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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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hatte das ein profundes Wissen in Musikgeschichte beschert.
    Über antistatische Wischmops wusste er auch alles.
    Theresa kehrte zurück. »Es liegen nur zwei oder drei Briefe drin.«
    Henning machte zwei Schritte auf und ab in dem engen Flur, in dem es nur zwei Wohnungstüren gab. Er schloss seine Kür mit einer Pirouette ab. »Mach auf«, sagte er zu Per. »Wir schauen rein.«
    Der Schlosser war längst nach Hause gefahren. Per klappte seinen Kasten auf und nahm die Bohrmaschine heraus. Er bohrte eine halbe Minute, bis der Bohrkopf sich im Schloss verfranste.
    Per fluchte. »Die sind zu weich.«
    »Wie viele hast du?«
    »Vier. Ich nehme einen größeren.«
    Per schraubte einen neuen Kopf auf und setzte die Maschine wieder an. Henning und Theresa hielten sich die Ohren zu. Per fräste das kleine Loch mit dem größeren Bohrer auf. Aber weiter kam er nicht.
    »Hej!«, sagte Theresa. »Hört mal! Die Musik ist aus.«
    Theresa wollte hingehen und klingeln, doch vorher wurde die Tür aufgerissen. Alle starrten hin.
    Da stand ein Pilot in voller Montur, mit Schirmmütze und goldenen Streifen am Ärmel. Der Mann starrte nicht weniger verwundert zurück.
    »Die Polizei«, sagte Henning und ging auf den Mann zu. Er hatte ein rot geduschtes Gesicht und roch nach viel Rasierwasser. »Wohnst du hier?«
    »Ja. Örjan Sällström.«
    »Wir suchen nach deinem Nachbarn. Hast du einen Moment Zeit?«
    »Eigentlich bin ich auf dem Weg nach Paris.«
    Das konnte Henning riechen. »Wann hast du Berthold Schyman zuletzt gesehen?«
    Örjan Sällström dachte nach. »Das ist schon etwas her. Er sitzt ja im Rollstuhl, und ich bin selten hier. Ist er nicht da?«
    »Vielleicht liegt er da drin?«, sagte Theresa.
    Das hielt Sällström für nicht sehr wahrscheinlich. »Er bekommt doch Pflege. Manchmal ist er auch im Pflegeheim.«
    Per ächzte nur und schmiss den Schraubenzieher in seinen Werkzeugkasten. Henning wollte wissen, was das für ein Pflegeheim war.
    »In Solberga, glaube ich.«
    »Ja, vielen Dank. Wir wollen dich nicht aufhalten.«
    »Tut mir leid«, sagte Theresa, nachdem sich die Aufzugtür geschlossen hatte. »Der ist hier immer noch gemeldet.«
    Henning starrte einige Sekunden lang auf die geschlossene Tür. Dann bedeutete er den anderen mit einem Handzeichen, hier zu warten und ging die Treppe hinab. Draußen auf der Straße wurde der letzte Rest der Abendsonne von den Bäumen verdeckt. Er rief Sofi an, um sich die Pflegeheime in Solberga heraussuchen zu lassen. Bis auf kleine ambulante Pflegestationen gab es nur eine größere Anstalt, das Solberga Sjukhem. Nach dem Auflegen rief Henning dort an und fragte nach Berthold Schyman.
    Eine Minute später war Henning wieder oben und starrte erneut auf die Tür. Per hatte seine Sachen bereits zusammengeräumt.
    »Und?«, fragte Theresa unsicher.
    »Berthold Schyman ist vor drei Monaten gestorben.«

69
    Er war zu erwarten gewesen, dass die Pressekonferenz zu einer politischen Grundsatzrede geraten würde. Sten war nun seit über einem Jahr Reichskriminalchef. In dieser Zeit war er damit beschäftigt gewesen, die Reformen seiner Vorgängerin rückgängig zu machen und in die Gegenrichtung zu marschieren. Der Tag war nun gekommen, wo er sich in aller Öffentlichkeit selbst dafür loben musste. Die Reichsmordkommission war so gut wie aufgelöst gewesen. Die Idee, die lokalen Polizeibehörden Morde selbst aufklären zu lassen, hatte zu einem katastrophalen Anstieg der ungelösten Fälle und falscher Anklagen geführt. Das habe nicht zuletzt das südschwedische Ystad im letzten Herbst gezeigt, wo es in den letzten dreißig Jahren nur zwei Morde gegeben hatte und die Polizei mit dem Doppelmord mangels Erfahrung völlig überfordert gewesen war. Die alte Reichsmord wiederzubeleben, das war eine selbstverständliche Pflicht gewesen. Zudem autonom operierende Ermittlergruppen zu ersinnen, damit habe sich die schwedische Reichskriminalpolizei an die Spitze der Avantgarde in der Ermittlungstechnik gesetzt.
    Sofi brauchte den halben Schokoladenriegel lang, um zu kapieren, dass Sten Haglund gerade von ihr sprach, und von Kjell, Barbro und Henning. Zum Glück war sie wegen ihres Einsatzes am Nachmittag von ihrem Auftritt befreit worden. Diese neuen Gruppen arbeiteten entgegen der alten Schule nach der experimentellen Szenarienmethode. Sofi konnte Kjell an den Augen ablesen, dass auch er zum ersten Mal davon hörte.
    Und jetzt zahle es sich aus, diesen zugegeben riskanten Weg rechtzeitig, das hieß

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