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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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bekannt, ja. Auch über die Fachwelt
hinaus.«
    Prof. Dr. mult. Burkhard Hagenow. Mehr als einmal hatte ich sein
immer ein wenig blasiertes, jedoch nicht unfreundliches Juristengesicht in den
Nachrichten gesehen. Meist, wenn es um verfassungsrechtliche Fragen ging. Um
Fragen der Vorratsdatenspeicherung zum Beispiel und des Schutzes der Privatsphäre
des Bürgers vor der angeblich unstillbaren Neugier der Strafverfolgungsbehörden.
    Â»Ich habe um zwölf Mittagspause«, sagte ich plötzlich entschlossen.
»Wir treffen uns im Red. Das ist ein vegetarisches Restaurant nicht weit von
hier.«
    Das ich immer schon einmal ausprobieren wollte.
    Â»Also, ich find, Sie könnten ruhig ein bisschen netter zu
ihr sein«, meinte Sönnchen, als die neue Kollegin wieder einmal irgendwohin
verschwunden war. »Die arme Frau kann ja schließlich nichts dafür, dass man sie
zu uns abkommandiert hat.«
    Â»Ich habe ihr eigenhändig einen Stuhl hingestellt! Und zweimal die
Hand gegeben.«
    Â»Sie wissen genau, was ich meine.«
    Â»Wenn sie so ruhig bleibt wie bisher, dann werde ich nett zu ihr
sein«, versprach ich und reichte ihr einige Akten zur Ablage über den Tisch.
»Haben Sie schon mal was von dieser Judith Landers gehört?«
    Sönnchen nickte. »Sie ist in Heidelberg aufgewachsen. Und später ist
sie bei der RAF gewesen. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern. In der
Stadt ist damals viel über sie geredet und geschrieben worden. Sie hat mindestens
drei Menschen umgebracht. Darunter zwei Polizisten. Und seither ist sie spurlos
verschwunden.«
    Â»Sie ist nie gefasst worden?«
    Â»Doch«, antwortete Helena Guballa hinter mir, die unbemerkt und
ungehört zurückgekehrt war. »Drei Mal sogar. Aber sie ist uns jedes Mal wieder
entwischt. Beim ersten Mal konnte sie durch ein idiotischerweise unvergittertes
Fenster eines Polizeireviers in Eschweiler entkommen. Zwei Jahre später wurde
sie wieder gefasst, in einem Vorort von Beirut. Aber bei der Überstellung nach
Deutschland ist einiges schiefgelaufen. Bei der Zwischenlandung in Rom konnte
sie entkommen. Das war zweiundneunzig. Ein Jahr später hat sie dann beim
dritten Versuch, sie festzunehmen, zwei Polizisten erschossen.«
    Â»Und seither ist sie verschwunden? Seit fast zwanzig Jahren?«
    Die Zielfahnderin schlug die braunen Augen nieder, als hätte ich ihr
einen Vorwurf gemacht. »Es gab immer wieder Hinweise aus allen möglichen
Gegenden der Welt, aber nichts davon hat einer Überprüfung standgehalten.
Manche denken, sie sei tot.«
    Ich beugte mich vor und faltete die Hände auf dem Tisch. »Sie aber
nicht?«
    Â»Nein«, erwiderte Helena Guballa fest und sah mir zum ersten Mal in
die Augen. »Ich nicht.«
    Â»Und nachdem diese Frau zwanzig Jahre lang friedlich war, sich
vielleicht irgendwo eine bürgerliche Existenz aufgebaut hat, vielleicht auch
tot ist, da vermuten Sie, dass sie plötzlich einen Anschlag auf den
amerikanischen Wirtschaftsminister plant?«
    Ihr Blick blieb ruhig. Offenbar war sie es gewohnt, sich verteidigen
zu müssen. »Es gibt einen sehr ernst zu nehmenden Hinweis aus Italien. Von
einem V-Mann, den die Mailänder Kollegen bei den Brigate Rosse einschleusen
konnten.«
    Â»Und das ist alles?«
    Â»Ich finde, es ist genug.«

5
    Als ich sie vor einem Jahr zum ersten Mal traf, war
     Anna-Katharina Hagenow eine stolze Frau gewesen, die ein klein wenig Ähnlichkeit
     mit Theresa hatte. Damals hatte ich sie als Zeugin kennengelernt, als Nachbarin
     der verzweifelten Eltern des seit Wochen vermissten kleinen Gundram. Auch
     damals wollte sie mich unbedingt unter vier Augen sprechen und hatte sich geweigert,
     die Polizeidirektion zu betreten. Ihre Aussage lenkte den Verdacht auf die
     Eltern selbst, was sich später glücklicherweise nicht bewahrheitete.
    Heute war die stolze Frau von damals ein Schatten ihrer selbst. Das
     Gesicht nachlässig geschminkt, das marineblaue Leinenkleid zerknittert, die
     halbhohen, farblich perfekt abgestimmten Schuhe staubig, der Blick aus den
     früher beeindruckenden dunklen Augen waidwund. Sie erwartete mich vor der Tür
     des kleinen Restaurants.
    Â»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte sie heiser, als wir uns die
     Hände reichten. »Ich werde selbstverständlich die Rechnung übernehmen. Wo Sie
     schon Ihre wohlverdiente Mittagspause für mich opfern.«
    Â»Das

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