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Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Webb
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mitmarschierte.
    Sie warf den Brief in den Müll.
    Sie hatte vergessen, etwas zu essen. Im Licht des Kühlschranks thronte zwischen den ansonsten leeren Fächern ein einsamer, leicht verschrumpelter Apfel. Sie nahm ihn heraus und biss in die schlaffe weiche Haut. Durch das Fenster in ihrer Küche konnte sie über den flachen grünen Innenhof auf die Rückseite des Campbellschen Reihenhauses gucken.
    Sie hatte es nie betreten, aber sie wusste, die Townhouse-Apartments waren alle gleich: zwei Schlafzimmer oben, eins unten. Die Campbells hatten ihre Gardinen und Jalousien noch nicht zur Nacht geschlossen. Brigit, Brians Schwester, saß an ihrem Schreibtisch. Mr. und Mrs. Campbell saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher, sie konnte die Silhouetten ihrer Hinterköpfe vor dem blauen Schein ausmachen. Während sie hinschaute, ging in Brians Zimmer das Licht an. Sie sah, wie er den Raum durchquerte und die Jalousien schloss, dann warf sie das Apfelkernhaus in den Mülleimer.
    In ihrem Schlafzimmer zog sie sich eine Bürste durch die glatten braunen Haare und flocht sie schnell zu einem kurzen Zopf. Sie schnappte sich ihre Jacke, die sie auf einen Stapel ungeöffneter Umzugskartons gleich bei der Tür geworfen hatte, und ging.
    Sie zögerte einen Augenblick, bevor sie sich entschied, das Auto zu nehmen. Doch sie hatte ihre Zeit zu knapp bemessen, also fischte sie die Autoschlüssel aus der Tasche und ging rüber zum Parkplatz. Die Straßenbeleuchtung und die Lichter des Gebäudes verhinderten auch in einer mondlosen Nacht die totale Dunkelheit, aber unter den Ästen der Bäume standen die Autos in tiefem Schatten.
    Sie schob gerade den Schlüssel ins Türschloss, als sie aus dem Augenwinkel irgendein kleineres Tier entdeckte, genau unter der Autotür. Sie verabscheute Ratten, und auf diese spezielle Ratte entwickelte sie augenblicklich eine irrationale Wut, weil das Vieh nicht mal den Anstand besaß, beim Erscheinen eines Menschen zu flüchten. Unwillkürlich trat sie mit dem Fuß zu und verschätzte sich in der Entfernung. Der sture Nager bewegte sich nicht mal, als ihr Schuh ihn berührte. Der Tritt traf mit einem stumpfen Aufprall, und sie empfand Widerwillen bis in die Knochen. Sie hatte ein totes Tier getreten.
    Und es war keine Ratte. Sie trat näher. Definitiv keine Ratte. Eigentlich konnte sie nur feststellen, dass es aufgeschlitzt war. Wegen der Verstümmelung, dem vielen Blut und der Dunkelheit konnte sie nicht sicher sein, aber sie befürchtete, dass es sich um Jodis fette schwarzweiße Katze handelte.
    Sie fühlte sich benommen. Sie hatte nicht direkt Angst. Sie war noch nie sonderlich schreckhaft gewesen. Es war einfach die Konfrontation mit etwas, das niemand gern sah. Dem Tod.
    Was war hierfür verantwortlich?
    Ein Kojote war im Park gesehen worden. Sie selbst hatte ein paar Waschbären erspäht. Würde ein Waschbär eine Katze umbringen? Sie wusste es nicht. Sie kannte keine Hunde in der Nachbarschaft, die gefährlich genug aussahen, um so etwas zu tun, aber das war natürlich auch eine Möglichkeit. Arme Jodi. Obwohl der Gedanke, die gestörte Newsprint hätte am Ende einen Hund zu viel getriezt, auch was von höherer Gerechtigkeit hatte.
    Sie kam zehn Minuten zu spät in Peters Pub an, weil sie sich noch die Zeit genommen hatte, den Hausmeister Mr. Donnelly aufzusuchen und ihm den Vorfall zu melden. Der ältere Mann war ängstlich darum besorgt, Katherine zu überzeugen, dass er der Situation gewachsen war. Er würde alles sauber machen und Jodi Bescheid sagen, und morgen würde er allen eine Notiz zustellen, die sie davor warnte, ihre Haustiere frei herumlaufen zu lassen. »Das ist auch gegen die Vorschriften«, verkündete er ernst, dabei wussten sie beide, dass er immer ein Auge zudrückte, weil er zum einen tierlieb und zum anderen mehr als nachlässig war.
    Der Pub war fast leer. An der Bar hingen ein paar Männer in der typischen Haltung von Leuten, die schon eine Weile auf einem Barhocker ausharrten und dies auch noch längere Zeit vorhatten. Mendrinos saß an einem der wenigen Tische, die Tür im Blick, ein Bier vor sich.
    Er stand auf, als sie hereinkam. Sie war aufs Neue überrascht, wie dünn er war. Und wirklich sehr groß, das hatte fast etwas Komisches bei jemandem, der so gar kein Athlet war.
    »Danke, dass Sie extra den Weg auf sich genommen haben«, sagte sie. Bei ihrem Telefonat am Nachmittag hatte er auf einem Treffpunkt in der Nähe ihrer Wohnung bestanden. Er werde ziemlich spät noch im

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