ich glaube allerdings nicht, dass er es selbst angezündet hat.«
    Â»Das heißt …?«, sagte Döbele mit belegter Stimme. »Er ist …
umgebracht worden?«
    Â»So weit sind wir noch nicht. Es kann auch ein Unfall gewesen sein.
Gibt es niemanden bei Ihnen, der ihn ein bisschen näher kennt? Ist er mal in
Begleitung aufgetaucht, hat er sich mit jemandem öfter unterhalten?«
    Â»Meines Wissens ist der Jürgen immer allein gekommen«, erwiderte
Döbele nach kurzem Überlegen. »Ich frag aber sicherheitshalber mal rum.«
    Â»Jürgen Prochnik stammt aus Südbaden.« Balke war während
unserer Abwesenheit fleißig gewesen. »Aus Konstanz am Bodensee. Dort hat er
gelebt, bis er achtundzwanzig war. Zweimal ist er durchs Abi gerasselt,
anschließend hat er eine Ausbildung zum Immobilienfachwirt gemacht und einige
Jahre in dem Beruf gearbeitet, als Angestellter einer großen
Wohnungsbaugesellschaft. Ich habe eben mit seinem damaligen Chef gesprochen.
Prochnik ist nicht der Hellste gewesen, aber fleißig und fast schon zu harmlos.
Keine Weibergeschichten, keine Alkoholprobleme, keine schnellen Autos. Der
scheint sich für überhaupt nichts interessiert zu haben. Gewohnt hat er bei
seinen Eltern. Sein Job war der

Weitere Kostenlose Bücher