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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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kurzer Zeit zu durchblicken, was in einer Firma vor sich ging. Kjell fand das verwunderlich, denn Ragnar war ein Mann, dem man seine moralischen Grundsätze äußerlich ansah. Er sprach stets mit Ernsthaftigkeit über alles und trug dabei eine Brille mit bernsteinfarbenem Horngestell auf der Nasenspitze.
    Ragnars Stimme klang müde. Er war bereits in einem Alter, wo die Kurve zu einer gewissen Uhrzeit steil abfiel. Im Hintergrund erkannte Kjell die Spätnachrichten. Wahrscheinlich hatte er ein Glas warmer Milch in der Hand.
    »Wie schnell kannst du hier sein?«, fragte Kjell und wies dann noch auf den Ernst der Lage hin. Nach dem Auflegen eilte er zum Ankläger, um die nötigen Unterschriften zu bekommen. Zuerst musste er herausfinden, ob der Junge aus Skarpnäck mit dem Namen David Schumann für Jernberg, Fägerskiöld & Maurizon arbeitete oder ob es eine andere Möglichkeit gab, wie er an die Schrift gekommen sein konnte. Bereits nach einer Viertelstunde erschienen zwei Mitglieder aus Ragnars Gruppe im Büro.
    Nach einer genauen Lektüre des Firmenprofils und aller anderen Auskünfte auf der Internetseite der Firma hätte Kjell nicht einmal grob sagen können, womit das Unternehmen sein Geld verdiente. Dort war von Risikomarkt, Investorenbeziehungen, Kapazitäten, Ratings, finanzieller Performance, Marktteilnehmern und Einschätzungen die Rede. Ob Ragnars Leute mit diesen Begriffen etwas anzufangen wussten, blieb offen, denn sie kannten das Unternehmen ohnehin bereits. Wenn im Ostseegebiet Frachtgut, Schiffe und Mannschaft versichert werden mussten, was immer der Fall war, dann handelte JFM die Versicherung aus. Dazu benötigte die Agentur Büros in Stockholm, Malmö, Göteborg, London und Amsterdam. Zudem besaß sie kleine Niederlassungen in den großen Häfen dieser Welt, wie in Casablanca, Genua oder Sydney.
    »Traditionell sind sie im Ostseegeschäft«, sagte Sigurd, einer der älteren Ermittler, der zwei Wochen vor der Pensionierung stand. »Sie versichern das ganze Fährgeschäft. Die Firma wurde 1971 gegründet und durch sehr langfristige Verträge mit Schiffs- und Fluggesellschaften aus den Anfangsjahren sehr wohlhabend. Fägerskiöld ist bereits Ende der Achtziger ausgetreten. Maurizons Anteil hat sich vor sieben Jahren von 33 Prozent auf zehn verringert, wahrscheinlich ist er nur noch stiller Teilhaber. Die drei müssen alle recht alt sein. Als Geschäftsführer ist Stavros Jernberg eingetragen. Das ist der Sohn von Yngve Jernberg, der Ende der Neunziger die Führung an ihn übergeben hat.«
    Wenn die Buchhaltung am Sergels Torg lag, überlegte Kjell, dann ließ sich auch nur dort erfahren, ob David Schumann bei der Agentur angestellt war. »Versuch mal, diesen Jernberg anzurufen.«

74
    Alles war viel schlimmer. Sie hätte sich nicht so viel Zeit lassen dürfen. Sofi saß erstarrt auf der Bank, als Barbro sich ihr näherte. Fremdes Blut klebte in blassen Streifen auf ihren Unterarmen. Wie immer hatte das Leben an Sofi eine ganz elementare Form angenommen. Barbro wollte sie gerade zur Männertoilette zerren, um ihr das Blut von den Armen abzuwaschen, als ein Arzt die Tür zum Operationssaal von der anderen Seite aufschob.
    »Klara?«, fragte der Arzt Sofi.
    »Klara?«
    Der Arzt nickte. »Er hat Klara gesagt.«
    »Und sonst?«, fragte Barbro, die nur Statistin war.
    »Etwas wie ›üx‹ oder ›ix‹, wir haben es nicht verstanden.«
    Sofi starrte den Arzt mit ihren schwarzen Knopfaugen an. Er aber deutete ein bedauerndes, aber endgültiges Kopfschütteln an. Sofi sank zurück auf die Bank.
    Barbro stand hilflos daneben. Jetzt zerriss es Sofi den Kopf bei der Überlegung, wie sie die Zeit um einige Stunden zurückdrehen konnte. Von der Erkenntnis, dass sich die Weichen im Leben immer schon viel früher stellten, war sie noch ganz weit entfernt. Nach einer Weile begann Barbro, einige Schritte auf- und abzugehen. Dann rief sie Kjell an, um ihm zu sagen, dass David Schumann tot war.
    Mit Ragnar trafen auch Henning und Per im Büro ein. Sie hatten den Computer aus der Wohnung in Skarpnäck mitgebracht und einige andere Gegenstände.
    »Wir haben Theresa dortgelassen und ihr noch zwei Polizisten zur Verstärkung geschickt«, sagte Henning. »Theresa soll weiter in der Wohnung herumwühlen, aber ich glaube nicht, dass sie dort noch auf etwas stößt. Wir sind dort fertig. Er hat alles mitgenommen, was wichtig ist.«
    Jetzt waren die drei Räume der Gruppe voller Menschen. Henning stand im Aufenthaltsraum und

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