Die Farbe Der Leere
Katherine McDonald. Ich rufe an, um über meine Fortschritte zu berichten.« Ihr wurde bewusst, wie eigenartig formell sie sich ausdrückte.
Aber ihre Stimme klang ruhig und stetig, als sie Mendrinos erzählte, dass auch Craig Wadley für kurze Zeit im Watson & Green gelebt hatte, wo Jonathan zur Zeit seines Todes untergebracht war. Sie beschrieb ihm ihren Besuch in dem Heim und ihr Gespräch mit George Jackson.
Während sie sprach, wickelte sie sich das Telefonkabel mehrfach um den Zeigefinger, wickelte es wieder ab und dann wieder auf.
»Ihre Aufgabe besteht nicht darin, Zeugen zu befragen«, knurrte Mendrinos mit hörbar unterdrücktem Ärger. »Aber da Sie es nun schon getan haben, fahren Sie doch fort und sagen mir, was Sie von Jackson halten.«
Es war ihr keine Sekunde in den Sinn gekommen, Jackson als Verdächtigen zu betrachten. »Sie meinen, ob ich glaube, er war es?«
»Nein, ich will nicht Ihre Schlussfolgerungen oder Ahnungen hören. Ich will nur wissen, ob Sie irgendetwas gefunden haben, das uns Anlass gibt, ihn zu verdächtigen.«
»Nein. Er war noch nicht mal Hausvater, als Craig Wadley dort war«, erwiderte sie im Brustton der Überzeugung.
»Hat er Ihnen das gesagt?«
»Ich werd in den Akten nachsehen«, sagte sie kleinlaut und kam sich blöd vor.
Ihr Blick war noch immer aus dem Fenster auf das Häuschen der Campbells gerichtet. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie keine dieser alten Frauen werden wollte, die allein lebten und den Nachbarn nachspionierten. Abrupt kehrte sie dem Fenster den Rücken und starrte die Haustür an. Mendrinos wiederholte derweil die Grundregeln ihrer Mitarbeit bei den laufenden Ermittlungen.
Plötzlich unterbrach sie ihn mitten im Satz: »Warten Sie mal kurz.«
Gleich darauf kam sie atemlos ans Telefon zurück. »Hier geht etwas vor, das Sie wissen sollten.«
»Das wäre?«
»Jemand hat eben einen Zettel unter meiner Tür durchgeschoben. Ich hab ihn über den Boden gleiten sehen, während wir sprachen.«
»Was für einen Zettel?«
»Es ist nicht nur der Zettel. Da liegt eine tote Katze auf meiner Veranda. Ich weiß, es klingt lächerlich, aber so was ist neulich schon mal passiert, und ich hab mir nicht klargemacht, dass ich persönlich damit gemeint war.« Sie versuchte ihre Stimme neutral zu halten, aber ihre Hände und Beine begannen zu zittern.
Mendrinos' Stimme klang ernst. »Haben Sie den Zettel angefasst?«
»Ich musste ihn doch lesen, oder? Woher sollte ich sonst wissen, was es ist?«
»Nehmen Sie ihn nicht noch mal in die Hand.«
»Ich hatte nicht die Absicht«, fauchte sie.
»Und was ist vorher schon passiert?«
Sie musste es ihm sagen, auch wenn ihr ganz und gar nicht gefiel, in welchem Licht sie dadurch erschien. »Jemand hat mir eine Botschaft geschickt. Und eine tote Katze.«
»Gottverdammte Scheiße!«
Sie erschrak vor seinem Ausbruch und schwieg.
Als er wieder sprach, hatte er sich ganz in der Gewalt. »Ich schicke ein paar Beamte zu Ihnen. Und ich komme selbst. Warten Sie, könnte er noch da sein?«
»Ich weiß es nicht.« Sie machte eine Pause. »Ich bin rausgerannt und hab mich umgesehen. An beiden Ecken des Gebäudes. Ich hab niemanden gesehen. Aber er könnte sich in den Büschen verstecken, oder auf der anderen Straßenseite.«
»Sie waren draußen?«
»Ja«, sagte sie tonlos. Sie stand in der gut beleuchteten Küche vor dem Fenster, und schlagartig wurde ihr entsetzlich bewusst, dass da draußen jemand war, der ihr ernstlich Angst machen wollte.
»Stellen Sie sicher, dass alle Ihre Türen und Fenster verschlossen sind, und machen Sie nicht auf, bis die Polizei da ist.«
Er legte auf, aber sie hielt sich noch einen Moment am Telefon fest und starrte in die Dunkelheit hinter dem Fenster. Der einzige Weg in den Innenhof führte durch eins der Häuser oder den Geräteraum. Sie kannte hier jeden im Block. Es war eine sehr sichere Nachbarschaft. Ungeachtet all dessen raste ihr Herz.
Langsam ging sie ins Wohnzimmer. Eine zusammengefaltete Decke vor einem Turm aus ungeöffneten Umzugskartons war die einzige Sitzmöglichkeit. Sie hockte sich auf die Decke und lehnte sich an die Kartons, zog die Knie an die Brust und schlang die Arme darum.
Im Sitzen befand sie sich unterhalb des Einblicks durch ihr großes Frontfenster. Wer immer sie hier sehen wollte, müsste sich auf ihre Betonveranda stellen, in voller Sicht sämtlicher Fenster und Haustüren der ganzen Straße. Aber sie hatte immer noch Angst.
11
Der Apartmentkomplex und die
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