Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Familie: Roman (German Edition)

Die Familie: Roman (German Edition)

Titel: Die Familie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
Krankenhaus bringen«, sagte der Mann neben ihr. »Er hat wahrscheinlich einen Schock und eine leichte Gehirnerschütterung, aber die Kopfverletzung … man kann nie wissen.«
    Darcy sah ihn an. Er war ein großer, kräftiger Mann mit breitem Gesicht und ausladenden Schultern. Er trug ein Sweatshirt. »Danke für all die Hilfe«, sagte sie. »Sind Sie Arzt?« Eigentlich sah er eher wie ein Footballspieler aus.
    »Ich habe während meines Jurastudiums als Krankenpfleger gearbeitet. Und ich war ein paar Jahre Polizist. Aber vielleicht gibt es hier unten einen Arzt.«
    Unten den vierzig Touristen in den Booten könnte es zumindest einen Arzt geben. Darcy wandte den Kopf und fragte nach.
    Kein Glück.
    »Tja, es war einen Versuch wert.« Sie streckte dem Mann die Hand entgegen. »Ich bin Darcy Raines«, sagte sie, obwohl sie sich zu Beginn der Tour schon der ganzen Gruppe vorgestellt hatte.
    »Greg Beaumont.« Er erinnerte sich, dass seine Hand mit Toms Speichel verschmiert war, und wischte sie an seiner Jeans ab. Darcy kümmerte es nicht. Sie drückte seine große Hand, als er sie hob.
    »Danke noch mal«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was ich sonst getan hätte.«
    »Du hast genau das Richtige gemacht. Aber es freut mich, dass ich helfen konnte. Und jetzt sollten wir uns darum kümmern, wie wir hier rauskommen.«
    »Wir können hier nicht raus«, flüsterte sie. »Die Aufzüge sind der einzige Ausweg und …«
    »Wir sollten zumindest so tun, als ob«, sagte Greg. »Bis jetzt haben sich die Leute gut gehalten, aber sie werden bald anfangen durchzudrehen.«
    In der Dunkelheit hinter ihnen begann ein Kind zu weinen.

2
    Sie werden anfangen durchzudrehen, dachte Darcy. Doch solange sie in den Booten blieben, war es unwahrscheinlich, dass jemand verletzt würde. Früher oder später würde das Licht mit Sicherheit wieder angehen.
    Es gab nur eine Taschenlampe, sofern nicht Toms noch funktionierte. Trotz des Gehwegs und der Geländer, die von der Anlegestelle zu den Aufzügen führten, würde es schwierig werden, die ganzen Leute durch die Dunkelheit zu geleiten. Der Weg war kurvig, abschüssig und von Stufen unterbrochen. Stürze waren fast unvermeidlich. Und was war mit Tom? Was, wenn er nicht aus eigener Kraft laufen konnte? Man würde ihn stützen oder sogar tragen müssen.
    Das alles, um zwei Aufzüge zu erreichen, die ohnehin nicht funktionierten, ehe die Stromversorgung wiederhergestellt war. Und dann würde auch das Licht wieder angehen. Warum sollten sie also nicht einfach abwarten und erst den Rückweg antreten, wenn die Höhle wieder hell erleuchtet war?
    Was, wenn das noch Stunden dauert?
    Was, wenn es bis morgen dauert?
    Was, wenn es niemals passiert?
    Bei diesem Gedanken verkrampfte sich Darcys Magen, und sie begriff, dass alle in den Booten sich dasselbe fragten, dasselbe aufkommende Entsetzen empfanden.
    Plötzlich fiel ihr Lynns Gruppe ein. Waren diese Leute auch hier unten eingeschlossen? Vermutlich nicht. Sie waren auf ihrem Rückweg an Darcy vorbeigekommen, eine ganze Weile vor dem Stromausfall.
    Die Führungen waren so angesetzt, dass sie sich überlappten; jede dauerte eineinhalb Stunden. Lynns Gruppe sollte also ungefähr zur selben Zeit oben angekommen sein, als Darcy Elys Mauer erreicht hatte.
    Es war wahrscheinlich knapp. Vielleicht hatten sie es geschafft, vielleicht auch nicht.
    Eine Hand drückte ihren Unterarm. Sie sah zu Greg. »Selbst wenn wir hier unten festsitzen«, flüsterte er, »sollten wir doch pro forma am Plan festhalten. Das ist besser, als einfach hier zu warten und die Leute ihren Sorgen zu überlassen.«
    »Ich glaube, du hast recht«, sagte sie. »Aber wir können die Boote nicht an den Felszacken durchs Wasser ziehen wie auf dem Hinweg. Das ist im Hellen schon schwierig genug.«
    »Sollen wir sie schleppen?«, schlug er vor.
    »Sonst müssten alle durchs Wasser waten. Ich nehme dieses Boot und gehe vor. Bist du bereit für ein Bad, oder sollen wir nach Freiwilligen fragen?«
    »Ich bin sowieso schon nass.«
    »Danke.«
    »Kein Problem.«
    Darcy wandte sich den Passagieren zu. Viele redeten gedämpft miteinander. Das Kind, das vorhin laut geweint hatte, schluchzte nun leise. Die Gespräche klangen aus, als die Taschenlampe Darcys Gesicht beleuchtete.
    »Tom scheint es schon viel besserzugehen. Ich möchte mich bei den Leuten bedanken, die ihre Jacken hergegeben haben, damit er nicht auskühlt. Ich bin sehr erfreut darüber, wie Sie sich alle angesichts dieser Situation, die

Weitere Kostenlose Bücher