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Die Familie: Roman (German Edition)

Die Familie: Roman (German Edition)

Titel: Die Familie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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richtete sich mühsam auf und drehte sich um. Eine junge Frau auf der ersten Sitzbank hatte die Taschenlampe. Sie hielt sie auf Tom und den Mann gerichtet.
    Darcy hörte ein Gewirr von Stimmen, die alle zugleich Fragen stellten. Sie hob eine Hand, um für Ruhe zu sorgen.
    »Sie fragen sich bestimmt alle … Tom ist gestürzt, als das Licht ausging, und ich glaube, er ist mit dem Kopf auf diesen Stalagmiten neben dem Boot geschlagen. Aber wir haben ihn rausgeholt, und ein Herr gibt ihm Mund-zu-Mund-Beatmung. Ich glaube, er kommt wieder in Ordnung.«
    »Man muss Sie für Ihr schnelles Handeln loben«, sagte eine Stimme in der Dunkelheit.
    Es erklang zustimmendes Gemurmel und vereinzelter Applaus.
    »Das Wichtigste ist jetzt«, sagte sie, »dass wir alle Ruhe bewahren.« Darcy zitterte heftig. Sie schlang die Arme um die Brust. »Offenbar gab es einen Stromausfall. Ich bin sicher, dass das bald behoben wird und das Licht wieder angeht. Bis dahin gibt es keinen Grund zur Beunruhigung. Wir sind hier völlig sicher. Verdammt, eine Höhle ist der sicherste Platz auf der Welt, was auch immer oben vorgehen mag.«
    Das hätte ich nicht sagen sollen.
    Das anschwellende Getuschel klang beunruhigt.
    »Ich will damit nicht sagen, dass oben etwas passiert ist«, fügte sie hinzu.
    »Woher kommt der Strom?«, fragte jemand.
    »Generatoren in der Anlage.«
    »Ist so etwas schon mal passiert?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Aber ich bin neu hier. Kyle!«, rief sie. »Sind die Generatoren schon mal ausgefallen?«
    »Nein. Noch nie.«
    Scheiße.
    »Es ist etwas passiert!«
    »Krieg«, murmelte jemand. »Ein Atomkr…«
    »So ein Blödsinn«, schnauzte Darcy. »Wahrscheinlich ist es nur eine ganz normale Panne. Sie werden es ruckzuck repariert haben. Deshalb sollten wir niemanden durch abwegige Vermutungen …«
    Hinter Darcy ertönten Würggeräusche. Sie wandte sich um. Der Mann erhob sich schnell und drehte Tom auf die Seite, als wässriges Erbrochenes aus seinem Mund schoss. Es bespritzte die Hose der Frau mit der Taschenlampe. Tom würgte immer noch. Dann begann er, zu husten und zu stöhnen.
    Er erholt sich, dachte Darcy.
    Doch sie verspürte keine Erleichterung.
    Dieser Idiot mit seinem Atomkrieg.
    Mein Fehler, sagte sie sich. Ich habe ihn wahrscheinlich auf die Idee gebracht. Erdbeben und Atomkrieg. Wenn eine Höhle der sicherste Platz ist. Vielleicht sollte ich das aus meiner Rede streichen.
    Aber was ist dann oben geschehen? Irgendwas hat auf jeden Fall den Strom ausgeknipst.
    Sie dachte an ihre Mutter, die zu Besuch gekommen war und in dem Hotel gleich über der Höhle wohnte. Was, wenn es wirklich eine Katastrophe gegeben hatte?
    »Was ist mit den Aufzügen?«, fragte eine Stimme hinter ihr.
    Sie sah über die Schulter. »Sie werden auch nicht funktionieren. Aber, wie gesagt, ich bin sicher, dass die Stromversorgung bald repariert wird.«
    »Na toll.«
    »Wir sind hier gefangen«, flüsterte jemand in der Nähe.
    »Ich bin sicher«, sagte Darcy, »dass wir alle rechtzeitig zum Mittagessen raus sind.«
    Mit gedämpften Stimmen besprachen die Leute die Lage und beruhigten ihre Ehepartner und Kinder oder teilten ihre Bedenken mit Freunden und Fremden.
    Darcy drehte sich wieder zu Tom. Er richtete sich hustend auf und drückte sich ein Taschentuch an die Seite des Kopfes. Der Mann hielt ihn mit einer Hand an der Schulter fest.
    »Wie fühlst du dich, Kumpel?«, fragte sie.
    Tom antwortete mit einem Stöhnen.
    »Schlecht?«
    »Wie ein Stück Scheiße«, ächzte er.
    Es tat gut, seine Stimme zu hören. Darcys Kehle schnürte sich zusammen. Sie strich mit einer Hand über das nasse Haar auf seinem Kopf. »Wir bringen dich so schnell wie möglich hier raus.«
    Er blickte zu ihr auf. Die Frau mit der Taschenlampe war so klug, ihm nicht in die Augen zu leuchten, doch das Streulicht erhellte sein Gesicht. Seine Gesichtzüge wirkten schlaff, die Augenlider hingen herunter, der Mund stand offen. »Was zum …?«
    »Ein Stromausfall.«
    Er seufzte und löste dadurch einen Hustenanfall aus.
    Der Mann neben ihm auf der Bank stand auf. »Warum legen Sie sich nicht hin?«, schlug er Tom vor. »Wir finden etwas, um Sie zuzudecken.«
    »Er kann meine Jacke haben«, sagte der Mann, der Darcy ins Boot geholfen hatte.
    Darcy setzte Tom behutsam auf die Bank. Er legte die Füße auf das Dollbord. Bald war er mit drei Jacken und einem Pullover zugedeckt.
    »Das sieht ganz bequem aus«, sagte sie.
    »Wir sollten ihn so schnell wie möglich ins

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