Die Farbe der Ewigkeit
seinen Leuten. Ich glaube nicht, dass Gott so etwas gewollt hat, aber … Na ja, ich nehme an, dass er zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt ist, als das er sich um die Ausschweifungen einer Handvoll seiner Leute kümmern könnte.“ Er holte tief Luft. „Ashael und seine Leute gehören zu den … sagen wir, streng konservativen Reihen unter den Angeli, die die alte Ordnung unbedingt aufrechterhalten wollen. Sie verfolgen jeden Abtrünnigen mit brennendem Hass, seien es gefallene Engel, denen aufgrund von begangenen Sünden die Rückkehr ins Elysium, also ins Paradies, verwehrt ist, oder Nephilim wie mir.“
„Aber das …“ Hope schluckte hart. „Das ist doch nicht fair! Und ich dachte, Engel gehören zu den Guten!“
Nick seufzte. „Das tun sie ja auch. Es ist alles ein bisschen kompliziert. Ohne die Angeli wäre der immerwährende Kampf zwischen den Mächten des Lichts und der Dunkelheit endgültig verloren, und die Welt würde in unbeschreibliches Chaos versinken. Aber das bedeutet nicht, dass nicht einige von ihnen arrogante und selbstgerechte Mistkerle sein können!“ Er stand auf und zog dabei Hope auf die Füße. „Komm, wir sollten nicht länger hierbleiben als unbedingt nötig. Der Wagen ist im Eimer, mit dem kommen wir heute Abend nicht mehr weiter. Ich fürchte, wir werden bis in den nächsten Ort laufen und uns von dort aus eine Mitfahrgelegenheit suchen müssen.“
Doch sie hatten Glück und waren gerade einmal etwas mehr als eine Stunde unterwegs, als ihnen ein anderes Fahrzeug entgegenkam, das gerade nach Beirut unterwegs war und sie mitnahm. Hope lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze auf der Rückbank und schloss die Augen. Eigentlich wollte sie sich nur einen winzigen Moment ausruhen, doch die Strapazen des Tages forderten ihren Tribut, und fast auf der Stelle schlief sie ein.
Obwohl es schon weit nach Mitternacht war, fand Nadine einfach keinen Schlaf. Nach dem Zwischenfall am Nachmittag, bei dem einer der arabischen Helfer gestorben war, hatten nicht wenige der Arbeiter es vorgezogen, in ihre Dörfer zurückzukehren. Wieder war die Rede gewesen von einem Fluch, der über dem Camp lag.
Nicht dass Nadine an diesen Unsinn glaubte!
Zumindest nicht bei hellem Tageslicht betrachtet. Doch jetzt, umgeben von all diesen fremdartigen Geräuschen, die ihr heute Nacht ganz besonders laut erschienen, sah die Sache schon ganz anders aus.
Ein bisschen merkwürdig war diese Serie von Unglücksfällen ja schon, die sich in den letzten Tagen rund um das Forschungsteam ereignet hatte. Zuerst Shellys Tod, dann die Sache mit dem Arbeiter, der aus bisher ungeklärten Gründen in der Nähe des Lagers verbrannt war – und heute dann der Unfall auf der Ausgrabungsstätte. War es wirklich möglich, dass es sich dabei noch um Zufälle handelte?
Aber ein Fluch? Nein, das konnte sie sich nun auch wieder nicht vorstellen.
Mit einem Seufzen stand sie auf und streifte sich einen Morgenmantel über ihr knappes Satinnachthemd, dann schlüpfte sie in ihre Hausschuhe und kletterte aus dem Zelt.
Sie wollte rüber zu Hope. Nicht, dass sie sich mit ihr besonders gut verstand, nein, aber sie brauchte dringend jemanden, mit dem sie reden konnte. Sonst würde sie noch den Verstand verlieren.
Obwohl es schon sehr spät war, tauchte der fast volle Mond das Camp in ein silbriges Licht, und es war beinahe taghell. Nadine war bereits auf halbem Weg zu Hopes Zelt, als sie einen dunklen Schatten erblickte, der das Lager durchquerte. Sie blieb stehen und kniff die Augen zusammen.
Ein Tier? Nein, viel zu groß. Vielleicht einer der Arbeiter?
Irgendetwas an der Art und Weise, wie die Person sich bewegte, kam ihr bekannt vor. Sie runzelte die Stirn. Nur was?
Ihre Neugier war geweckt und ihr eigentliches Vorhaben vergessen. Sie schlang ihren Morgenmantel enger um den Körper und folgte der Gestalt, die inzwischen das Camp verlassen hatte und sich den Ruinen der Phönizierstadt näherte.
Um Schritt halten zu können, musste Nadine sich beeilen. In ihren dünnen Filzschläppchen fiel ihr das nicht leicht, denn der Boden war mit spitzen Steinchen übersät, die sich schmerzhaft in ihre Fußsohlen bohrten. Doch das hielt sie nicht davon ab, der Gestalt weiter zu folgen.
Und dann war sie plötzlich verschwunden. Irritiert blickte Nadine sich um. Das war doch nicht möglich! Ein Mensch konnte sich nicht einfach so von einer Sekunde auf die andere in Luft auflösen!
Zu allem Übel schob sich auch noch eine Wolke vor den Mond und
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