Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
konnte, mussten wir einen Fluss mit dem Namen Schwarz überqueren. Man hätte ihn auch Styx nennen können. Wir sahen ihn schon von Weitem. Wie eine Schlange der Finsternis wand er sich zwischen Wald und Wiesen entlang und mündete schließlich in einen riesigen See. Hier mischte er sich mit dem Süßwasser des Königreichs, erklärte mir mein Fremdenführer, und bekam allmählich eine andere Farbe und Zusammensetzung.
»Wir könnten den See überqueren, um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen«, fügte er hinzu, »und den Equineds eine Pause gönnen. Dummerweise würde das zwei Tage dauern, und wir haben es eilig.«
Als ich mich wunderte, dass das Überqueren des Flusses solch ein Problem darstellte, antwortete er: »Du wirst es verstehen, wenn wir da sind.«
Eine Stunde später waren wir bis auf hundert Meter herangekommen. Selbst in dieser Entfernung roch es nach Schwefel und Kohlenwasserstoff. Während wir uns im Schritt näherten, erzählte mir Ergonthe mehr über den Fluss: Das pechschwarze Wasser des Stroms kam direkt aus den Schwarzen Welten und war mit teerhaltigem Schlamm angereichert, der so giftig war, dass das Ufer zu beiden Seiten auf einer Breite von etwa dreißig Metern abgestorben war. Nur wenige abscheuliche Kreaturen, die zufällig von der Strömung mitgerissen wurden, konnten darin überleben, um am Ende im zu sauberen Wasser zugrunde zu gehen. Ergonthe machte eine lange Pause, die ich nicht zu unterbrechen wagte.
»Wir sind hier nah an der Grenze«, fuhr er schließlich in ernstem Tonfall fort. »Es kann also gut sein, dass sich ein paar Raubtiere in diesen Strudeln herumtreiben. Deshalb vermeide ich es im Allgemeinen, Touristen hierherzubringen.«
»Im Allgemeinen?«, fragte ich. »Und was ist im Besonderen?«
»Ich sagte doch, ich vermeide es!«, versetzte er. »Der Letzte, der den Fluss Schwarz unbedingt aus der Nähe sehen wollte, hat dabei eine Hand verloren. Und ich musste sie selbst abhacken, damit der Rest vom Körper nicht ebenfalls draufging!«
Er sah mich mit einem so strengen Gesichtsausdruck an, dass ich nicht weiter nachhaken wollte. Dennoch konnte ich dem Bedürfnis, mehr zu erfahren, nicht lange widerstehen.
»Darf ich trotzdem fragen, was das für Kreaturen sind?«
»Diejenigen, die dir das beantworten könnten, haben es erst wenige Sekunden vor ihrem Tod erfahren.«
Nun ließ ich die Sache dann doch lieber auf sich beruhen.
Ergonthe wühlte in einer seiner Taschen und zog zwei rechteckige, dichte Stofftücher mit Bändern hervor, die wie chirurgische Masken aussahen. Er reichte mir eins davon und erklärte: »Hier, damit du nicht zu viel Gift einatmest.«
Ich dankte ihm, setzte es mir auf und verzog angewidert das Gesicht. Das gräuliche Stück Stoff war anscheinend schon öfter benutzt worden, denn es roch nicht mehr allzu sauber. Aber immerhin war es nicht giftig. Mit diesen lächerlichen Schutzmaßnahmen ausgerüstet, ritten wir schweigend und sorgenvoll auf den Fluss zu.
»Im Prinzip brauchen wir ein Fährboot an einem Seil«, sagte Ergonthe. »Da lang …«
Er zeigte auf ein paar versteinerte Sträucher, die schwarz und gekrümmt wie die Hände einer Mumie waren. Tatsächlich fanden wir auf einem schmierigen, schlüpfrigen Uferstreifen ein flaches Boot. In der Mitte hatte es einen kurzen Mast, an dem wir die Equineds festbinden konnten. Außerdem gab es auf der rechten Seite dicke Eisenringe, durch die ein rostiges Stahlseil führte. Das Seil war etwa einen halben Meter über der Wasseroberfläche von einem Ufer zum anderen gespannt und an zwei Steinpyramiden befestigt. Während Ergonthe die Equineds auf den Kahn führte und dabei beruhigend auf sie einredete, beobachtete ich die schwarz schimmernden, unheilvoll wirkenden Fluten. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dort irgendetwas lebte. Dieser Gedanke verschwand schnell, als ein geschuppter Rücken unter mir vorbeihuschte.
»Oh! Ergonthe, da … ein … ich weiß nicht, was!«, rief ich und deutete mit zitterndem Zeigefinger in den Styx.
»Ich hab’s gesehen. Ist schon in Ordnung, du kannst an Bord gehen. Setz dich auf die Bank da und bleib dort.«
Er zeigte auf ein Brett, das quer auf der Fähre lag, vor dem Mast und den Equineds. Als ich mich darauf niedergelassen
hatte, nahm ich mir fest vor, mich nicht vom Fleck zu rühren und keinen Mucks von mir zu geben, bis wir das andere Ufer erreicht hatten. Ergonthe kniete sich in den Bug und begann vorsichtig am Seil zu ziehen. Er
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