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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Amelie zu tun, oder nur entfernt.
    Sie packte alles wieder ein und arrangierte die Kartons, als wäre nichts gewesen. Dann stand sie auf und schloss die Balkontür. In diesem Moment klingelte es. Linda erstarrte. Sie hatte die Tür ganz schön zugeknallt, das hatte man draußen bestimmt gehört. Sie rührte sich nicht mit dem Türgriff in der Hand.
    Es klingelte wieder. »Hallo?«, hörte sie eine dumpfe Stimme. Der war schon hier oben! Alle Lichter in der Wohnung brannten. Sah man das von außen?
    Es klopfte. Linda sah sich um. Sie hatte alles in Ordnung gebracht und konnte alles erklären. Sie schlich zur Tür und blickte durch den Spion. Da stand ein Mann und blickte ungeduldig nach unten. Der würde nicht wieder gehen, das war klar.
    Linda öffnete die Tür, aber nicht zu weit.
    »Ja?«
    Der Mann antwortete nicht, er starrte sie irritiert an.
    »Wie alt bist du?«
    Linda wusste nicht, was sie antworten sollte. Der Mann selbst war vielleicht vierzig und hatte schwarzes Haar.
    »Wieso fragst du das?«
    Der Mann schnappte nach Luft, als wäre er empört. »Aber du bist Amelie?« Er warf einen hastigen Blick über die Schulter in den dunklen Gang, dann drückte er gegen die Tür.

43
    Mittwoch, 8. August
    Kjell erwachte von der fremdartigen Polizeisirene, die durch das offene Fenster drang, und blickte in die Dunkelheit, bis er spürte, dass er zur Toilette musste. Auf dem Rückweg zum Bett entdeckte er den Lichtstreifen unter der Türschwelle. Er folgte dem Licht und öffnete die Tür einen Spaltbreit. Sofi saß an dem runden Tisch im Verbindungszimmer der Suite und hatte ihr gesamtes Computerinventar vor sich aufgebaut. Er zögerte und überlegte, ob er sich wieder zurückziehen sollte, weil sie sich mit zerwühltem Haar unter dem gelben Lichtkegel über ihren Bildschirm gebeugt hatte und den Programmzeilen folgte. Da wollte er lieber nicht stören, das hatte er in den Wochen, seit sie sich kannten, gelernt.
    »Du kannst Kaffee haben«, sagte sie und legte eine Hand auf die Kanne, bevor sie sie wieder zum Weiterschreiben brauchte. »Der ist noch ganz heiß.«
    Er schloss alle Knöpfe seiner Schlafanzughose, setzte sich zu ihr und goss sich Kaffee in die zweite Tasse. Wie spät war es überhaupt?
    »Sieh mal«, begann sie sogleich. Auf einem Stück Papier hatte sie Straßen und Häuser skizziert. »Das sind die Daten von Henning. Hier sind die Stellen eingezeichnet, wo mit Josefins Karte Geld abgehoben wurde. Und mit den Uhrzeiten kann man die Route verfolgen und ausrechnen, wie lange sie von Automat zu Automat gebraucht hat.«
    Sie ließ ihm einen Augenblick, um sich in der Zeichnung zu orientieren und sich am Kinn zu kratzen. Die Bartstoppeln knirschten, jedenfalls hörte er es.
    »Sie?«
    »Oder ein anderer. Die Person muss in großer Eile gewesen sein. Henning hat sich über die Protokolle der Automaten hergemacht, und an einem Donnerstag um kurz vor Mitternacht steht man in dieser Gegend zehn Minuten in so einer Schlange.«
    Er nickte. Sofi wohnte nur einige Straßen weiter und wusste, wovon sie sprach. »Sprich weiter.«
    »Ich habe die Zeiten genau durchgerechnet. Wenn man alles einbezieht, kann eine Person die Stationen nicht allein abklappern. Sie kann diese Zeiten nicht schaffen. Henning hat sich beim Betreiber erkundigt, weil er wissen wollte, warum das 5000-Kronen-Limit bei Josefins Karte die weiteren Abhebungen nicht verweigert hat. Obwohl Henning sehr hartnäckig war, hatte der Betreiber nur die Erklärung, dass es sich um einen Datenfehler handeln müsse. Der sei nicht mehr rekonstruierbar, dazu brauche man die Karte. Mehr konnte Henning mit seinen Mitteln nicht ausrichten.«
    »Ich verstehe, worauf du hinauswillst, aber …«
    »Moment noch. Die Götgata-Tour lässt sich nur bewerkstelligen, wenn man mindestens zu zweit ist.« Sofi hielt ein Victory-Zeichen in die Luft.
    »Einer hat also schon bei der nächsten Schlange angestanden, während der andere noch an der vorherigen Station abhob?«
    Sofi grinste, weil er ihren Gedankengang nachvollziehen konnte. »Ich habe mich gefragt, warum es so laufen musste. Man kann ja auch in andere Stadtteile fahren, wo nichts los ist. Zum Beispiel in Reimersholme.«
    »Da gibt es keine Automaten. Wenn du nicht erklären kannst, warum dieser Nachteil in Kauf genommen wurde, dann musst du dich fragen, ob das nicht auch der Vorteil sein könnte.«
    »Wer die Masse sucht, will sich in ihr verbergen, das denkst du auch, oder?«
    Er nickte stumm.
    »Es kann jedoch kein

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