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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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unhaltbar; seine Gefangennahme wäre von den Behörden in Quebec und Montreal gewiß nicht geheim gehalten worden.
    Ebenso verhielt es sich bezüglich des Herrn de Vaudreuil. Vincent Hodge, Farran und Clerc wußten nicht, was aus ihm geworden sei. Ihnen war nur bekannt, daß er bei St. Charles eine schwere Verwundung erhalten; Niemand hatte aber gesehen, daß Johann ihn vom Schlachtfeld weggetragen und in Sicherheit gebracht hatte, und eine Nachricht von seiner Gefangennahme war auch nicht eingetroffen. Was Clary de Vaudreuil betrifft, so hatte Vincent Hodge nach dem Augenblicke, wo er sie aus den Händen der umherschweifenden betrunkenen Soldaten befreite, ihre Spur nicht wiederfinden können.
    Nun stelle man sich die Freude vor, welche alle Freunde Herrn de Vaudreuil’s empfinden mußten, als sie diesen im Laufe des 10. December in Begleitung seiner Tochter und einer bejahrten Frau, welche Niemand kannte, auf der Insel Navy eintreffen sahen.
     

    »Ja, die Krieger meiner Tribus«, antwortete Meister Nick. (S. 343.)
     
    Diese Frau war Bridget.
    Nach dem Weggange Johanns wäre es ohne Zweifel das Beste gewesen, auch noch ferner im geschlossenen Hause zu bleiben, da Herr de Vaudreuil hier kaum noch Gefahr lief, entdeckt zu werden. Wo hätte seine Tochter ein anderes und sichereres Obdach finden sollen? Die durch die Freiwilligen bei ihrem Zuge durch die Insel Jesus niedergebrannte Villa Montcalm war nur noch eine Ruine. Uebrigens wußte Herr de Vaudreuil noch nicht, aus welchem Grunde Rip im geschlossenen Hause keine weiteren Untersuchungen hatte anstellen lassen. Clary hatte das Geheimniß dieser befleckenden Protection bewahrt, und er wußte also nicht, daß er der Gast einer Bridget Morgaz war.
    Mehr für seine Tochter als für sich selbst das wiederholte Eindringen von Polizisten fürchtend, hatte Herr de Vaudreuil an dem einmal entworfenen Plan nichts geändert sehen wollen. Am Nachmittage des nächstfolgenden Tages, und als er sicher war, daß die Königlichen St. Charles verlassen, hatte er mit Clary und Bridget in dem Planwagen des Farmers Archambaud Platz genommen. Alle Drei begaben sich ohne Aufenthalt nach dem Süden der Grafschaft St. Hyazinthe, und sobald sie von der Wiederansammlung der Patrioten auf der Insel Navy erfuhren, beeilten sie sich, die amerikanische Grenze zu erreichen. Am Abend vorher und nach einer recht beschwerlichen und nicht minder gefährlichen Fahrt in Schlosser angelangt, befanden sie sich jetzt inmitten ihrer Freunde.
    Bridget hatte also zugestimmt, Clary de Vaudreuil zu folgen, obwohl diese ihre Vergangenheit kannte?… Ja, die unglückliche Frau hatte ihren Bitten nicht zu widerstehen vermocht.
    Die Abreise war unter folgenden Verhältnissen vor sich gegangen:
    Als sie nach der Flucht Johanns ebenso wie dieser es empfand, daß sie ihren Gästen nur ein Gegenstand des Entsetzens sein könne, hatte sich Bridget nach ihrem Zimmer zurückgezogen. Welch’ schreckliche Nacht verbrachte hier das arme Weib! Wußte sie doch nicht, ob Clary ihrem Vater verheimlichen würde, was sie erfahren hatte. Nein, wahrscheinlich nicht; und am nächsten Tage schon mußte dann Herr de Vaudreuil nichts Eiligeres zu thun haben, als das geschlossene Haus zu fliehen… ja, zu fliehen, selbst auf die Gefahr hin, den Königlichen in die Hände zu fallen; lieber zu fliehen, als noch eine Stunde unter dem Dache der Morgaz zu verweilen.
    Auch Bridget wollte ja selbst nicht länger in St. Charles bleiben. Sie wollte es nicht abwarten, unter öffentlicher Beschimpfung von hier vertrieben zu werden. Weit, weit fort wollte sie gehen und von Gott erflehen, daß er sie von diesem entsetzlichen Leben bald erlöse.
    Am folgenden Morgen schon mit Tagesanbruch sah Bridget aber das junge Mädchen in ihr Zimmer treten. Sie wollte eben daraus weggehen, um nicht mit ihr zusammenzutreffen, als Clary sie mit trauriger und doch so theilnehmender Stimme anredete.
    »Frau Bridget, begann sie, ich habe vor meinem Vater Ihr Geheimniß bewahrt. Er weiß nichts und wird nie etwas wissen von Ihrer Vergangenheit, und auch ich will dieselbe vergessen. Ich werde mich nur erinnern, daß, wenn Sie die unglücklichste der Frauen, Sie doch auch die ehrenwertheste von allen sind!«
    Bridget erhob nicht einmal den Kopf
    »Hören Sie mich an, fuhr Clary fort. Ich hege für Sie gern und willig die Achtung, auf welche Sie ein so volles Recht haben, und ich habe für Ihr Unglück das Mitgefühl, die Theilnahme, welche dasselbe verdient.

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