Die Falsche Tote
kochte Kaffee. Das war das Schöne an einem wie ihm. Mit etwas Kaffee konnte er zwei Tage ohne bemerkenswerte Höhen und Tiefen durcharbeiten, wie ein Dieselgenerator. Kjell hatte alle Aufgaben verteilt und einen Plan für die nächsten Schritte entwickelt. Der Geruch des Kaffees versammelte alle am Tisch des Besprechungsraums.
»Thorbjörn Maurizon müssen wir wohl vergessen«, begann Sigurd. »Er ist zweiundsiebzig und hat sich längst irgendwo im Süden ein schönes Plätzchen gesucht, wo die Steuern niedriger und die Frauen käuflicher sind.«
Kjell hatte sich mit Stavros Jernberg befasst. »Der ist leider auch nicht zu erreichen. Es gibt nur eine Telefonnummer von seinem Haus in Djurgården. Henning, kannst du gleich prüfen, ob es sich um das Grundstück handelt, auf dem diese Fotos aufgenommen wurden?«
Henning nickte. »Zufall ist das keiner, wenn du mich fragst.«
»Na ja«, seufzte Ragnar. »Von unseren Klienten wohnen fast alle dort.«
»Aber man sieht Nacka im Hintergrund. Das Grundstück muss also auf der Südseite am Wasser liegen.«
»Das ist eben das Problem«, fand Ragnar. »Solche Bilder gibt es nämlich auch von meiner Frau, und zwar, wenn wir sonntags in Waldemarsudde Kaffeetrinken gehen. Wir sollten lieber versuchen, einen Ansprechpartner für das Büro am Sergels Torg zu finden. Wenn ich alles richtig verstanden habe, wollt ihr ja vor allem die Rolle dieses Jungen klären.«
Kjell blickte hinab auf seinen Notizblock. Es war dieser griechische Vorname, der nicht zu einem Schweden zu passen schien. Warum war Stavros Jernberg in Athen geboren? Vielleicht war das der Grund für den griechischen Vornamen. An Stavros schien ihm alles verheißungsvoll, auch der Tag seiner Geburt am 28. Oktober 1972. Zweiunddreißig Jahre vor diesem Datum hatte der griechische General Metaxas Mussolinis Aufforderung zur kampflosen Kapitulation Griechenlands zurückgewiesen, indem er nur das Wort »Nein« zurücktelegrafierte. Seitdem feierten die Griechen diesen Tag als »Tag des Nein«, und auch wenn es der Nationalfeiertag war, so war es doch ganz schön unglücklich, an einem Tag geboren zu sein, der Nein hieß und zudem mitten in der Zeit der Diktatur lag. Wieso hatte der Vollschwede Yngve Jernberg dort zu jener Zeit einen Sohn bekommen? Aus dem Personalregister ging hervor, dass Yngve damals nicht verheiratet gewesen war. »Was haltet ihr davon, wenn wir uns aufteilen? Ragnars Leute nehmen sich die Agentur vor und wir uns den Eigentümer Jernberg.«
Hennings Telefon klingelte. Er sah auf die Anzeige und hob sofort ab. »Es ist Theresa«, sagte er nach kurzem Zuhören und drückte sich das Telefon an die Brust. »Sie hat ein Fahrzeug vor dem Haus beobachtet. Erst hat sie geglaubt, da komme die Verstärkung, aber anscheinend hat der Wagen bei laufendem Motor gehalten. Als Theresa aus dem Fenster gewinkt hat, ist er mit hohem Tempo weggefahren.«
»Hat sie die Nummer?«, fragte Kjell.
Henning schüttelte den Kopf. »Sie behauptet, dass es ein M6 Coupé in Monacoblau metallic gewesen sei mit der Madeira Edelholzinnenausstattung in Nussbaum. Das habe sie so geblendet, dass ihr das Kennzeichen entgangen sei.«
»Ist die nicht ganz dicht?«
»Sie ist dicht am Wahnsinn, ja.«
Per verdrehte bestätigend die Augen.
»Hat sie wenigstens die Insassen erkannt?«, fragte Kjell.
Henning hielt Rücksprache. »Da war wohl das Madeira stärker. Kann ja auch irgendein Idiot gewesen sein, der mit seinem neuen Auto spazierenfährt.«
»Kann ich verstehen, dass man am Horisontvägen voll durchstartet«, bestätigte Per.
75
Am Fridhemsplan hielt Barbro an der Einfahrt zur Polizeigarage. Es dauerte eine Weile, bis der Mann im Häuschen die Schranke öffnete. Sofi saß still neben ihr und starrte zum dunklen Kronobergspark, der über der Einfahrt lag. Auf einmal hatte sie die Hand am Türöffner.
»Ich gehe durch den Park, ja?«
»Klar«, sagte Barbro.
Sofi sprang aus dem Wagen und eilte auf den Park zu. Obwohl die Schranke oben war, blickte Barbro ihrer Kollegin hinterher. Sie sah von hinten, wie Sofi sich vor Weinen schüttelte. Dann verschwand sie in der Dunkelheit. Blöde Gedanken drehten in Barbros Kopf ihre Runden, als sie sich unten durch die Parkreihen schlängelte. Zum Beispiel, wie viel der Kapazität von Gottes Gehirn davon belegt wurden, Sofis Schicksal so schwungvoll auszumodellieren. Barbro dachte an Sten Haglund in seinem blassgrauen Funktionärszweireiher, der sie selbst mit einem knappen Kommentar dazu
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